Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
verrätst?«
»Ich verrate
ihn nicht!«, verteidigte ich mich, aber in meiner Stimme lag
ein Zittern.
»Natürlich
und weil du ihn so liebst, willst du zulassen, dass er sterben muss?
Du willst nicht einmal versuchen, ihn zu retten. Soweit ich mich
entsinne, hat mein Cousin dich nicht im See sterben lassen, oder
meine Hübsche?« Seine frostige Stimme ließ mein Blut
erstarren.
Eins zu null für
ihn! Er hatte mich in eine Ecke bugsiert, aus der ich nicht mehr so
schnell herauskam. Nicht, ohne den Mann, den ich liebte, im Stich zu
lassen.
»Warum willst
du eigentlich unbedingt, dass ich ihn rette? Du bist doch auch ein
Wassergeist!«
»Du bist zwar
nur ein Menschenmädchen, wenn auch ein extrem süßes
Exemplar …«, fing er an zu erklären. Ich schnaubte
und er fuhr fort: »…, aber dein Liebster ist schließlich
mein Cousin. Ich will nicht, dass er wegen seinen – ohne Frage
– lächerlichen Gefühlen zu dir sterben muss.«
»Okay, was
kann ich tun?« Ich seufzte.
Hatte ich da etwas
wie Triumph in seinen Augen aufblitzen sehen? Doch darüber
konnte ich mir jetzt keine Gedanken machen.
»Ich führe
dich zu unserem See. Ich werde dafür sorgen, dass die
ehrwürdigen Alten dich anhören. Alles andere liegt in
deiner Hand.«
»Glaubst du
wirklich, sie werden auf mich hören?« Ich fühlte
Panik in mir aufsteigen, bei dem Gedanken zum schwarzen See
zurückkehren zu müssen, um mit bösen alten
Wassergeistern zu verhandeln.
Er zuckte nur die
Schultern. »Das ist seit vielen Jahren nicht vorgekommen. Aber
laut den ehrwürdigen Regeln müssen sie dich anhören.«
»Den
ehrwürdigen Regeln?«, fragte ich erstaunt. Warum hatte mir
Kjell davon nichts erzählt? Ich hätte gern Näheres
darüber erfahren, doch Kjells Cousin ergriff meine Hand und zog
mich an sich. »Komm jetzt endlich, wir haben keine Zeit mehr!«
Er führte mich den Rasen hinab zum Anleger.
»Steig in dein
Boot«, befahl er mir.
»Und du?«,
fragte ich.
»Ich werde
dich ziehen. Dann sind wir schneller.«
Etwas
verunsichert stieg ich ins Boot. Er löste das Seil und sprang
elegant ins Wasser. Sein blonder Schopf tauchte kaum unter, da setzte
sich das Boot in Bewegung. Ich starrte auf das Wasser und während
die Landschaft an mir vorüberzog, wurde mir klar, dass er mich
ausgetrickst hatte. Ich befand mich auf dem Weg zum schwarzen See.
Wir erreichten den
Zufluss schneller als mir lieb war. Der Himmel hatte sich weiter
verdüstert. In der Ferne glaubte ich ein Donnergrollen zu hören,
was alte Erinnerungen wachrief. Ich hatte den Weg bis zum schwarzen
See eigentlich nutzen wollen, um mir meine Worte an die Wassergeister
zu überlegen. Doch in meinem Inneren tobte ein emotionaler
Orkan. Ich hatte immer noch keinen genauen Plan, als das Boot durch
den schattigen Durchlass glitt. Die Zweige der tiefhängenden
Birken schienen nach mir zu greifen und ich musste mich tief
hinabbeugen, damit sie sich nicht in meinen Haaren verfingen.
Plötzlich öffnete sich der Durchlass zum See und ich hielt
den Atem an. Alles war wie in meiner Erinnerung und in meinen
Träumen. Nur das die Wasseroberfläche spiegelglatt vor mir
lag. Schwarz und unergründlich erstreckte sich der See vor mir.
Kurz bevor mein kleines Boot in die Seerosen glitt, ließ der
Zug am Seil nach.
Mein Boot trieb
mitten auf dem schwarzen See und ich schaute mich suchend um. Wo war
Kjells Cousin? Was sollte ich jetzt tun?
»Hallo?«
rief ich zögernd. »Hallo, hört ihr mich? Ich möchte
mit euch reden!«
Nichts rührte
sich. Ich kam mir ziemlich bescheuert vor, wie ich da so auf dem Boot
saß. Was sollte ich tun? Eine gefühlte Ewigkeit verstrich,
dann sah ich plötzlich einen kleinen Strudel vor mir. Der
Strudel breitete sich schnell aus. Er wuchs und wuchs unaufhörlich
weiter und erfasste auch mein Boot, das sich in Bewegung setzte und
mich in die Mitte des Strudels trieb. Es war genau wie in meinen
Albträumen. Worauf hatte ich mich da eingelassen! Wo war Kjells
Cousin? Wo war Kjell? »Kjells Cousin!« rief ich. »Wo
bist du?« Doch der blonde Wassergeist ließ sich nicht
mehr blicken. Die Wasseroberfläche geriet immer mehr in
Bewegung. »Ihr Kjells, hört mich an! Ich muss mit euch
sprechen!«
Niemand antwortete
mir. Ich wusste nicht, ob sie mich nicht gehört hatten oder
einfach nicht hören wollten. Mein Boot drehte sich jetzt wild um
sich selbst. Das schwarze Wasser außerhalb des Strudels fing an
zu brodeln.
Es schien förmlich
zu kochen. Ich klammerte mich hilflos am Boot
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