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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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PROLOG

    FERNE
    E ine andere Art von Grausamkeit war ihnen zu eigen. Nicht die der Unsterblichen, die Menschen quälten, um sie zu züchtigen, oder die der Mächtigen, die Unterlegene auf ihren Platz verwiesen. Der rothäutige Menschenschlag dieses Landes verstand nicht, wie man andere unterwarf. Die Kunst des Krieges existierte hier nicht, hier hatte es allenfalls wilde Prügeleien gegeben, bevor Zuulior angelandet war.
    Er war kein Krieger im Heer der Schattenherren, sondern ein Gardist. Seine Ausbildung war eher die eines Leibwächters als die von jemandem, der in einer Schlachtreihe stand. Dennoch hatte er ein tieferes Verständnis von Marschordnungen, Belagerungen und Kampfformationen als alle diese Eingeborenen zusammen. Wäre es ihm nicht befohlen worden, Zuulior wäre niemals auf den Gedanken verfallen, einige von ihnen zu Offizieren auszubilden. Sie waren kein Volk, das für den Krieg geschaffen war.
    Und dennoch war Grausamkeit ihnen vertraut. Sie konnten sich ebenso wie alle anderen Menschen daran berauschen, Gewalt über jene auszuüben, die ihnen ausgeliefert waren. Es war wie die Grausamkeit von Kindern, die einem Kaninchen die Beine brachen, um dann zuzusehen, wie es sich quälte. Die Finsternis war die mächtigste Kraft der menschlichen Seele, auch hier.
    Disziplin war ebenfalls keine Stärke dieser Menschen. »Passt auf, dass ihr ihn nicht totschlagt«, mahnte Zuulior deshalb. Geduldig wartete er ab, bis die beiden Männer ermüdeten und keine Lust mehr verspürten, auf den Gefangenen einzutreten. Vielleicht hatte ihr Opfer sie provoziert, vielleicht hatten die beiden auch eine Rechnung mit ihm offen. Wahrscheinlich wollten sie nur Knochen durch aufgerissene Haut schimmern sehen. Aber zugleich hatten sie Angst vor Zuulior, nachdemer einen von ihnen erstochen hatte, bevor das Begreifen in dessen trägen Verstand gekrochen war. Zuuliors Schwert war nicht nur gründlicher geschmiedet als alles, was hier über den Amboss gezogen wurde, es war auch schneller als die schräg gestellten Augen in den roten Gesichtern. Er konnte seinen Stahl in ein Herz dieser Eingeborenen stoßen, bevor dessen Besitzer sah, dass sich die Waffe bewegte. Also vermieden die beiden, Zuulior zu verärgern und stampften dem Gefangenen nicht auf Hals oder Kopf. Ihre Wut musste sich andere Ziele suchen. Das Geschrei wurde heller, als die Kniescheiben brachen.
    »Jetzt müsst ihr ihn tragen lassen«, stellte Zuulior fest.
    Mit grimmigen Mienen prügelten die beiden einige weitere Gefangene heran, diese Aufgabe zu übernehmen. Die Unterbrechung dämpfte ihren Blutrausch. Sie waren nun bereit, Zuulior weiter zu folgen. Er ging voran, die nächste gebogene Rampe hinunter.
    Die Hitze nahm zu, je tiefer sie in den Berg stiegen. Oftloderten Flammen weniger als einen Schritt entfernt in der Luft. Manche waren geräuschlos, die meisten aber prasselten laut. Sie erinnerten Zuulior an die Städte, die er hatte brennen sehen. Das war früher gewesen, als er noch geholfen hatte, Banner stolzer Reiche unter die Schatten zu zwingen. Noch immer erneuerte er die dunkle Farbe auf den Ringen seines Kettenhemds, wenn er die Muße dazu hatte. Obwohl hier niemand mehr war, der ihn als Hauptmann der Garde hätte erkennen können. Während er den Zug führte, dachte er darüber nach, warum ihm die Anerkennung dieser Menschen so wenig bedeutete. Sie fürchteten ihn um seiner selbst willen, während man früher vor der Macht gezittert hatte, auf deren Geheiß er gekommen war. Er hatte ein Dorf so gründlich ausgelöscht, dass niemand mehr lebte, der jemanden kannte, der dort gewohnt hatte. Aber es war nicht seine Tat, er war nur Werkzeug in der Hand der Osadroi gewesen, der Schattenherren Ondriens. Hätte es ihn nicht mit Stolz erfüllen müssen, nun respektiert zu werden wegen seiner Kenntnisse in der Kriegführung, seiner Fähigkeiten mit dem Schwert?
    Aber so war es nicht. Er fühlte sich nicht stolz, er fühlte sich leer. Als sei er der Letzte seiner Art. Hengell, Jerrar, Merk … Immer öfter ertappte sich Zuulior dabei, wie er mit den gefallenen Gardisten sprach, seinen Kameraden, die ihm vorausgegangen waren. Sie alle waren tot, nur er war übrig.
    Nach den Lehren des Kults war es nicht schlecht, der Letzte zu sein. Es bewies Stärke, und Stärke konnte belohnt werden.
    Aber was sollte hier, in diesem Land, Zuuliors Lohn sein?
    Er hatte der Finsternis sein Leben lang gedient. Den Schatten. Mit der heimlichen Hoffnung, für die Unsterblichkeit der

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