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Klostergeist

Titel: Klostergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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Wanderschuhe gegen die gelben Gummitreter. »Inklusive Innenschuh aus Schaffell«, setzte sie nach.
    Fischer kniff die Augen zusammen. Schon jetzt hielten seine Schuhe nicht mehr dicht und seine Seidensocken sogen sich mit kaltem Matschwasser voll.
    Thorben hielt sich die Hand vor die Nase, als wolle er niesen.
    »Na, schon Schnupfen?«, frotzelte Verena. Dann zog sie eine Tüte mit dem Aufdruck ›Schuhhaus Hafen‹ aus dem Kofferraum und reichte sie Thorben. Einen winzigen Augenblick lang berührten sich ihre Fingerspitzen. Verena registrierte verblüfft, dass ihre Hormone in Schwung kamen. Thorben vergaß schlagartig seine ruinierten Designerschuhe. Sekundenlang schauten sich die beiden schweigend in die Augen. Thorben ging einen kleinen Schritt auf seine Kollegin zu.
    »Jetzt Grüß Gott«, brüllte just in dieser Sekunde Mike Ritter.
    Erschrocken drehte Verena sich um. Was wollte der Reporter hier?
    »Geht aufs Haus«, murmelte Verena Thorben zu, der ein paar quietschgelbe Gummistiefel aus der Tüte zog. Er konnte ja nicht wissen, dass Verena die Stiefel mit mehr Herzklopfen als eigentlich erlaubt vor Dienstbeginn gekauft hatte.
    »Ganz schön matschig, was?« Der rasende Mike, den Fotoapparat theatralisch am Gurt über der rechten Schulter tragend, klopfte Thorben auf die Schulter. Der nickte nur und machte sich schwankend und gegen den Wagen gelehnt daran, seine eiskalten Füße aus den nassen Schuhen und Socken zu schälen. Verena hatte ein Paar Lammfelleinlagen in den Stiefeln deponiert – was Thorben Fischer imponierte und sein Herz schneller schlagen ließ. Er mochte praktisch veranlagte Frauen – und er freute sich über die Geste wie ein Kind an Weihnachten.
    »Ich hab gehört, hier wird rückwärts gebaut?« Mike Ritter deutete mit dem Kopf Richtung Schwimmbad.
    Hinter dem Kassenhäuschen sah Verena einen Bagger und ein ihr unbekanntes Gerät – einen schweren Bohrmeißel, der selbst den stärksten Beton kleinkriegen konnte. »Wo gehört?«, entgegnete sie anstelle einer Antwort.
    »Meine Vögelchen zwitschern hier und zwitschern dort«, sagte Ritter kryptisch und fummelte einen arg zerfledderten Schreibblock aus seiner Jackentasche. »Hat das alles was mit dem Ableben von Bürgermeister Engel zu tun?« Der Reporter zückte den Kugelschreiber.
    »Aber selbstverständlich«, mischte Thorben sich ein. Die gelben Gummitreter machten schmatzende Geräusche, als er auf Ritter zutrat.
    Verena stockte der Atem, wie zwei Tage zuvor auf der PK. Sie setzte gerade an, ihrem Kollegen das Wort zu verbieten, als dieser sagte: »Herr Engel wird umgebettet und hier seine letzte Ruhestätte finden. Er wollte ja unbedingt eine Seebestattung.«
    Verena unterdrückte ein Lachen, als Mike Ritter wütend die Augen zusammenkniff.
    »Verarschen kann ich mich allein«, brummte der Reporter.
    »Und allein nach Hause gehen sicher auch«, entgegnete Thorben. »Hier gibt es wirklich nichts für Sie zu tun.«
    »Ich hab’ schon verstanden.« Ritter griff nach der Kamera und schoss im Rückwärtsgehen ein Foto von den beiden Kommissaren. Leider verpasste er die Gummistiefel um wenige Zentimeter.
    »Das war gut«, lobte Verena, als sie mit Fischer zum Eingang stapfte.
    Dort wurden sie bereits erwartet: Arthur Hafen trat hinter dem Kassenhäuschen hervor.
     
    Hier ist Radio Donauwelle mit einer Eilmeldung aus dem Verkehrszentrum: Bei Möhringen hat sich eine Schafherde selbstständig gemacht und ist auf die Bundesstraße gerannt. Bitte umfahrt diesen Bereich vorsichtig, wir melden es, wenn die Schäfchen wieder im Trockenen sind! Weiter geht’s mit den Black Sheep und ›Nobody knows‹.
     
    Pius hatte Mühe, seinen lädierten Zeh sanft auf das Gas- oder Bremspedal zu stellen. Der Pater schickte ein Dankesgebet gen Himmel, als er endlich vor dem Haus von Marlies Engel ankam.
    »Komisch, wie schnell das geht«, sagte er zu sich selbst. »Letzte Woche noch war das für alle das Haus des Bürgermeisters … Jetzt ist es nur noch das Haus von Frau Engel. Wie schnell man sich an den Tod eines Menschen gewöhnt.«
    Pius drehte den Motor ab und blieb einige Minuten im Wagen sitzen. Langsam beschlugen die Scheiben von innen. So in Nebel gehüllt erschien ihm die Welt da draußen mit einem Mal sehr weit entfernt. Pius spürte die wundervolle Nähe zu seinem Gott.
    »Ach Herr, soll ich mich weiter einmischen?«, fragte der er laut. »Oder nicht? Ich meine, es geht doch hier um Seelsorge?« Pius, der keine Angst vor dem Tod hatte –

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