Diamanten fuer die Braut
1. KAPITEL
Bethany blickte sich um. An diesem frühen Nachmittag im Februar bot die raue, karge Landschaft auf dem hohen Pass im blassgrauen Licht einen wunderschönen Anblick. Auf den ersten Meilen war die Straße ziemlich gerade an felsigen Hängen entlang verlaufen. Im Rückspiegel hatte sie einen schwarzen Range Rover hinter sich gesehen, der vor etwa einer halben Meile in ein seitliches Tal abgebogen sein musste. Nun war außer ihr niemand mehr auf der Straße unterwegs.
Vormittags hatte sie die Route über die Hauptstraße gewählt, um zu Mrs. Deramack nach Bosthwaite zu gelangen, wo sie einige Antiquitäten begutachten wollte. Doch für den Rückweg hatte sie sich bewusst die einsame Straße ausgesucht, um mehr von dieser wilden, beeindruckenden Landschaft zu sehen, an die sie sich noch von ihrem ersten Besuch im Lake District so gut erinnerte.
Als Bethany an diesen wunderschönen Aufenthalt zurückdachte, fiel ihr unwillkürlich auch ein schmales, attraktives Gesicht mit strahlenden Augen und einem so sinnlichen maskulinen Mund ein, dass sich ihr nur beim Gedanken daran der Magen zusammenzog. Dieses Gesicht hatte sie noch so deutlich in Erinnerung, als läge der Aufenthalt nicht sechs Jahre, sondern erst einen Tag zurück.
Damals war Bethany erst siebzehn Jahre alt gewesen, ein schüchternes, zurückhaltendes junges Mädchen, das Ferienmit seinen Eltern gemacht hatte. Auf der Rückreise von der schottischen Westküste, wo sie im Urlaub gewesen waren, hatten sie beschlossen, im Lake District, dem Nationalpark in der Grafschaft Cumbria, zu übernachten und am nächsten Tag nach London zurückzufahren.
Sie suchten sich eine Unterkunft in Dundale End. Nach dem Abendessen empfahl ihnen die Pensionswirtin ein Konzert im kleinen Gemeindehaus des Dorfes. „Sie müssen unbedingt hingehen, das gesamte Dorf wird dort sein!“
Vor einer provisorischen Bühne waren Sitzreihen in einem Halbkreis angeordnet. Und dort, auf einem unbequemen Plastikstuhl sitzend, verliebte Bethany sich zum ersten Mal in ihrem Leben. Es war Liebe auf den ersten Blick, ein völlig verrücktes, überwältigendes Gefühl, das ihr Herz heftig schlagen und ihren Atem stocken ließ.
Sie sah, wie er den Raum betrat: groß, breitschultrig, leger gekleidet und auf ruhige Art selbstbewusst. Er musste Anfang zwanzig sein, ein junger Mann mit markanten Gesichtszügen, dichtem weizenblondem Haar und hellen, strahlenden Augen. Begleitet wurde er von einem älteren Paar und einer jungen Frau, die etwa in seinem Alter war und ihn mit Joel ansprach.
Joel … dachte Bethany und schloss diesen Namen wie einen kostbaren Schatz in ihr Herz. Weil der junge Mann viele der Anwesenden begrüßte, vermutete sie, er wäre ein Einheimischer. Sehnlichst wünschte sie, noch eine Weile zu bleiben, anstatt schon am nächsten Tag wieder nach London zu fahren.
Immer wieder sah Bethany zu Joel hinüber. Einmal erwiderte er ihren Blick – so eindringlich, dass ihr heiß wurde. Errötend senkte sie den Kopf, und ihr langes dunkles Haar verbarg ihre Verlegenheit.
Während des langen, begeisterten Applauses, der auf die Vorstellung folgte, hielt sie den Blick starr auf die Bühne gerichtet. Vielleicht können wir auf dem Weg nach draußenkurz miteinander sprechen, hoffte sie mit klopfendem Herzen. Doch als sie es wagte, wieder hinüberzublicken, war Joel bereits gegangen. Eine tiefe Enttäuschung hatte Bethany erfüllt, und er war über Monate hinweg in ihren Träumen aufgetaucht.
Die Erinnerung an ihre damalige Verliebtheit wärmte Bethany und lenkte sie ein wenig von ihrem bisher nicht sehr angenehm verlaufenen Tag ab.
Nachdem sie gemeinsam mit ihrem vorwurfsvoll schweigenden Chef im Dundale Inn gefrühstückt hatte, war sie auf der Hauptstraße ins Tal von Bosthwaite zu Mrs. Deramack gefahren. Wie sich herausstellte, war es ein nur nach einer Seite offenes Tal, und das winzige Dörfchen bestand aus wenigen Häusern und einem Bauernhof. Als Bethany feststellte, dass die Straße über den Bauernhof führte, hielt sie an, um sich nach dem Weg zu erkundigen.
„Die alte Mrs. Deramack ist ein bisschen … Sie wissen schon“, warnte der Bauer sie und tippte sich mit einem schwieligen Finger an die Stirn, bevor er zum Haus der alten Dame wies.
Dort angekommen, verstand Bethany schnell, was er gemeint hatte: Wie die alte Dame ihr erzählte, war ihr vor etwa fünf Jahren verstorbener Mann Joseph immer in ihrer Nähe und würde bei jedem vereinbarten Kauf ein Wörtchen
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