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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Nacht erwählt zu werden. Wäre sie ihm jetzt angeboten worden, er hätte sie ausgeschlagen. Eine Ewigkeit der Leere war schlimmer als das, was das Nebelland für die Verstorbenen bereithalten mochte.
    Sie erreichten den untersten Boden nach der letzten Rampe. Hierher war seit Jahrtausenden kein Sonnenstrahl gedrungen, ein ganzer Berg türmte sich über ihnen auf. Flammen züngelten in der Luft, sie brauchten keine Fackeln oder Lampen, um sich zu nähren, denn sie loderten aus anderen Wirklichkeiten herüber.
    Als sich ihnen Schritte mit knirschenden Geräuschen näherten, als drücke man vorsichtig Schaufeln in Kies, schrie einer der Gefangenen auf. »Werde ich sie sehen? Die Königin?« Die Augen des Mannes waren weit aufgerissen zwischen den bunten Linien, die er in sein Gesicht hatte ritzen lassen. Was gab es Verächtlicheres als einen zweifelnden Rebellen? Hatten diese Gefangenen nicht geschworen, zu sterben, wenn sie dadurch die Königin töten könnten? Und jetzt wollte er ihr seine Verehrung darbringen?
    »Du wirst eine Königin sehen«, sagte Zuulior. »Aber nicht die Königin deiner Träume.«
    Im Näherkommen wurde das Geschöpf immer größer. Den Umfang eines Schlachtrosses hatte es bereits erreicht. Die Königin. Ob seine Begleiter wohl mehr Angst vor ihr hatten als vor Zuulior?
    Wahrscheinlich, denn Fremdheit vermochte starke Furcht zu wecken. Und was hätte fremder sein können als dieserKoloss, der so geschwollen war, dass er nicht mehr aufrecht gehen konnte? Ein schwarz glänzender Panzer ersetzte die Haut, Zangen wie Säbel bildeten die Kiefer. Sie schnappten vorfreudig, als sich das Wesen in die Helligkeit der unwirklichen Feuer schob.
    Zuulior überwachte, wie diejenigen, die er zu Kriegernmachen sollte, den Gefangenen die Schädel knackten. Sie nahmen Hämmer dazu, manche wollten sorgfältig arbeiten und setzten Meißel an. Wenn sich ein Opfer wehrte, war das Ergebnis eine große Schweinerei, was den Vollstreckern aber sogar lieber zu sein schien. Am Ende wurden alle Hirne aus den Schädeln entnommen und an die fremde Königin verfüttert.
    Zuulior führte ihr die Nahrung zu, nach der sie verlangte, weil es ihm befohlen worden war. Diese Kreatur mochte eine Königin sein, auf gewisse Weise, aber seine Herrin war sie nicht. Niemals hatte er ihr einen Eid geleistet.
    Überhaupt – was bedeutete ein Wort wie ›Königin‹ an diesem Ort?
    In Zuuliors Heimat gab es den SCHATTENKÖNIG , von dem alle Macht ausging. ER war Herr über Ondrien, Meister aller Osadroi, Wahrer der Unendlichkeit, Wissender der letzten Geheimnisse, Zerstörer der Schleier, Gebieter der Schatten. ER war der Mörder der Götter, der ihr Blut trank und auf ihren geschändeten Leibern SEINEN Thron errichtete. Der einzig wahre König, und ER hatte keine Königin. Vielleicht würde es eine geben, nach SEINER Zeit, aber auf dem Schädelthron von Orgait saß immer nur ein einziger Herrscher. Nur ein Gebieter über die Osadroi.
    Die Osadroi wiederum waren die Meister der Schatten, der Macht der Finsternis, der größten Kraft, die sich denken ließ. Unaufhaltsam legten sich die Schatten über die bekannte Welt. Der Silberkrieg war entschieden, auch wenn noch nicht alle freien Reiche ihre Niederlage anerkannten. Sie würden dazu gezwungen sein, wenn sie erst begriffen, dass ihnen das einzige Metall ausging, mit dem man einem Schattenherrn bleibende Wunden schlagen konnte. Ohne Silber waren ihre Heere wehrlos.
    Das war die Welt, die Zuulior kannte und deren Regeln er verstand. Doch was galten diese Regeln hier, in diesem fernen Land?
    Osadroi atmeten Essenz. Dieses Monstrum fraß Hirne. Manche zerstückelte es mit seinen frei schwingenden, gebogenen Kiefern. Auf andere spie es seinen Speichel, was die grauen Gebilde halb verflüssigte, sodass sie sich schlürfen ließen.
    Zuulior brütete noch vor sich hin, als die Leichen fortgeschafft, die Männer gegangen waren und sich die fremde Königin in das lauernde Dunkel zurückgezogen hatte, aus dem sie gekommen war. Ein Berg lastete auf seinem Gemüt, und dieser hatte nur wenig zu tun mit den erdrückenden Felsmassen, die er über seinem Haupt wusste. Schlimmer als ein zweifelnder Rebell ist ein zweifelnder Gardist, dachte er.
    »Du bist einsam«, hörte er die Stimme, die ihm noch immer ein Schaudern über den Rücken jagte. Nicht, weil er sich geängstigt hätte, sondern weil das Charisma ihrer Besitzerin bedingungslose Verehrung erzwang, auch nach all den Jahren. Nichts auf der Welt war

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