Klappohrkatze auf Reisen
sich am Rattenrennen zu beteiligen. Alles in allem fällt es nicht besonders schwer, dafür zu plädieren, dass Katzen in so gut wie jeder Hinsicht dem angeblich dominierenden Homo sapiens überlegen sind.
Aus diesem Grund ist es gar nicht so erstaunlich, dass die allerwichtigste Entscheidung meines Lebens – die ich im letzten Jahr treffen musste – auf den Taten meines moralischen, ethischen, wahrheitsliebenden, Zuneigung verschenkenden, Semi-Couch-Potato von bestem Freund fußte.
Um dies zu erklären, müssen wir uns näher mit einem Gebiet befassen, auf dem Menschen es mit Katzen aufnehmen oder ihnen zumindest gleichberechtigt gegenübertreten können: Mut.
Norton ist eine interessante Kombination aus tollkühnem Abenteurer und windelweichem Feigling und darin den meisten Menschen, die mir begegnet sind, nicht unähnlich. Setzen Sie meine Katze in einen fremden Garten, Hof oder sogar Wald, und er wird sofort durchstarten. Furchtlos wird er Bäume erklimmen, verspielt unter Büsche krabbeln, freudig laufen und rennen, so weit ihn seine kleinen grauen Beinchen tragen. Setzen Sie ihn in einem fremden Haus oder Hotelzimmer ab, und er erforscht dann sämtliche Ecken und Winkel und fühlt sich vollkommen zu Hause, ohne jeden Gedanken an potenzielle Gefahren – das heißt erboste Putzfrauen, schwindelnde Höhen oder wackliges Mobiliar, das es unter Umständen gar nicht gut aufnimmt, wenn zusätzliche vier Kilo Pelztier darauf herumhopsen. Er fürchtet sich nicht vor Pariser Dächern oder düsteren, mysteriösen Ruinen, Flugzeugen, Schiffen oder den meisten Hunden.
Aber: Vor zwei Jahren tauschte ich die alten Kopfkissen auf meinem Bett gegen schöne, weiche, daunengefüllte aus. An dem Abend, als sie frischbezogen auf ihre erste Benutzung warteten, sprang Norton hoch aufs Bett. Schlafbereit wollte er sich an seinen Stammplatz neben meinem Kopf kuscheln. Probeweise setzte er eine Pfote auf das neue Kissen und, um es gnädig zu formulieren, war blitzschnell wieder vom Bett herunter. Er rannte mit halsbrecherischem Tempo von dem schrecklichen Kopfkissen weg und brauchte sechs Monate, bis er ein Kopfkissen auch nur antippte ! (Keine Angst. Für diejenigen unter Ihnen, die bereits Zweifel an meiner Ergebenheit hegten: Ja, ich habe die alten Kissen wieder aufs Bett gelegt. Ich hielt ständig beide Sorten griffbereit und legte sie so hin, dass ich auf den neuen und Norton auf den alten schlafen konnte.)
Janis – von der im ersten Buch viel die Rede war und von der in dieser Fortsetzung noch viel mehr die Rede sein wird – und ich haben neulich ein neues Sofa für unser Haus in Sag Harbor gekauft. Erst als das alte Sofa hinausgetragen und weit außer Sichtweite gebracht worden war, setzte Norton auch nur eine graue, schwarz geringelte Pfote ins Wohnzimmer. Er hatte einen absoluten Horror vor diesem Sofa. Er hatte zu viel Angst, um auch nur daran zu kratzen . Für diejenigen unter Ihnen, die sich bereits fragen, wie weit ich gehen würde, um meine Katze glücklich zu machen: Nein, ich habe kein neues Sofa gekauft, weil Norton das alte hasste. Wir haben ein neues gekauft, weil das alte hässlich war, auseinanderfiel und ausgesprochen unbequem war. Die Tatsache, dass mein Kater mit etwas leben muss, das ihm nicht gefällt, ist allerdings total untypisch für mich. Rückblickend hege ich bereits Schuldgefühle und kann nur hoffen, dass er sich behaglich auf der Armlehne des neuen Sofas einrichtet, sonst werde ich über kurz oder lang bestimmt wieder ins Möbelgeschäft laufen.
Janis hat außerdem gerade eine neue Decke für unser Bett gekauft. Eine schlichte, einfache, normale, lila, leblose Wolldecke. Diese Decke hat nichts auch nur annähernd Bedrohliches an sich – außer für eine gewisse Scottish Fold. Für Norton besitzt diese Decke so ziemlich die gleiche Persönlichkeit wie Freddy Krueger in Nightmare on Elm Street . Das erste Mal, als Janis ihn hochhob, ihn aufs Bett und damit auf die gefürchtete Decke setzte, machte Norton einen fast perfekten Salto rückwärts – ich gab ihm dafür eine 9,7 – und ward den ganzen Tag nicht mehr gesehen.
Außer vor diversen Möbelstücken und dazugehörigen Wohnaccessoires fürchtet sich mein lieber Kater zudem vor Fahrrädern, Presslufthammern und Vögeln. Die beiden ersteren kann ich nachempfinden. Fahrräder werden von achtlosen Menschen gefahren und sind durchaus in der Lage, eine Katze so plattzumachen wie ein breitgetretenes Stückchen Pounce, Nortons
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