Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden
nachdrücklich: »Wer also in Zungen redet, der bete, dass er’s auch auslegen könne« (14,13). Denn: »Wer in Zungen redet, der erbaut sich selbst; wer aber prophetisch redet, der erbaut die Gemeinde.« Das Zungenreden sei ein privates Gespräch mit Gott, meint er, in der Gemeinde dagegen zählten wenige verständliche Worte deutlich mehr, da dann jeder etwas davon habe.
Als besondere Geistesgabe wird die Zungenrede also beschrieben und als persönliche Gebetssprache. Aber was ist nun wirklich dran an diesem Geschehen, warum lassen sich Menschen seit so langer Zeit immer wieder zu einem solchen, für Außenstehende fast verrückt scheinenden Verhalten hinreißen oder versuchen sogar das Zungenreden zu erlernen? Offensichtlich erfahren diese Menschen den Zustand, in den sie beim Zungenreden geraten, als etwas ganz Besonderes. Viele berichten, sie fühlten sich in diesem Zustand tatsächlich wie ergriffen vom Geist Gottes.
Der Betende kann zwar Anfang und Ende seines Gebets kontrollieren, ist sich aber meistens nicht bewusst über das, was er betet. Der Psychiater Andrew Newberg stellte vor einigen Jahren in einer Untersuchung fest, dass beim Zungenreden im Gehirn ein der Meditation entgegengesetzter Zustand eintrete, der mit einer eingeschränkten Selbstkontrolle einhergehe. Offensichtlich ist das eine der Ursachen für die als positiv beschriebene Erfahrung beim Zungenreden. Humbug scheint das Zungenreden also nicht zu sein, dennoch sollte man es wohl mit Paulus halten und diese Erfahrung nicht überbewerten. Als private Erfahrung von Gottesnähe kann sie dem Einzelnen aber dennoch wertvoll sein.
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Mitarbeit: Sonja Poppe
Satz: Satz!zeichen, Landesbergen
eISBN 978-3-641-05851-7
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