Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)
summt.
Eine SMS von Lucy.
Wer ist Jasmine?,
lese ich im Hinausgehen.
Mildred Lotts verschwundener Hund, der später wieder aufgetaucht ist,
tippe ich in der Dunkelheit ein. Neben meinem SUV parkt jetzt ein zweiter, der vorher nicht da war.
Ein silberfarbener Jeep Cherokee mit ebenfalls silberfarbenem Kühlergrill steht genau neben meinem Auto, obwohl der ganze verdammte Parkplatz leer ist. Ich bekomme ein mulmiges Gefühl, eine Art Flattern im Magen.
Verschwunden??? Warum läuft sie dann nachts draußen rum und sucht ihn?
Steige jetzt ins Auto & rufe gleich an,
antworte ich.
Ich erkenne den silberfarbenen Jeep Cherokee als den, der vorhin bei meiner Ankunft an mir vorbeigefahren ist. Es ist auch derselbe, den ich bereits auf meinem eigenen Parkplatz bemerkt habe, oder zumindest einer, der ihm sehr ähnlich sieht. Ich richte die Fernbedienung auf meinen Wagen, obwohl ich am liebsten die Flucht ergreifen würde, während wieder eine SMS eintrifft.
Jasmine! Jasmine! Wo bist du? Komm her!
Neununddreißig
Ich bin in der Hand von Piraten.
Das Boot, in dem ich mich befinde, hat einen Rumpf aus Metall und ist mit einem Teppich ausgelegt. Es bewegt sich schnell und auf rauer See. Es ist kalt und eng. Ich fühle mich benommen und habe Schmerzen. Am liebsten würde ich jetzt schlafen.
Du darfst nicht einschlafen.
Mir ist übel. Gleich werde ich seekrank. Mir ist schwindelig. Mein Magen macht Sätze, als wolle er mir die Kehle hinaufrutschen. Ich frage mich, ob ich auf den Kopf geschlagen worden bin. Haben sie mich so hierhergeschafft und in den Frachtraum eines alten Bootes geworfen? Ich liege auf dem Rücken und bin in ein Fischernetz eingewickelt. Mir ist schlecht. Ich muss mich übergeben. Aber mein Magen ist leer. Ich darf jetzt nicht unkontrolliert zu würgen anfangen. Sie sollen nicht merken, dass ich aufgewacht bin. Weil ich nicht weiß, ob ich verletzt bin, konzentriere ich mich auf meine einzelnen Körperteile. Bis auf die pochenden Kopfschmerzen scheint alles in Ordnung zu sein.
»Sind Sie wach?«, fragt ein Mann mit lauter Stimme.
Diese Stimme kenne ich.
Ich antworte nicht. Allmählich kann ich wieder klarer denken. Ich bin in einem Auto. Hinten im Gepäckraum, der immer wieder von den Scheinwerfern entgegenkommender Fahrzeuge erleuchtet wird. Umgeben von kartonartigen Schatten hinter den Sitzen. Ich mache mich in der Dunkelheit so klein wie möglich, um mich darin zu verstecken.
Er soll denken, dass du tot bist.
»Inzwischen müssten Sie wach sein«, meint der Mann am Steuer eines der kleinen SUV , die ich eigens für das CFC angeschafft habe.
Ich versuche, mich an seinen Namen zu erinnern, und denke daran, dass er nicht die Spur von Anteilnahme gezeigt hat, als er mir gegenübersaß. Seelenlos. Leer. Keine Gefühle.
»Spielen Sie kein Theater«, sagt er.
Stell dich tot.
»Ihr Theater rettet Sie jetzt auch nicht mehr.«
Ich spüre den Stoff der Kleidungsstücke, die ich heute Morgen angezogen habe. Die Cordhose, den Baumwollpulli und eine Daunenjacke, weil es eiskalt war.
Als ich die Füße aneinanderreibe, sind sie nackt und steif gefroren. Ich stemme sie gegen das Netz und stoße gegen einen harten, viereckigen Gegenstand. Es ist stockdunkel, und ich höre Verkehrslärm. Ich kann mich zwar nicht erinnern, was passiert ist, ahne es aber allmählich. Im nächsten Moment glaube ich zu träumen.
Das ist ein Albtraum. Du musst aufwachen. Es ist nur ein schrecklicher Traum, und alles ist gut.
Ich hole tief Luft und dränge die hochsteigende Galle zurück. Mein Schädel pocht. Als ich weiter tief durchatme, wird mir klar, dass ich wach bin, hellwach, und das hier geschieht wirklich. Ich darf nicht in Panik geraten. Mit den nackten, in ein Netz gewickelten Füßen schiebe ich den harten viereckigen Gegenstand an, bis er ein kleines Stück verrutscht. Er fühlt sich an wie Plastik.
Ein Tatortkoffer.
Wieder spricht mich der Mann am Steuer laut an und fragt, ob ich wach bin. Und wieder antworte ich nicht. Inzwischen weiß ich, wer er ist.
»Jetzt brauchen Sie den Fall nicht mehr aufzuklären«, sagt Al Galbraith. An seiner Stimme erkenne ich, dass er sich immer wieder zu mir umdreht.
Ich versuche, mich so zu bewegen, dass er es nicht bemerkt. Der gesamte hintere Teil des SUV ist als Gepäckraum eingerichtet. Der Rücksitzlehne bleibt ständig umgeklappt. Ich versuche, mir vorzustellen, was alles hier ist. Allerdings fällt mir das Denken schwer. Das Atmen auch. Meine Hände sind frei. Er hat
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