Klappohrkatze auf Reisen
Thema für amerikanische Autoren ist der Aufstieg der amerikanischen Katze. Besonders, wenn die Katze zufällig eine brillante, gut aussehende, gutmütige Scottish Fold mit rundem Kopf und platten umgeklappten Ohren ist, die eher einer Eule als einer Katze ähnelt und die die ganze Welt bereist und auf ihren Reisen mehr Abenteuer erlebt hat als Gulliver.
Natürlich kann es sein, dass ich hier ein bisschen voreingenommen bin. Besonders da dieses Buch der Nachfolger von Klappohrkatze ist, in dem es um besagte Katze mit den Faltohren ging – sowie um ihren Besitzer, der einigermaßen gerade Ohren hat.
Die Katze, die tatsächlich nach Paris reiste, ist mein höchsteigener Kater Norton. Er war außerdem so gut wie überall sonst, an jedem erdenklichen Ort in Frankreich sowie in Holland, Deutschland, Italien, der Schweiz und Spanien. Er war beim Frühjahrs-Baseballtraining in Florida, bei einer Autorenkonferenz in San Diego, bei Sitzungen in Filmstudios in L.A. und begleitete mich beim Skilanglauf in Vermont. Wie ich im ersten Buch bereits beschrieben habe, geht Norton mit mir ohne Leine spazieren, und wo er nicht mit hineinkommen darf, kann ich ihn so gut wie überall draußen vor der Tür lassen. Er wartet geduldig am ihm zugewiesenen Platz, bis ich ihn wieder abhole. Diese Plätze gab es überall, von Hotelhallen über Gärten von Freunden und Warteräume in Flughäfen bis zu den unendlichen Weiten des Central Parks. Er ist mit der Concorde geflogen. In Europa geht er mit mir ins Restaurant und sitzt auf seinem eigenen Stuhl, wo er sich benimmt wie jemand, der gerade seinen Abschluss auf einem Schweizer Internat gemacht hat. Er ist, wie alle Katzen seiner Art, außergewöhnlich lieb. Außerdem ist er, anders als alle anderen Tiere, denen ich je begegnet bin, schockierend schlau. Ich habe ihn wirklich immer bei mir, führe lächerlich lange Gespräche mit ihm, und ich mag ihn, wie ich bereitwillig zugebe, so sehr, dass es an Wahnsinn grenzt. In meinem Leben geschieht nur sehr wenig ohne Nortons Zustimmung.
Seit dem Erscheinen von Klappohrkatze musste ich erfahren, dass ich bei meinen Reisen um die Welt mehr und mehr in den Hintergrund trete, während sich Norton langsam ins Rampenlicht vorarbeitet. Das soll mir recht sein, außer dass ich mich dadurch häufig eins zu eins verglichen fühle mit etwas – Entschuldigung: mit jemandem –, den ich in meiner Verblendung als mein Haustier angesehen hatte.
Glauben Sie mir, es ist nicht immer eine angenehme Aufgabe, Katzen mit Menschen zu vergleichen, besonders dann nicht, wenn derjenige, der den Vergleich anstellt, zufällig ein fehlerbehafteter Mensch ist und kein Mitglied der nahezu fehlerlosen Katzengattung. Zum Beispiel: Menschen lügen. Genau genommen lügen Menschen ständig. Katzen lügen niemals . Menschen bringen mit Vergnügen andere Menschen um und das im Namen von allem Möglichen, von einem Gott über ein Land bis zu einer überentwickelten Reizbarkeit, wenn jemand auf der Autobahn ohne zu blinken die Spur wechselt. Katzen können bisweilen andere Katzen umbringen, geben sich aber meistens damit zufrieden, ihr Fell aufzuplustern, markerschütternd zu jaulen und das ein oder andere Ohr abzureißen – und das alles in der Regel wegen Nahrung oder um ihr Revier zu verteidigen (was vielleicht nicht immer verzeihlich, aber zumindest verständlich ist).
Menschen sind häufig grausam und fügen anderen großen emotionalen Schaden zu, manchmal absichtlich, manchmal in seliger Unkenntnis. Das Schlimmste, wodurch eine Katze jemandem emotionales Leid zufügen kann, ist, einem klarzumachen, dass sie in Ruhe gelassen werden will. Das löst bei anderen ausgeglichenen Katzen eine gewisse Erleichterung aus, bei weniger ausgeglichenen, sehr viel neurotischeren Menschen dagegen ein Gefühl des Zurückgewiesenseins.
Menschen neigen dazu, ihre Ansprüche (und so ziemlich alles andere, was möglich ist) herabzuschrauben, wenn sie sich davon versprechen, die Anerkennung eines Freundes, Partners, Chefs oder selbst eines flüchtigen Bekannten zu erringen. Katzen dagegen stehen solchen emotionalen Streicheleinheiten relativ gleichgültig gegenüber. Deshalb spielen sich ihre Entscheidungen automatisch auf einer wesentlich höheren moralischen und ethischen Ebene ab – sei es bei Fragen der persönlichen Bindung, der Vergabe von Zuneigung und ganz bestimmt bei Fragen wie der, ob man sich vom gemütlichen Sofa wegbewegen soll, um – die Katzen mögen den Ausdruck verzeihen –
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