Klappohrkatze auf Reisen
einen Super Bowl nicht entgehen lassen. Also trafen wir unsere Vorbereitungen. Einen Flug nach Tampa. Ein Zimmer im Dolphin Hotel in Orlando. Dinner mit einem NFL -Funktionär. Eine Katze, die ein großer Giants-Fan war.
Norton hatte damals schon ganz Europa und Amerika ausgiebig bereist. Aber selbst für ihn war das Super-Bowl-Wochenende etwas Außergewöhnliches.
Zunächst einmal gehört das Dolphin Hotel zu Disney World. Als wir eincheckten, begrüßte uns ein Haufen sehr freundlicher, eins achtzig großer, dreifingriger Mäuse, die durch die Lobby tanzten und hüpften und jedem zuwinkten, der sie ansah. Für einen Menschen ist das ein ziemlich desorientierender Anblick; ich kann mir nicht einmal vorstellen , was dabei im Kopf einer einigermaßen kultivierten Scottish Fold vorgeht. Die Aussicht, einen von diesen Deppen mittendurch zu beißen und ihn für Papi zum Wegräumen im Wohnzimmer liegen zu lassen, muss unglaublich einschüchternd gewirkt haben. Glücklicherweise hielt sich Norton, während ich die Formalitäten erledigte, vorbildlich zurück und begnügte sich damit, den Kopf aus der Schultertasche zu recken, seinen Hals in alle Richtungen zu verdrehen und sich eingeschüchtert in der Lobby umzusehen.
Als wir zu einem Spaziergang aufbrachen, um uns die Stadt anzusehen – weder Janis noch Norton waren jemals in Orlando gewesen –, herrschte eine ebenso zirkusmäßige Atmosphäre. Mein Kater sah nicht nur Tausende von Menschen aus dem gesamten Land, die sich betranken und entschlossen schienen, ihr Wochenende so wild wie möglich zu gestalten. Er sah auch schreiende Verkäufer, die T-Shirts und Team-Jogginganzüge anpriesen, schreiende Kinder, die ihre schreienden Eltern über die Straße nach Disney World zerrten, und schreiende NFL -Propagandisten, die versuchten, alle anderen am Schreien zu hindern, um ihre dreifach überteuerten Waren nur umso lauter anpreisen zu können. Neben den gigantischen Mäusen konnte Norton auch einen sehr ausführlichen Blick auf Goofy und Donald werfen, aus nächster Nähe und höchstpersönlich, sowie auf all die echten (und künstlichen) Fische, die es überall im Hotel gab (die Designer fühlten sich offensichtlich verpflichtet, sich an ein künstlerisches Motto zu halten, das dem Namen des Hotels entsprach).
Nach zwei Tagen voller Hektik in Sachen Tourismus und Geselligkeit gönnten sich Norton, Janis und ich ein paar ruhige Momente in unserem Zimmer, bevor wir uns all den schreienden Leuten im Bus anschlossen, der uns zu dem Spiel fahren sollte.
»Bist du froh, dass du mitgekommen bist?«, fragte ich Janis, denn da für dieses Wochenende nach dem Spiel nichts mehr auf dem Stundenplan stand, konnte es von da an nur noch bergab gehen.
»Irgendwie schon«, gab sie widerwillig zu. »Aber ich bleibe immer noch dabei, dass es Goofy war, der mich gestern auf der Party gekniffen hat.«
»Was ist mir dir?«, sagte ich zu meiner Katze. Als Antwort rekelte sich Norton auf dem Bett und drehte sich auf den Rücken, seine subtile Art, mir zu sagen, dass er müde war und am Bauch gekrault werden wollte.
»Wie das wohl für ihn ist?«, fragte ich Janis. »Riesenmäuse. Durchgeknallte Football-Fans. Kids, denen Büffel auf die Brust gemalt sind. Für uns ist das nur ein schräges und lustiges Wochenende. Für Norton muss es sein wie ein Flug zum Mars .«
Im Lauf unseres Gesprächs steigerte ich mich immer mehr in die Vorstellung hinein, was für ein riesiges Abenteuer dieses Wochenende für Norton sei. Klar, er hatte das Caféleben in Paris genossen, sonnte sich gerne an Floridas Stränden, gewöhnte sich sogar an Skilanglauf in Vermont. Aber dieses Wochenende war etwas, was er bislang nicht einmal annähernd gesehen oder erlebt hatte.
»Ganz ehrlich «, sagte ich, halb zu Janis, halb zu mir selbst. »Ich bin irgendwie neidisch. Nichts , was wir machen, könnte auch nur annähernd so seltsam, aufregend und außergewöhnlich sein, wie das, was dieser Kater macht.«
Janis weiß sehr wohl, dass sie mich nicht noch ermutigen sollte, wenn ich versuche, mich in die Gedanken meiner Katze hineinzuversetzen (oder gar in meine eigenen Gedanken). Also blieb sie still und ließ mich weiterreden.
»Es ist deprimierend, ja, das ist es«, plapperte ich weiter. »Wir sind Menschen, er ist ein Kater! Es geht doch nicht an, dass er ein besseres Leben führt als wir.«
»Er führt ein besseres Leben als irgendjemand sonst auf der ganzen Welt «, betonte Janis.
»Das tut nichts zur Sache«,
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