Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
verschwand aus meinem Blickfeld. Ich starrte ihm
entgeistert hinterher. Wütend beugte ich mich runter, nahm einen
Zapfen vom Boden und schmiss ihn in die Richtung in die Kjell
gegangen war. Der Kiefernzapfen schlug gegen eine Birke und fiel dann
auf den Waldboden.
»Mehr Lärm
als eine Wildschweinsippe!«, schimpfte ich auf dem Rückweg
vor mich her. »Was bildet dieser Kerl sich eigentlich ein? Ich
finde meinen Elch. Der wird schon sehen!«
Beim Sommerhaus
angekommen, setzte ich Kaffeewasser auf und legte mir einige
Kanelbullar auf einen Teller. Ich verputzte die Zimtschnecken restlos
und trank dazu mehrere Tassen Milchkaffee. Während ich den
cremigen Geschmack auf meiner Zunge spürte, dachte ich an die
Begegnung im Wald. Wütend war ich schon längst nicht mehr.
Später setzte
ich mich auf den Rasen hinter dem Haus, um zu lesen. Doch ich konnte
mich nicht auf mein Buch konzentrieren. Die ganze Zeit spürte
ich so ein Flattern im Bauch, als ob ich einen Schwarm Nachtfalter
verschluckt hatte. Zu viel Kaffee, redete ich mir ein. Immer wieder
musste ich an Kjell denken. Ich nahm mir fest vor, ihn in Zukunft zu
ignorieren. Aber so gern ich mich auch über ihn aufregen wollte,
in meiner Erinnerung hörte ich immer wieder, wie er das erste
Mal meinen Namen ausgesprochen hatte.
Am darauffolgenden
Freitag schien nach wie vor die Sonne. Ich hatte wirklich Glück
mit dem Wetter, was in Småland um diese Jahreszeit durchaus
nicht immer der Fall war. Das dachten sich wohl auch die Schweden,
denn im Laufe des Tages kamen immer mehr Leute zu ihren
Sommerhäusern. Irgendwo in der Ferne dröhnte ein
Elektrorasenmäher. Als ich spazieren ging, sah ich überall
Nachbarn geschäftig werkeln. In den Gärten wurde Laub
geharkt oder Holz gehackt. Auch traf ich im Wald auf andere
Spaziergänger. Man grüßte sich freundlich und einige
der Leute blieben für ein kurzes Schwätzchen stehen. Ein
nettes Ehepaar erkundigte sich bei mir, in welchem der Häuser
ich wohnte und wie lange ich noch da wäre. In dieser Gegend gab
es nur wenige Ferienhäuser, die an ausländische Touristen
vermietet wurden. Die meisten Sommerhäuser gehörten den
Einheimischen, die dort seit Jahren selbst ihre Wochenenden oder
Ferien verbrachten. So kannte fast jeder jeden und ich fiel den
Leuten deshalb gleich als Touristin auf. Aber alle Nachbarn, die ich
traf, waren freundlich und zuvorkommend – so wie damals auch.
Ich
überlegte kurz, ob ich eine Frau, die mit ihrem Hund spazieren
ging, nach Kjell fragen sollte. Wenn er ebenfalls in der Nähe
ein Sommerhaus bewohnte, dann musste ihn jemand kennen. Doch ich
wollte nicht neugierig erscheinen und mir fiel auch kein Vorwand ein,
um nach ihm zu fragen. So streichelte ich nur den Hund und wechselte
mit der Frau ein paar nette, aber belanglose Worte über das
Wetter, bevor ich weiter Richtung Halbinsel lief. In der Karibik
angekommen, ließ ich mich in den Sand fallen und blickte auf
das Wasser. Dort herrschte jetzt ein reges Treiben. Es waren mehrere
Boote unterwegs. Auch ein paar Angler konnte ich entdecken. Vom
Fängen
dröhnte der Motor eines Sportbootes zu mir herüber. Nachdem
ich die letzten Tage in völliger Einsamkeit verbracht hatte, kam
es mir nun beinahe vor, als würde ich während der Rushhour
in einem Café im Stadtzentrum sitzen. Unerwarteter Weise
freute ich mich jedoch über die Gegenwart all dieser Menschen.
Sie brachten Leben in die Umgebung und ich merkte, wie einsam ich
mich vorher gefühlt hatte. Zwischen den Bäumen schienen am
Abend die Lichter aus den anderen Sommerhäusern hindurch und
manchmal trug der Wind den Geruch von Holzkohle herüber. Zum
ersten Mal seit Tagen fühlte ich mich wieder sicher. Der einzige
Wermutstropfen für mich war, dass ich Kjell nicht mehr gesehen
hatte. Er tauchte während des gesamten Wochenendes nicht auf.
Am Sonntagnachmittag
wurde es langsam wieder stiller am See. Nach und nach brachen die
Wochenendgäste auf. Ich hatte einen Großteil des Tages im
Boot auf dem Wasser verbracht. Das Angelglück war mir allerdings
nicht hold gewesen. Vermutlich verhielten sich die Fische genauso
scheu wie die Elche, denn seit am Freitag all die Schweden
eingefallen waren, hatte ich keinen Biss mehr gehabt – obwohl
ich das ganze Wochenende mit der Angel auf dem See herumruderte.
Ich
hatte mir eine der kleinen Inseln im Fängen
ausgesucht, die von einem dichten Schilfgürtel umgeben war. Die
Insel war mit Birken und Kiefern bewachsen und lag unweit vom
Seeufer. Statt
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