Die Wiederkehr des Meisters
Prolog
Bei Nacht sah die Sunnydale High School seltsam verändert aus. Fast unheimlich.
Der Unterricht war seit Stunden zu Ende, und nun umhüllte die verlassenen Gebäude ein bedrohlich wirkendes Schweigen. Die alten düsteren Wände glänzten im Mondlicht; Schatten nisteten in den Winkeln des Treppenhauses, und die Zimmer an den langen Korridoren wirkten wie verlassene Höhlen.
Als in einem Raum ein Fenster eingeschlagen wurde, schien das Echo endlos nachzuhallen. Selbst dann noch, als eine Hand durch die zerbrochene Scheibe stieß, am Griff drehte und das Fenster nach oben schob.
„Bist du sicher, daß das eine gute Idee ist?“
Das Mädchen blickte sich nervös um, während ihr Gefährte durch das Fenster kletterte und sich dann umdrehte, um ihr hineinzuhelfen.
„Es ist ‘ne tolle Idee!“ beharrte er. „Komm schon!“
Er führte sie auf den Korridor. Dort war es noch dunkler als in dem Klassenzimmer, das wenigstens durch das fahle Mondlicht, das durch die Fenster fiel, erhellt worden war. Das Mädchen warf ihm einen furchtsamen Blick zu.
„Gehst du auf diese Schule?“ fragte sie.
„Früher mal. Auf dem Dach der Turnhalle ist es schön kühl - und du kannst auf die ganze Stadt runtergucken.“
„Ich will da nicht rauf gehen.“
Er umarmte sie und drückte sie fest an sich. „Oh, du kannst es wohl nicht erwarten, was?“
„Wir werden bloß Ärger kriegen“, protestierte sie und versuchte sich von ihm zu lösen, aber er verstärkte den Druck noch.
„Verlaß dich drauf.“
Als er sie küßte, spürte er, wie ihre Schultern steif wurden.
Sie schob ihn von sich, und er sah die Angst in ihren Augen.
„Was war das?“
„Was war was?“ fragte er ungeduldig.
„Ich hab ein Geräusch gehört.“
„Das war nichts.“
„Vielleicht ist da doch etwas...“
„Vielleicht ist da ja ein Etwas“, witzelte er.
„Das ist nicht komisch.“
Widerwillig ließ der Junge seinen Blick über den Korridor schweifen. Doch obwohl sich die Augen mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er immer noch nichts erkennen. Der Flur lag dunkel und gottverlassen da, und doch schienen sich die Schatten irgendwie verdichtet zu haben, waren näher gekrochen, während sie nicht darauf geachtet hatten. Er spürte, wie das Mädchen neben ihm zitterte.
„Hallo?“ rief er leise, seine Stimme klang belustigt.
Stille.
„Da ist keiner“, meinte er schließlich, als er sich ihr wieder zuwandte.
Doch sie war immer noch ängstlich. „Bist du auch sicher?“
„Ganz sicher.“
„Okay“, murmelte sie.
Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer scheußlichen Fratze, während sie ihre Fänge entblößte und sie in einer einzigen schnellen Bewegung in seinen Hals bohrte.
1 .
Buffy hatte sich verirrt. Auf einer ziellosen Wanderung an einem Ort, den sie nicht kannte und auch nicht kennen wollte.
Es sah aus wie eine unterirdische Kammer oder die verborgene Höhle eines blutrünstigen Tieres - dieser düstere, gottverlassene Ort aus Fäulnis und Moder. Sie versuchte - trotz des Zwielichts, der Müdigkeit und der Verwirrung, die sie empfand - herauszufinden, wo sie war und wie sie entkommen konnte.
Obwohl ein kleiner Teil ihres Bewußtseins sicher war, daß sie träumte - es konnte ja nur ein Traum sein -, warnte ein anderer Teil sie, daß dieser Ort so wirklich und so vertraut war, daß er nicht ihrer Phantasie entsprungen sein konnte.
Bilder stiegen in ihr auf und vergingen fast sofort wieder, hinterließen nur den Schatten einer Erinnerung. Sie sah flackernde Kerzen über einem tiefroten Teich... Klauenfinger durch einen Feuerschein. Tierzeichnungen und das silberne Glitzern eines Kreuzes, des Symbols des Christentums. Zwischen verfallenen Grabsteinen hallte Dämonengelächter wider, gesichtslose Kreaturen kamen auf sie zu, und dann sah sie plötzlich ganz deutlich ein Buch, ein sehr altes Buch, auf dessen Einband ein einziges Wort prangte: Vampire.
Sie wälzte sich auf ihrem Bett hin und her, während der Traum sie tiefer und tiefer in seinen Bann zog. Unversehens erhob sich hinter ihr ein Schatten, ein unheilvoller Schatten, schwarz wie der Tod, und eine bedrohliche Stimme vibrierte in ihrem Kopf, in ihren Adern: „Ich werde dich nehmen. wie der Krebs. ich werde in dich einziehen und dich von innen her auffressen.“
Buffy riß die Augen auf.
Sogar im tröstenden Morgenlicht schien es, als dauerte der Traum noch an. Immer noch spürte sie den Schrecken, die Bedrohung, die von ihr Besitz ergriffen
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