Knight 07 - Im Bann der Sehnsucht
Tages mitbringen, an die Le- ben, die wir retten werden. Wir können jetzt nicht aufhören. Wir können es einfach nicht.“
Sie suchte nach Worten. „Ich dachte, wir hätten unsere Unter- stützung verloren. Lord Pembrooke ...“
„... ist ein Schuft!“, ergänzte er. „Aber das macht nichts. Dieser junge Kerl wird unsere Fortschritte nicht aufhalten. Es
stimmt, wir werden Papier und andere Dinge sparsamer ver- wenden müssen, aber von den Indianern haben wir gelernt, aus der Natur zu leben. Und schließlich sind wir Briten! Wir müssen weitermachen.“
„Weitermachen ...“
„Oh ja, meine Liebe. Denn, weißt du ...“ Er beugte sich vor, und trotz seiner mittleren Jahre zeigte er eine geradezu jungen- hafte Begeisterung. „Ich habe einen Plan.“
Oh nein. „Einen Plan?“
Er nickte eifrig. „Wir gehen weiter, Edie. Ins Innere ...“
Sie machte große Augen. „Du meinst doch nicht ...?“
„Ja“, flüsterte er und vermochte seine Begeisterung kaum zu verbergen. „Ins Amazonasgebiet.“
Eden starrte ihren Vater an.
Fälschlicherweise hielt er ihr Entsetzen für Staunen. „Stell dir nur vor, Tochter! Unser größtes Abenteuer – ein noch vielschich- tigerer Lebensraum als diese Urwälder am Orinoco! Das Delta war uns Mutter und Lehrer. Es hat uns vorbereitet. Aber der Amazonas – dort liegt unsere wahre Bestimmung!“ Er drückte ihre Hand und versuchte, seine Begeisterung auf sie zu übertra- gen, aber sie entzog sich ihm und sprang auf.
„Du hast den Verstand verloren!“
„Oh, Edie ...“
„Ich wusste es! Jetzt ist es passiert, genau wie ich es immer be- fürchtet hatte. Die lange Zeit in der Wildnis hat schließlich doch deinen Geist verwirrt, Papa! Gütiger Himmel, vermutlich bin ich als Nächstes an der Reihe!“ Sie schlug sich mit der Hand an die Stirn, aber er lachte nur. „Ich scherze nicht – und ich werde nicht dorthin gehen! Jemand muss bei klarem Verstand bleiben. Sei vernünftig! Dort gibt es Kopfjäger und Kannibalen, keine friedlichen Eingeborenen wie die Waroa – und der Himmel weiß, was noch alles!“
„Unsinn. Connor wird uns beschützen. Ich brauche dich dabei an meiner Seite, Edie. Du weißt, dass ich es nicht ohne dich tun kann. Solange wir zusammen sind, wirst du in Sicherheit sein. Ich verspreche dir, wenn wir erst den Amazonas erobert haben und nach England zurückgekehrt sind, werde ich über unsere Reisen Vorträge halten. Ich werde ein neues Buch schreiben! Ei- nen Bericht, der dem von Humboldts Konkurrenz machen wird! Nie wieder werden wir auf einen weiteren reichen Mäzen ange- wiesen sein.“
Eden hob die Hände und war so außer sich, dass sie kein Wort herausbrachte.
Ihr Vater runzelte die Stirn. „Was ist?“
Auf dem Totenbett hatte sie ihrer Mutter versprochen, sich um ihn zu kümmern, aber wie sollte sie das machen, wenn ihm selbst sein Leben so völlig egal war?
„Vater“, begann sie in strengem Ton und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du bist fünfundfünfzig Jahre alt. Dein Held von Humboldt war ein junger Mann, als er seine Reise an- trat, und ihn hätte sie beinahe umgebracht.“ Diese Bemerkung brachte ihr nur ein verächtliches Schnauben ein und ein paar gemurmelte Worte, die von gekränkter männlicher Eitelkeit sprachen. Daher versuchte sie etwas anderes. Sie setzte sich hin und sah ihren Vater ernst an. „Hast du vergessen, dass sich au- ßerhalb dieses Urwalds Venezuela im Krieg befindet?“
„Natürlich habe ich das nicht vergessen“, meinte er. „Ich bin noch nicht völlig senil. Was soll das heißen?“
„Um das Amazonasgebiet zu erreichen, müssen wir durch die Ebene. Die Ilanos bilden das Hauptschlachtfeld für die spani- sche Krone und die rebellischen Kolonisten.“
„Ja. Wir haben noch Zeit. Derzeit ruhen die Feindseligkeiten. Die Rebellen oben in Angostura kontrollieren das Binnenland, während die Spanier an der Küste bei ihren Schiffen bleiben. Worin liegt das Problem?“
„Das Problem?“ Um ein Haar hätte sie gelacht. Sie wusste nicht einmal, wo sie anfangen sollte. „Zunächst einmal denkt jede Seite, du würdest für die jeweils andere spionieren. Die Spanier glauben, du bist mit den Revolutionären im Bund, und die Kolonisten glauben, du arbeitest für die Spanier.“
„Wenn sie das wirklich glauben würden, hätte man mich inzwi- schen aus dem Land vertrieben. Wirklich, Edie, wie ich den ver- flixten Bürokraten in Caracas schon sagte, ist die Wissenschaft neutral! Ich bin hier zum
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