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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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fühlen sich an wie erfroren oder versteinert. Wieder schiebe ich die Hand in den Koffer und taste nach dem Metallgriff.
    »Aufwachen!«
    Plastik und Glas. Ich erkenne Tablettendöschen, Reagenzgläser und den Stahlgriff eines Skalpells. Inzwischen fährt er im Schneckentempo über eine holperige Straße durch einen dunklen, menschenleeren Bezirk voller verlassener Lagerhäuser.
    »Ich weiß, dass Sie wach sind. So viel habe ich Ihnen nicht gegeben«, wiederholt er. »Gleich halte ich an und hole Sie raus. Und keine faulen Tricks. Noch ein Nickerchen, und dann zeige ich Ihnen etwas, was Sie noch nie gesehen haben. Ich bin sicher, Sie werden fasziniert sein.«
    Ich finde den Folienbeutel mit den Einwegklingen für das Skalpell.
    »Das perfekte Verbrechen«, sagt er. »Und ich bin auf die Idee gekommen, nicht Sie.«
    Ganz langsam und leise öffne ich den Beutel.
    »Eine Methode, jemanden zu betäuben, die nicht nachgewiesen werden kann. Von niemandem. Umweltfreundlich. Sie werden ökologisch verträglich das Zeitliche segnen.« Wieder das freudlose Lachen. »Sie sterben alle ökologisch verträglich. Nur die Knochensammlerin nicht. Wirklich schade. Das tut mir wirklich leid. Es hätte nicht passieren müssen. Aber das alles ist einzig und allein Ihre Schuld. Sie haben Ihre Nase in Dinge gesteckt, die Sie nichts angehen. Es kommt immer auf den richtigen Zeitpunkt an, und Ihre Zeit ist um.«
    Als ich eine Klinge in den Griff stecke, rastet sie mit einem leisen Klicken ein. Ich befürchte, dass er es gehört haben könnte.
    »Aber, aber, was ist denn das?«
    Ruckartig bremst er ab. Die Fahrertür geht auf.
    »Was bilden Sie sich eigentlich ein?«, sagt er beim Aussteigen.
    Er hat das Einrasten der Klinge bemerkt. Ich weiß nicht, welche Tür er aufmachen wird, denke ich, während mich wieder Panik ergreift. Die hintere Tür oder die Heckklappe? Ich muss schnell sein, denn er wird sehen, dass ich nicht mehr in dem Netz gefangen bin.
    »Was bilden Sie sich eigentlich ein?«
    Ich werde auf Kopf, Hals, Gesicht und Augen zielen. Allerdings werde ich Mühe haben, ihn zu sehen. Es ist stockfinster, und in dem SUV ist die Innenbeleuchtung abgeschaltet. Das hat er getan, damit er mich unbeobachtet in den Wagen verfrachten und wieder herausholen kann. Mir fällt auf, dass er den Motor nicht abgeschaltet hat. Er dröhnt laut und klingt anders, so als ob er den Fuß auf dem Gaspedal hätte, was nicht sein kann, da er ja nicht im Auto sitzt. Ich verstehe nicht, was ich da höre, und umklammere das Skalpell, wie ich es noch nie zuvor getan habe.
    Wie ein Messer, um damit zuzustechen und jemanden zu verletzen.
    »Das hier ist Privatgrund«, sagt er, und mir wird klar, dass er nicht mit mir spricht.
    Ich setze mich auf und zücke das Skalpell. Neben uns stehen einige weiße Lastwagen von unterschiedlicher Größe. Sie tragen die Aufschrift
Crystal Carbon-Two
und sind mit einem Logo versehen. Ein Stück entfernt erkenne ich die Startbahnbeleuchtung und den Tower des Logan Airport.
    Wir befinden uns auf der anderen Seite des Hafens, gegenüber dem Flugplatz, auf einer Halbinsel, die den Marine Industrial Park beherbergt, wo die USNS
Comfort
liegt, das Lazarettschiff der U.S. Navy. Ihr weißer Schornstein mit dem roten Kreuz darauf ragt stolz in den schwarzen Himmel. Dann sehe ich ihn im Lichtkegel der Scheinwerfer. Er verzieht empört das Gesicht und hat eine kleine Flasche und einen Lappen von der Größe einer Windel in der Hand. Als er vom SUV zurückweicht, zerschellt die Flasche auf dem Asphalt, und der Lappen flattert davon wie ein Geist. Er rennt los.
    Ich öffne die Tür und steige auf wackeligen Beinen aus. Meine nackten Füße sind taub. Plötzlich wimmelt es überall von Blaulichtern. Streifenwagen und Zivilfahrzeuge kommen angebraust. Er hastet auf ein altes Lagerhaus aus Backstein zu, das am Ufer steht. Doch Marino und Lucy stürzen sich auf ihn.
    Er kippt nach vorn, als wolle er in den Asphalt hineinspringen. Vielleicht hat Lucy ihm ja auch die Beine weggetreten. Dann wirft sich Marino auf ihn und schlägt auf ihn ein. Im nächsten Moment ist eine junge Frau da, so plötzlich wie eine Geistererscheinung. Und ich frage mich, ob ich wieder träume.

Vierzig
    Sie taucht einfach aus den grell blinkenden Lichtern und der Dunkelheit hinter meinem SUV auf, wo, wie ich feststelle, ein schwarzer Maserati parkt. Sie fragt mich, ob alles in Ordnung ist, was ich bejahe. Ich kenne sie nicht, und dennoch muss ich sie schon einmal irgendwo

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