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Kleine freie Männer

Kleine freie Männer

Titel: Kleine freie Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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also keine Hexe mehr, wenn sie im Bett liegt?«
    »Hallo?«, flüsterte Tiffany.
    Stille folgte, untermalt von den Atemzügen ihrer Schwestern. Aber auf eine Weise, die Tiffany nicht genau beschreiben konnte, war es die Stille von Leuten, die versuchten, kein Geräusch zu verursachen.
    Sie beugte sich hinab und sah unters Bett. Nur der Nachttopf stand dort.
    Sie erinnerte sich an die Stimme des kleinen Mannes auf dem Fluss.
    Im Mondschein lag sie da und lauschte, bis ihr die Ohren schmerzten.
    Dann fragte sie sich, wie die Hexenschule sein mochte und warum sie sie nicht gesehen hatte.
    Sie kannte jeden Quadratzentimeter des Landes im Umkreis von zwei Meilen. Den Fluss mochte sie am liebsten,
    mit seinen Seitenarmen, wo gestreifte Hechte dicht unter der Wasseroberfläche ein Sonnenbad nahmen, und den Ufern, wo Eisvögel nisteten. Etwa eine Meile flussaufwärts gab es einen Reiherhorst, und Tiffany schlich sich gern an die Vögel heran, wenn sie hierher kamen, um im Schilf nach Beute zu suchen - es gab nichts Komischeres als einen Reiher, der in aller Eile aufzusteigen versuchte...
    Sie schlief wieder ein und dachte dabei an das Land, das die Farm umgab. Sie kannte es gut. Es gab keine geheimen Orte, von denen sie nichts wusste.
    Aber vielleicht gab es magische Türen. Wäre sie Leiterin einer magischen Schule gewesen, hätte sie magische Türen geschaffen. Es sollte überall magische Türen geben, selbst hunderte von Meilen entfernt. Sieh einen speziellen Felsen im Mondschein an, und es öffnet sich eine magische Tür.
    Aber die Schule... Dort lernte man, mit einem Besen zu fliegen, den Hut richtig zuzuspitzen, und es gab magische Mahlzeiten, und man bekam Gelegenheit, viele neue Freunde zu finden.
    »Schläft das Mädchen?«
    »Glaub schon. Es bewegt sich nicht mehr.«
    Tiffany öffnete die Augen in der Dunkelheit. Die Stimmen unter dem Bett hallten ein wenig. Zum Glück war der Nachttopf sauber.
    »Gut. Dann lasst uns aus diesem Topf klettern.«
    Die Stimmen bewegten sich durchs Zimmer. Tiffanys Ohren versuchten, sich zu drehen, um ihnen zu folgen.
    »He, hier steht ’n Haus! Mit kleinen Stühlen und so weiter!«
    Sie haben das Puppenhaus gefunden, dachte Tiffany.
    Es war ziemlich groß, gebaut von Herrn Block, dem
    Zimmermann der Farm, als Tiffanys älteste Schwester, die inzwischen zwei eigene Kinder hatte, ein kleines Mädchen gewesen war. Als zerbrechlich konnte man es nicht bezeichnen. Von Feinarbeit hielt Herr Block nicht viel. Im Lauf der Jahre hatten die Mädchen es mit diesem und jenem geschmückt und kleine Möbel hinzugefügt.
    Ihrem Klang nach zu urteilen, schienen die Stimmen das Puppenhaus für einen Palast zu halten.
    »He, he, he, dies ist der reinste Luxusladen! In diesem Zimmer steht ’n Bett. Mit Kissen!«
    »Sprich leiser, wir wollen doch nicht, dass sie aufwachen!«
    »Himmel, ich hin so leise wie ’ne kleine Maus! Aargh! Da sind Soldaten!«
    »Was soll das heißen, Soldaten?«
    »Hier lungern Rotjacken rum!«
    Sie haben die Spielzeugsoldaten gefunden, dachte Tiffany und versuchte, nicht zu laut zu atmen.
    Streng genommen hatten die Soldaten im Puppenhaus nichts verloren, aber Willwoll war noch nicht alt genug für sie, deshalb waren sie als unschuldige Zuschauer zweckentfremdet worden, damals, als Tiffany Teepartys für ihre Puppen veranstaltet hatte. Beziehungsweise für das, was von ihnen übrig war. Spielzeuge im Farmhaus mussten besonders robust sein, um die Generationen zu überleben, was ihnen nicht immer gelang. Bei Tiffanys letzter Party waren die Gäste eine Stoffpuppe ohne Kopf, zwei hölzerne Soldaten und drei Viertel eines kleinen Teddybären gewesen.
    Ein Pochen und Klappern kam aus dem Puppenhaus.
    »Ich habe einen erwischt! He, Kumpel, kann deine Mutter nähen? Soll sie das hier stopfen! Aargh! Hat eine Haut wie ein Baum!«
    »Potz Blitz! Hier issen Körper ohne Kopf!«
    »Kein Wunder, hab gerade einen Bären gefunden! Fühl meinen Stiefel, alter Brummer!«
    Zwar kämpften die Eigentümer der drei Stimmen gegen Dinge, die sich nicht wehren konnten, unter ihnen ein Teddybär mit nur einem Bein, aber für Tiffany deuteten die Geräusche darauf hin, dass der Kampf nicht nur eine Richtung nahm.
    »Ich hab ihn! Ich hab ihn! Undjetzt kriegt er ’n Ding verpasst, das sich gewaschen hat!«
    »Jemand hat mir ins Bein gebissen! Jemand hat mir ins Bein gebissen!«
    »Na, kommt schon, ihr armseligen Feiglinge, ihr erbärmlichen Memmen! Ich zeige euch, wie man richtig kämpft!«
    Tiffany

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