Knight 02 - Stuermisches Begehren
was hier vor sich geht. Ich habe das Gefühl, dass du in Schwierigkeiten steckst, oder vielleicht bist du in ir- gendein Verbrechen verwickelt.“
„Du hältst mich für einen Verbrecher?“ fragte er fast schreiend und sprang auf.
„Nun?“
„Alice!“
„Du hast auf dem ganzen Gelände Männer mit Gewehren postiert! Ein ehrbarer Mann braucht keine Wachen ...“
„Verdammt noch mal!“ Einunddreißig Jahre lang hatte er
den Konventionen getrotzt und sich über Anpassung lustig gemacht – das machte sich jetzt bemerkbar. Er starrte sie ab- weisend an, fassungslos, dass sie sich derart einmischte. „Was fällt dir ein?“ donnerte er in erhabenem Zorn. „Sehe ich aus, als würde ich dich brauchen, um mein Leben richtig zu führen?“
Sie zuckte zusammen und senkte den Blick. „Ich versuche doch nur, dir zu helfen.“
„Mir helfen? Unter den Pantoffel willst du mich kriegen, aber das funktioniert nicht. Wenn du mich nicht so akzeptie- ren kannst, wie ich bin, dann verschwenden wir vielleicht nur unsere Zeit.“
„Ach, du nervtötender ... Du behauptest, du wärst ganz al- lein, und dann möchtest du nicht aus deinem Versteck kom- men, um bei mir zu sein, was du mit Leichtigkeit könntest, wenn du es nur versuchen würdest!“
„Die Wachen sind hier, weil ich Feinde habe. Deswegen bin ich noch lang kein Verbrecher!“
„Gewalttätige Feinde?“
Er schnaubte. „Glaubst du etwa, ich verbringe so viel Zeit beim Training, weil es mir Spaß macht?“
„Bist du in Gefahr, Lucien?“
Er seufzte und gab dann mit leisen Gewissensbissen nach, als er bemerkte, wie bleich sie geworden war.
„Kann dir deine Familie nicht helfen? Lord Damien oder Hawkscliffe ...“
„Keine Sorge, Alice. Ich kann mich um mich selbst küm- mern – und um dich auch. Meine Familie hat mit dieser Sa- che nichts zu tun. Bitte sag mir jetzt, was du sonst noch von mir willst. Ich kann es kaum abwarten.“
Sie blinzelte rasch und fasste sich wieder. „Ich möchte, dass morgen Abend die letzte Versammlung in der Grotte stattfindet, und dann soll die Gruppe aufgelöst werden. Ich werde nicht dulden, dass unsere Kinder mit solchen Leuten konfrontiert sind, falls wir ... zusammenbleiben. Und schließlich will ich, dass du dich mit Damien aussprichst. Ich weiß, dass dir eure Entfremdung das Herz bricht.“
„Das ist ja alles lieb gemeint ... aber nein.“
Sie warf den Block beiseite, sprang auf und verschränkte kalt die Arme vor der Brust. „Und wenn ich nun darauf be- stehe? Wenn ich ankündigte, weder in dein Bett zu kommen
noch dich zu heiraten, ehe du die Grotte geschlossen und ge- schworen hast, dass diese schrecklichen Leute nie wieder nach Revell Court zurückkehren?“
Schweigen senkte sich herab, als er sich dieses Ultimatum durch den Kopf gehen ließ. „Ich würde das für eine Erpres- sung halten, die einer Caro würdig wäre. Die Alice Monta- gue, die ich liebe, würde nie ihren Körper gebrauchen, um ihren Willen durchzusetzen.“
Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung.
„Was denn?“
„Du hast gerade gesagt, dass du mich liebst.“
„Und?“
Sie starrte ihn nur mit leicht geöffnetem Mund an, erwi- derte jedoch nicht, dass sie ihn ebenfalls liebe. „Ist es nicht ein bisschen zu früh dafür?“ fragte sie stattdessen schwach. Zutiefst getroffen, schaute er sie an. „Vermutlich schon.“ Dann wandte er sich ab, um zu verbergen, wie verletzt er war, und sammelte seine Kleidungsstücke ein. Er warf sich das weiße Hemd über die Schulter und stolzierte an ihr vor- bei zur Tür. Vielleicht liebte sie ihn ja nicht – bestimmt nicht, er hatte es ja auch nicht verdient – , aber als er ihren staunen- den Blick bemerkte, wusste er, dass sie ihn begehrte. Zumin- dest das war ihm geblieben – wie üblich. Er knallte die Tür hinter sich zu.
Zum Teufel mit dem Weib!
Sophia Voznesensky ist eine halbe Wölfin, dachte Rollo. Erbarmungslos war sie ihm seit London auf der Spur, ob- wohl er auf den verborgensten, verschlungensten Pfaden, die er kannte, nach Westen gereist war. Nachdem sie ihm zwei volle Tage dicht auf den Fersen gewesen war, preiste Rollo Greene sich glücklich, dass er mittlerweile ein Dorf Vor- sprung hatte, während er ihr unter dunkelgrau bewölktem Himmel zu entkommen suchte. Seine Finger waren rot und wund, seine Handschuhe zerfetzt, als er seine Wasserflasche am Dorfbrunnen auffüllte und dann in den Dorfkrug trat und ein Gläschen Gin bestellte, um sich aufzuwärmen und zu
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