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Kleider machen Bräute

Kleider machen Bräute

Titel: Kleider machen Bräute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Hepburn
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wieder einmal geschafft, seit Jahren spielte er jetzt schon in der obersten Liga mit. Es war auch ein klassisches Yves-Saint-Laurent-Kostüm vertreten, vollendet getragen von einer Dame, die mindestens einsachtzig groß war. Molly kniff die Augen zusammen und fuhr mit ihrem Blick seine Konturen ab.
    So hat er also die Abnäher an der Taille gearbeitet, dachte sie und war versucht, ihr Notizbuch zu zücken und sich eine Skizze zu machen. Ich könnte eine vereinfachte Version davon übernehmen. Jeder sollte die Möglichkeit haben, diesen Look zu tragen …
    »Die Flecken sind weg.« Reggies Stimme holte sie zurück in die Realität … sofern man diese vergoldete Umgebung so bezeichnen konnte.
    Für ein paar Augenblicke hatte sie sich so im Wiedererkennen dieser Kultlabels verloren, dass sie praktisch alles um sich herum vergessen hatte. Heute Nachmittag, als sie staunend vor den Schaufenstern der bekannten Modeboutiquen gestanden hatte und viel zu schüchtern gewesen war, um hineinzugehen, hatte sie sich wie ein Fan gefühlt, der hinter der Absperrung am roten Teppich steht und seine Idole aus der Ferne anhimmelt. Viele davon heute Abend tatsächlich vor sich zu haben, war so, als hätte sie eine VIP-Einladung zur Backstage-Party ihrer Träume erhalten.
    »Denen schicke ich trotzdem eine saftige Reinigungsrechnung«, sagte er. »Wieso auch nicht?«
    Der Knoten in ihrem Magen war wieder da. Fester noch als zuvor.
    »Bitte, Reggie, lass das. Sie waren doch so nett zu uns. Sobald wir wieder zu Hause sind, bringen wir die Jacke zu dieser Spezialreinigung in Harrogate. Beim Smoking deines Vaters für meinen Abschlussball haben sie reine Wunder vollbracht, erinnerst du dich?«
    »Hm, ja sicher. Also gut.« Reggie nahm sein Glas und trank es auf einen Zug halb leer. Dabei wich er ihrem Blick aus.
    Molly schüttelte den Kopf und kämpfte gegen die aufsteigende Wut an. Er war hier nicht der Einzige, der sich abstrampelte!
    Der Oberkellner kehrte zurück und füllte schweigend Reggies Glas so vorsichtig nach, als hätte er es mit einem Neugeborenen zu tun.
    »Ich bitte nochmals um Entschuldigung, Monsieur. Diese Flasche Wein geht aufs Haus.«
    Reggie nickte dem Mann gnädig zu, aber Molly konnte sehen, wie er unter dem Tisch die Faust zu einer Siegerpose ballte. Ihre Wangen wurden noch heißer.
    »Möchten Sie jetzt bestellen?«
    »Später«, erwiderte Reggie. Der Oberkellner deutete einen Diener an und ging.
    »Sei bitte nicht so«, konnte es sich Molly nicht verkneifen. Sie griff nach Reggies Hand. Warm fühlte sie sich an und vertraut und schien sich unter ihrer Berührung allmählich zu entspannen.
    »Tut mir leid«, sagte er und senkte den Kopf. »Du hast ja recht.« Dann richtete er sich kerzengerade auf und war wieder genauso nervös wie zuvor.
    Jetzt vielleicht?, dachte Molly. Aber Reggie machte weder Anstalten, vom Stuhl zu rutschen und vor ihr auf die Knie zu fallen, noch griff er in die Tasche, um den Ring herauszuholen.
    Vielleicht hatte er aber auch am Nachmittag, als er für eine Stunde verschwand, um »ein bisschen zu shoppen«, nicht den richtigen gefunden?
    Sie war sicher, dass er wegen eines Rings unterwegs gewesen war. Reggie ging nie shoppen. Es war eine lästige Pflicht, der er nur selten nachkam, und wenn, dann gewöhnlich per Internet. Aber heute Nachmittag war er so gut gelaunt gewesen, hatte sie auf die Wange geküsst und gesagt, er müsse ein paar Kleinigkeiten an der Place Vendôme besorgen. Und er wollte allein losziehen. Das hatte er natürlich anders verpackt. Angeblich wollte er ihr ein bisschen Zeit für ihr »Fashion Stalking« geben, wie er es nannte, aber sein Verhalten hatte alles gesagt. Und ihr Verdacht wurde nur noch mehr bestärkt, weil er zur Place Vendôme wollte – dieser Platz war schließlich berühmt für seine Juweliere.
    Nachdem er weg war, hatte sie in den Reiseunterlagen nach ihrer Metrokarte gesucht und einen Kontoauszug gefunden. Eine lange Reihe von Nullen fiel ihr ins Auge. Reggie hatte am Vortag über eintausend Euro abgehoben und damit seinen Kontostand in die Miesen ge bracht. Eintausend Euro! Was für einen Diamanten konnte man mit so viel Geld wohl kaufen? Wahrscheinlich keinen sehr großen. Außerdem hatte er immer gewollt, dass sie sich ihren Ring selbst aussuchte. Sie wäre zu gern bereit gewesen zu warten. Zu gern …
    »Ich wollte dich heute Abend an einen besonderen Ort ausführen …«
    »Und das war sehr aufmerksam von dir!«, fiel Molly ihm ins Wort,

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