Klostergeist
wusste sie, hinter sie stellen und die Sache mit der Spaichinger Verwaltung regeln. Dennoch ahnte sie, dass ein Anpfiff von oberster Stelle auf sie zukam.
Thorben Fischer trat so lautlos, wie es seine Gummistiefel zuließen, hinter seine Kollegin und legte ihr die Hand auf die Schulter. Verena wandte ihm den Kopf zu. In ihren Augen glänzten Tränen.
»Wir kriegen das schon wieder hin«, murmelte Fischer beruhigend. Und das glaubte Verena ihm in diesem Moment auch. Am liebsten hätte sie sich in seine Arme geworfen und das Gesicht in seinem weichen Mantel vergraben.
»Das war wohl nichts, Frau Kommissarin. Also, mir wäre das jetzt entsetzlich peinlich, Mädle.« Arthur Hafen stand am Rand des Beckens und lachte ein trockenes, dreckiges Lachen. »Das Becken ist jetzt Müll, aber drin war keiner, was?«
»Halten Sie den Mund!«, herrschte Thorben ihn an.
Hafen verstummte augenblicklich. Aus seiner Jackentasche zog er einige zu einer Rolle gedrehte Blätter. »Bitte schön, zur Kenntnis für die Akten«, sagte er, drückte Verena die Papiere in die Hand und machte auf dem Absatz kehrt.
Noch ehe der Schuhhändler aus dem Blickfeld war, hatten Verena und Thorben die Papiere überflogen: Arthur Hafen hatte von der Familie Engel ein Grundstück gekauft, das direkt an die Rückseite seines Ladens grenzte. Der Kaufpreis hatte exakt 57.000 Euro betragen, wovon der tote Bürgermeister laut Erbfolge 70 Prozent bekommen hatte. Der Bankier Engel musste sich mit etwas weniger Geld zufriedengeben, erhielt aber von Arthur Hafen direkt 5.000 Euro ›Beraterhonorar‹, hatte Hafen handschriftlich notiert und darunter: ›Schriftliche Eingabe des Ministeriums an den Gemeinderat zur Beschleunigung der Baugenehmigung.‹
»Das ist ja ein dicker Hund!«, rief Verena und blätterte weiter in den Papieren.
Neben dem Kaufvertrag hatte Arthur Hafen den Kommissaren noch einen Zettel in die Hand gedrückt: einen Auszug aus dem Handelsregister.
»Das gibt’s nicht«, rief Verena, als sie das Blatt überflogen hatte. »Jens-Uwe Engel ist Mitinhaber eines Müllentsorgungsbetriebes!«
»Hoppala«, sagte Thorben und grinste. »Darf der das neben seinem Amt?«
»Dürfen darf der das schon«, entgegnete Verena. »Allerdings kommt es darauf an, von wem Herr Engel seine Aufträge erhält. So wie ich das sehe, kommen die meisten direkt aus dem Ministerium. Und das wiederum ist als Land Baden-Württemberg an der Württemberger Kasse beteiligt und damit sein Arbeitgeber.«
Thorben pfiff durch die Zähne. »Ich schätze mal, das ist ein Fall für die Kollegen vom Wirtschaftsdezernat.«
»Ganz genau«, bestätigte seine Kollegin. »Nur uns hilft das auch nicht weiter. Wir wissen immer noch nicht, wie und warum Manfred Engel vom Turm gefallen ist.« Verena machte kehrt.
Thorben wunderte sich, wie sie mit Gummistiefeln so schnell laufen konnte – er jedenfalls hatte alle Mühe, nicht hinzufallen. Die beiden hatten eben das Tor erreicht und wollten am Kiosk vorbei zum Parkplatz gehen, als ein greller Pfiff sie herumfahren ließ.
»Frau Kommissarin!«, brüllte der Baggerfahrer. »Kommed se schnell her, do hend se ebbes überseha!«
Wieder machten die beiden kehrt, diesmal in die Richtung aus der sie eben gekommen waren. Fast zeitgleich erreichten sie das leere Schwimmbecken und trauten ihren Augen nicht: Ganz am Rand lugte gelbes Metall unter dem aufgebrochenen Beton hervor.
»Na bitte!« Verena strahlte. »Da haben wir doch den Müll!«
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