Klostergeist
einzige Liebe, die Liebe seines Lebens, Gott galt, so ahnte er doch, was dieses mächtige Gefühl mit den Menschen anzustellen vermochte.
»Freut mich«, meinte er.
»Mich freut vor allem, dass Frau Engel hinter Gittern sitzt.« Thorben Fischer versuchte, die Blumen so in die Vase zu bugsieren, dass diese nicht das Gleichgewicht verlor.
»Wir haben sie am Flughafen in Stuttgart festnehmen lassen«, erklärte Verena. »Die Sache war so glasklar!«
»Frau Hälble, ich meine, Verena, wollte sich bei Marlies Engel eigentlich nur nach einer Formalität wegen der Obduktionsergebnisse erkundigen«, erklärte Thorben Fischer, der sich hinter Verena aufgebaut hatte und ihr nun die Hände fast besitzergreifend auf die Schultern legte.
Verena ließ es geschehen und Pius wunderte sich, was aus der borstigen Kommissarin geworden war. Daran konnte nur die Liebe schuld sein.
»Ich bin ums Haus gegangen, weil trotz Radiolärm keiner öffnete. Und da habe ich Sie auf dem Boden liegen sehen. Ehrlich, Pater, ich dachte, Sie seien tot, mit dem ganzen Blut um Ihren Kopf rum!«
»Der Herr wollte mich wohl noch nicht bei sich haben«, meinte Pius bescheiden.
Alle drei grinsten. Dann fragte Pius: »Und Marlies Engel?«
»Es war ein Leichtes, sie ausfindig zu machen. Direkt neben dem Telefon hatte sie auf einem Zettel die Flugdaten notiert. Anfängerfehler, würde ich mal sagen. Jedenfalls hat sie noch auf der Flughafenwache alles gestanden«, erzählte Verena. »Allerdings erst, nachdem die Kollegen ihr einen sündhaft teuren Salat und eine große Pulle Schampus aus dem Restaurant geholt hatten.«
Pius lachte.
»Sie wird wohl wegen Totschlags angeklagt werden«, redete nun Thorben weiter. »Leider hat die Presse sie schon als Mörderin abgestempelt, allen voran unser rasender Mike.«
Pius seufzte. Offensichtlich wurde es Zeit, dass er zurückkehrte auf den Berg, von wo aus er in die Geschicke des Städtchens besser eingreifen konnte als von seinem Zimmer in der Spaichinger Kreisklinik.
Verena sah ihn streng an: »Sie brauchen gar nicht so zu gucken, Pater, mit dem Mike werden wir auch ohne Sie fertig!«
»Und mit unseren Kriminalfällen ebenfalls«, fügte Thorben Fischer hinzu. »Um Jens-Uwe Engel und seine Sauerei im Freibad kümmern sich jetzt die Kollegen vom Wirtschaftsdezernat. Unser Ober-Banker wird auch noch ein paar unangenehme Termine haben in nächster Zeit.«
»Auch um Herrn Hafen kümmern sich die Kollegen«, ergänzte Verena.
Das Lächeln in ihrem Gesicht war milder, als Pius es jemals bei ihr gesehen hatte. So dann und wann geküsst zu werden, dachte der Pater, macht die Frauen einfach schön.
Er seufzte ergeben. »Nun gut, ich wollte ohnehin ein paar Wochen verreisen. Ich denke, Bruder Martinus in Rom wird sich über meinen Besuch freuen. Es gibt da wohl gewisse Unstimmigkeiten in den vatikanischen Finanzen, nachdem ein Kardinal unter ungeklärten Umständen zu Tode kam …«
»Nein!«, riefen Verena und Thorben wie aus einem Mund. Und Verena hob flehend die Hände gen Himmel: »Der Herr steh’ uns und den Römern bei!«
Was dann geschah …
Mike Ritter arbeitet noch immer bei der Lokalzeitung in Spaichingen. Seit dem Prozess gegen Marlies Engel ist ihm allerdings keine knallige Story mehr über den Weg gelaufen. Was nichts heißen will – er sei da an einer ganz heißen Sache dran, hat er den Autoren verraten.
Evelyne und Jens-Uwe Engel haben in der Stuttgarter Oper einen grandiosen Abschied aus dem Amt gefeiert. Der Ex-Bankier und seine Gattin haben sich, so sagen es die Gerüchte, mit der Bonuszahlung der Württemberger Bank im Schwarzwald ein Apartment gekauft und verbringen die Tage mit Nordic Walking und dem kleinen Beagle, den Evelyne sich gekauft hat.
Marlies Engel selbst war geständig. Der Prozess gegen sie wurde allerdings vertagt, da ihr Verteidiger ein Gutachten nach dem anderen anzweifelt. Derzeit befindet sie sich also noch in Untersuchungshaft.
Anja Sonnlein hat recht sonnig auf Thorben Fischers SMS, er sei nun mit Verena Hälble zusammen, reagiert. Sie schickte den beiden eine Karte mit dem Emblem des SWR.
Der ›Bären‹ blieb für sechs Wochen geschlossen. Für Schorsch und Erich waren das die härtesten Wochen ihres Stammtischbruder-Daseins. Dann aber öffnete die Wirtschaft wieder. Mit dickem Bauch und voller Stolz weihte Bärbel an einem sonnigen Februartag die neue Zapfanlage ein. Verena und Thorben waren – nach Schorsch und Erich – die Ersten,
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