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Kleines Lexikon psychologischer Irrtümer - von Abhängigkeit bis Zwangsneurose

Kleines Lexikon psychologischer Irrtümer - von Abhängigkeit bis Zwangsneurose

Titel: Kleines Lexikon psychologischer Irrtümer - von Abhängigkeit bis Zwangsneurose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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subjektivem Leid und emotionalen Schwierigkeiten nach einem entscheidenden Lebensereignis, was immer das auch sein mag.
    Anstalt, geschlossene
    Gar nicht so geschlossen, wie man glaubt. Entlassungen und Verlegungen sind durchaus an der Tagesordnung. Psychisch weit auffälligeres Verhalten findet man regelmäßig in den offenen Anstalten der Gesellschaft. Die größte öffentlich-psychiatrische Anstalt ist wohl die Autobahn, wo die Lichthupe zum neuen deutschen Gruß geworden ist. Keine Fälschungen, sondern ganz echte Idioten bekommt man regelmäßig bei »Deutschland sucht den Superstar« oder »Dschungelcamp« serviert.
    Anti-Aging
    Medizinische Methoden, welche die Verlangsamung von Alterungsprozessen zum Ziel haben. Das athletischste und glattpolierteste Schweinchen, das im gegenwärtigen Medizinzirkus von der Leine gelassen wurde. Mittlerweile
ist es schon zu einem goldenen Ferkelchen avanciert. Zumindest in finanzieller Hinsicht hofft so mancher Doktor Raffzahn auf einen Vergoldungseffekt für seine Praxis.
    Antidepressiva
    Auch »happy pills« genannt. Grundnahrungsmittel der US-amerikanischen Bevölkerung. Aufgrund der überwiegend verdrießlichen Stimmung bei uns befindet sich der Zusatz von Antidepressiva zum Leitungswasser derzeit in Planung.
    Arbeitspsychologie
    Die schön-gesehene Form der Arbeitsverweigerung in wissenschaftlichem Gewand. Braucht eigentlich kein Mensch. Nur Psychologen, die um ihren Arbeitsplatz besorgt sind. Deshalb haben sie auch gleich eine Industrie daraus gemacht. Die nennt man Beratungsindustrie. Zum Beraten fühlen sich die berufen, die die schlechtesten Macher sind. Macht aber auch nichts, denn mit Arbeitsverweigerern lässt sich auf Augenhöhe am kreativsten kommunizieren.
    Astrologe
    Dem Therapeuten, der sich in einem Rebirthing-Workshop im Tierkreiszeichen Warzenschwein mit Aszendent Erdferkel erlebt, wird rückwirkend die Approbation aberkannt, und er wird als Astrologe outgecourced.
    Aufarbeiten
    In der therapiesüchtigen Gesellschaft mehrfach stündlich benutzte und heißgeliebte Vokabel. Nur zu dumm, dass der Mensch das postmoderne Aufarbeiten (was immer das auch heißen mag) mit Auslöschen von erlittenen – bzw. vermeintlich erlittenen – Schicksalsschlägen verwechselt. Aber diesen kleinen semantischen Fehltritt kann er ja mit seinem Therapeuten besprechen. Oder mit dem Gewalt-Krisen-Trauma-Coach.
    Ayurveda
    Die alt-indische »Wissenschaft des Lebens« aus dem 16. Jahrhundert scheint die spirituelle Erlösung der westlich technokratischen Medizin zu sein. Energien, Temperamente, harmonische Gleichgewichte, astrologische Horoskope, Ölmassagen – nach einer Heilslehre aus diesem Gebräu sehnt sich die faustische Psyche der Germanen. Enttäuscht von lieblosen Laborwerten und kalten anonymen
Kernspin-Tomografen lässt man sich lieber warmes Öl auf die Stirn gießen, damit die ausgebrannten Hirnzellen darunter auch noch für die nebulösesten Botschaften empfänglich werden. Das Ganze garniert mit ein wenig Weihrauch, einer Messerspitze Hindu und einem Teelöffel Hare Krishna, und die gebeutelten Seelen des teuflischkapitalistischen Systems werden zumindest in ihrer esoterischen Abgeschiedenheit zur Erleuchtung gelangen. Wer in diese Sphären abgedriftet ist, braucht auch nicht mehr zu realisieren, dass Ayurveda der Exportschlager der indischen Medizinindustrie ist.

B

    Bedeutungserleben, wahnhaftes
    Einer tatsächlichen Wahrnehmung wird eine abnorme, nicht mehr nachvollziehbare Bedeutung zugeordnet. Was die Staublunge für den Bergmann, ist demnächst das wahnhafte Bedeutungserleben für den Psychotherapeuten: eine anerkannte Berufskrankheit. Die Jünger des psychologisierenden Zeitalters nehmen auch noch den letzten bizarren Schrott für bare Münze, z. B. dass Jack Nickolson 9.000 Kinder gezeugt haben könnte. Das dies schlichtweg ein Scherz war, um die umstehenden Journalisten zu belustigen, führt rasch zur Überforderung theorielastiger Flachköpfe, die stattdessen männliches Imponiergehabe und Leistungsnachweise hineininterpretieren.
    Bedürfnisse
    Müssen streng unterteilt werden in ihre Bedürfnisse und seine Bedürfnisse. Seine Bedürfnisse? Gibt es sie überhaupt noch? Ganz sicher. Befriedigt werden sie nun in Kreißsälen und im Erziehungsjahr. Oder in Urschrei- und Männergruppen, wo das feministisch dressierte Mann-Sein sich mal so richtig ausheulen darf. Womit wir bei ihren Bedürfnissen sind. Diese oszillieren seit Anfang 2008 irgendwo zwischen

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