Knight 02 - Stuermisches Begehren
er.
Sie lächelte ihn aufmunternd an, und dann richteten sie rasch ihre Kleidung. Lucien stopfte sich das Hemd in die Ho- se und fühlte sich dabei wie ein neuer Mensch.
Alice strich sich das Haar glatt, setzte sich wieder auf ih- ren Stuhl und nahm den Skizzenblock in die Hand.
Lucien wünschte sich nichts mehr, als sich mit ihr für den Rest des Tages ins Bett zurückzuziehen, doch er trat neben ihren Stuhl und beantwortete, so gut er konnte, die vielen Fragen, die sie ihm zu Bardous Aussehen stellte.
Verblüfft nahm er zur Kenntnis, dass das Bildnis Bardou tatsächlich zu ähneln begann.
„Das ist schon ziemlich gut. Die Augen stehen noch etwas zu nah beieinander, und das Kinn dürfte ein bisschen runder sein. Außerdem ist seine Haut irgendwie ölig. Kannst du das herausarbeiten?“
Aber sie saß nur da, starrte auf das Bild und reagierte nicht auf seine Worte.
Lucien schaute sie an und bemerkte, dass sie ganz bleich geworden war. „Ist alles in Ordnung?“
„Ich kenne diesen Mann.“
„Wie bitte?“
„Das ist Karl von Dannecker, Caros neuer Beau. Ich bin si- cher, dass er es ist, aber er ist kein Franzose – er ist Preuße. Lucien, er wird jede Minute hier sein!“
So kreidebleich hatte Alice ihn noch nie gesehen.
„Er ist hier gewesen? Hier in diesem Haus?“ stieß er hervor. „Während du hier warst? Und Harry?“
„Er hat die letzten Nächte hier bei Caro verbracht.“
Er stieß den übelsten Fluch aus, den sie je gehört hatte, machte auf dem Absatz kehrt und eilte zur Tür.
„Lucien!“
„Mach den Kleinen fertig und zieh deinen Mantel an. Du musst hier weg. Ich schicke dich an einen sicheren Ort. Hol auch Caro. Sie wird dich begleiten müssen. Sag den Dienst- boten, dass sie sich außer Sichtweite halten sollen. Ich will keinen Mucks hören, verstehst du? Marc! Kyle!“ rief er durch den Flur und wandte sich dann zu ihr um. Seine Mie- ne war finster. „Weißt du, wann er kommt?“
„Was hast du vor?“
„Ihn verhaften. Wenn ich Glück habe, ihn töten.“
„Ich möchte bei dir bleiben. Lass mich dir helfen.“
„Himmel, nein. Ich werde versuchen, hier in deinem Haus kein Blut zu vergießen, aber er wird so oder so sterben. He, Sie!“ rief er dem verwirrten Hattersley zu, der bei all dem Lärm herbeigeeilt war. „Lassen Sie für Miss Montague die Kutsche vorfahren. Marc“, sagte er, als der junge Mann den Raum betrat, „Bardou ist hierher unterwegs. Er hat mich verfolgt und sich zu diesem Zweck an Lady Greenwood he- rangemacht. Wir legen ihm einen Hinterhalt, wenn er durch die Tür kommt. Ich will Alice, Harry und Caro von hier weg- schaffen. Bringen Sie sie zum Knight House und richten Sie Damien aus, dass er gut auf sie aufpassen soll. Ich vertraue sie ihm an.“
„Jawohl, Sir.“
„Talbert!“
„Hier, Sir.“
„Können Sie einen Butler spielen?“
„Aber gewiss, Mylord“, antwortete der schmale junge Mann grinsend.
„Gut. Bardou muss die Eingangshalle betreten, damit wir ihn drinnen schnappen können. Er darf gar nicht erst davon- laufen.“
„Verstehe. Ich suche mir einen Frack.“
„Kyle!“
„Hier, Sir!“
„Sorgen Sie dafür, dass die Pferde nicht zu sehen sind, wenn Bardou vorfährt. Wenn er irgendwie entkommt, müs- sen wir allerdings sofort aufbrechen können.“
„Ja, Mylord.“
„Jenkins, O’Shea, überprüfen Sie die Waffen. Sie geben mir Deckung, wenn ich ihn angreife. Vermutlich sollten wir ihn lebend festnehmen, falls er irgendwelche Komplizen hat, die frei in der Stadt herumlaufen. Alice, worauf wartest du noch?“ bellte er, als ihm auffiel, dass sie immer noch dort stand. „Tu, was ich dir gesagt habe!“
„Aber Lucien, Caro wird nicht auf mich hören!“
„Sie muss! Und jetzt geh!“
Sie war so verängstigt, dass sie tat, was er verlangte, und nach oben rannte, um Harry zu holen. Ihre Hände zitterten, als sie ihm Schuhe und Mantel anzog und Peg Tate mitteilte, dass sie mit ihnen ins Knight House kommen müsse. Äußer- lich ruhig, aber mit wild klopfendem Herzen führte Alice die alte Frau, das Kind, Nellie und den restlichen Haushalt in den hinteren Teil des Hauses und gab Luciens Anweisungen weiter; danach ging sie wieder nach oben, um Caro zu holen. Sie atmete tief durch, als sie energisch an die Tür ihrer Schwägerin klopfte, da sie schon jetzt wusste, dass Caro Schwierigkeiten machen würde. Sie hörte, wie ihre Schwä- gerin in ihrem Zimmer leise vor sich hin summte.
„Caro!“ Alice öffnete die
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