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Kleine freie Männer

Kleine freie Männer

Titel: Kleine freie Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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hatte langes schwarzes Haar, ein blasses Gesicht und kirschrote Lippen. Ihr Kleid war schwarz, weiß und rot. Und alles wirkte ein wenig falsch.
    Tiffanys Zweite Gedanken sagten: Es wirkt deshalb ein wenig falsch, weil sie perfekt ist. Vollkommen perfekt. Wie eine Puppe. Keine wirkliche Person kann so perfekt sein.
    »Das bist du nicht«, sagte Tiffany mit absoluter Gewissheit. »Es ist nur ein Traum von dir. Das bist du ganz und gar nicht.«
    Das Lächeln der Königin verschwand für einen Moment, um dann nervös und spröde zurückzukehren.
    »Eine solche Unhöflichkeit, und du kennst mich kaum«, sagte sie, setzte sich auf das Sofa aus Blättern und klopfte auf den Platz neben ihr. »Setz dich. Wenn du so dastehst, siehst es nach einer Konfrontation aus. Ich führe deine schlechten Manieren auf schlichte Verwirrung zurück.« Sie bedachte Tiffany mit einem wunderschönen Lächeln.
    Sieh nur, wie sich ihre Augen bewegen, sagten Tiffanys Zweite Gedanken. Ich glaube, sie braucht sie gar nicht, um dich zu sehen. Sie dienen nur zur Zierde.
    »Du bist in mein Zuhause eingedrungen, hast einige meiner Kreaturen getötet und dich insgesamt verachtenswert verhalten«, sagte die Königin. »Daran nehme ich Anstoß. Aber ich weiß auch, dass dich Unruhe stiftende Elemente auf den falschen Weg geführt haben...«
    »Du hast meinen Bruder gestohlen«, sagte Tiffany und schlang die Arme fest um Willwoll. »Du stiehlst alle Arten von Dingen.« Doch die eigene Stimme klang schwach und blechern in ihren Ohren.
    »Er irrte hilflos umher«, erwiderte die Königin ruhig. »Ich habe ihn nach Hause gebracht und getröstet.«
    Und das Besondere an der Stimme der Königin war: Auf eine freundliche, verständnisvolle Art sagte sie, dass sie Recht hatte und Tiffany nicht. Und dies war nicht Tiffanys Schuld. Es lag vermutlich an ihren Eltern, oder am Essen, oder an einer so schrecklichen Sache, dass Tiffany sie ganz vergessen hatte. Es ist nicht deine Schuld, wusste die Königin, denn du bist eine nette Person. Nur all die schädlichen Einflüsse haben dazu geführt, dass du die falschen Entscheidungen getroffen hast. Wenn du es nur zugeben würdest, Tiffany, dann wäre die Welt ein viel besserer Ort...
    ...dieser kalte Ort, von Ungeheuern bewacht, in einer Welt, wo nichts älter oder reifer wird, sagten die Zweiten
    Gedanken. Eine Welt, in der die Königin alles kontrolliert. Hör nicht auf sie.
    Es gelang Tiffany, einen Schritt zurückzuweichen.
    »Bin ich ein Ungeheuer?«, fragte die Königin. »Ich wollte nur ein wenig Gesellschaft... «
    Und Tiffanys Zweite Gedanken, überschwemmt von der wundervollen Stimme der Königin, sagten: Fräulein Weiblich Robinson...
    Sie war vor vielen Jahren gekommen, um als Magd auf einer der Farmen zu arbeiten. Es hieß, sie wäre in einem Armenheim in Jaul aufgewachsen. Es hieß auch, sie wäre dort geboren, nachdem ihre Mutter während eines schrecklichen Unwetters entbunden hatte, und die Direktorin hatte in ihr großes schwarzes Tagebuch geschrieben: »Fräulein Robinson, weiblicher Säugling.« Und die junge Mutter war nicht sehr intelligent gewesen, hatte ohnehin im Sterben gelegen und gedacht, so lautete der Name ihres Kinds. Immerhin stand er in einem amtlichen Buch.
    Fräulein Robinson war jetzt recht alt, sprach nie viel und aß nie viel, aber man sah nie, dass sie nicht mit irgendetwas beschäftigt war. Niemand konnte einen Boden schrubben wie Fräulein Weiblicher Säugling Robinson. Sie hatte ein schmales Gesicht mit spitzer roter Nase und kleine, blasse, immer fleißige Hände mit roten Knöcheln. Fräulein Robinson arbeitete hart.
    Tiffany hatte nicht viel von dem verstanden, was vor sich ging, als das Verbrechen geschah. Die Frauen sprachen zu zweit und zu dritt an Gartentoren darüber, mit verschränkten Armen, und sie schwiegen und gaben sich empört, wenn ein Mann vorbeikam.
    Tiffany schnappte hier und dort etwas auf, und manchmal schien es sich um eine Art Code zu handeln: »Hatte nie ein eigenes, arme alte Seele. War nicht ihre Schuld, dass sie dünner war als ein Rechen.« Und: »Als man sie fand, hielt sie es in den Armen und behauptete, es sei ihrs.« Und: »Das Haus war voller Babykleidung, die sie gestrickt hat!« Die lezten Worte hatten Tiffany verwirrt, denn sie waren in dem sonderbaren Tonfall gesprochen worden, in dem man zum Beispiel »Das Haus war voller Totenköpfe!« sagte.
    In einem Punkt waren sich alle einig: Wir können dies nicht dulden. Ein Verbrechen ist ein

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