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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Irrtum war. Nein, ich rede von der anderen, Verschwendung, die reine Verschwendung.«
    Ich habe keine Ahnung, welcher Koffer was enthält. Einige sind orangefarben, andere schwarz, doch in der Dunkelheit kann ich keine Farben unterscheiden.
    »Von dem Geräusch, als das Messer den Knorpel durchtrennt hat, ist mir wirklich schlecht geworden. Aber ich dachte mir, wenn Sie das nicht aufweckt, gnädige Frau, dann sind Sie wohl wirklich tot.«
    Er lacht in sich hinein, ein leises Kichern, das ganz und gar nicht belustigt klingt.
    »Leihen Sie mir Ihr Ohr. Seinen Ohren nicht trauen. Denken Sie nur an all die abgedroschenen Redewendungen, in denen das Wort
Ohr
vorkommt. Sie haben nie zugehört. Warum denn nicht? Warum hat Gott den Menschen Ohren gegeben, wenn sie nicht zuhören?«
    Ich darf nicht den falschen Koffer öffnen.
    »Tja, jetzt müssen Sie zuhören. Etwas anderes bleibt Ihnen nämlich nicht übrig. Es ist doch spannend, wie sich manche Dinge entwickeln.«
    Bitte, lass mich nicht den falschen Koffer aufmachen.
    »Sind Sie jetzt endlich wach?«, schreit er. »Das Beste werden Sie nicht riechen. Nun, es riecht irgendwie nach Ozon. Sie kennen doch den Ausspruch, es sei, als entwiche die Luft aus einem Raum. Sie werden feststellen, dass es zutrifft.«
    Ich bin ziemlich sicher, dass der Gegenstand, den ich suche, in dem Tatortkoffer ist, den Marino 16 – 30 nennt.
    »Hören Sie mir zu? Aufwachen!«
    Ich ertaste einen Klapphenkel. Das könnte ein gutes Zeichen sein, aber mein Gedächtnis ist lückenhaft.
    »Ich war so nett zu dir, und das ist mein Lohn. Ich bringe dir Blumen und halte deine eklige Hand.« Er spricht weiter, meint aber eigentlich jemand anders.
    Ganz, ganz langsam schiebe ich eine Plastikschließe hoch und fahre mit den Fingern den Rand des Koffers entlang, bis ich auf die nächste und übernächste stoße.
    »Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich habe dich im besten Heim untergebracht, das es gibt, obwohl ich dir eigentlich ins Gesicht hätte spucken sollen. Weißt du, wie viel mich das in den letzten Jahren gekostet hat? Und das alles nur, weil du mich spät bekommen hast und ich bei einer widerlichen alten Schachtel aufwachsen musste. Nur mir hast du es zu verdanken, dass du in Fayth House wohnen darfst. Aber bist du auch nur im Entferntesten dankbar? Du bist eine verdammte Heuchlerin, und es wird langsam Zeit, dass du es zugibst. Nun, das wirst du schon noch. Bald wirst du dich bei mir entschuldigen.«
    Bitte mach, dass nicht nur Handschuhe und Schutzoveralls drin sind.
    Doch die Größe scheint zu passen. Ein Hartschalenkoffer, der sich wie ein großer Werkzeugkasten anfühlt. Die Koffer mit der Einwegkleidung und den Laken erinnern eher an wasserdichte Transportkisten und werden mit Stahlklappen verschlossen. Ich bin ziemlich sicher. Es ist anstrengend, klar zu denken, und mein Herz flattert wie ein verängstigter Vogel.
    »Du bist eine kaltherzige Fotze. Ich hätte dich krepieren lassen sollen, was du ja eigentlich wolltest. Und genau deshalb habe ich es nicht getan. Eine Matschbirne. Wie ein Zombie liegst du jetzt da oder sitzt in deinem Sessel. Du kannst nicht mehr sprechen, schwingst keine großen heuchlerischen Reden mehr, und mit deinem scheinheiligen Wohltätigkeitsgetue ist es jetzt auch vorbei. Anfangs hat es mir wirklich Spaß gemacht, dich zu besuchen. Du hast in die Hose gepinkelt und ins Bett geschissen und bist mit jedem Tag hässlicher und widerlicher geworden und hast noch schlimmer gestunken. Und wer hat jetzt gewonnen?«
    Ich öffne den Deckel einen Spaltbreit und taste in dem Koffer herum, ohne ihn ganz aufzumachen, denn er ist schwer, und ich möchte kein Geräusch erzeugen. Meine Finger stoßen auf Schaumstoff.
    »Ich weiß, dass Sie wach sind!«, brüllt er, und ich erstarre. »Sagen Sie mir das Passwort für Ihr Telefon!«
    Langsam schiebe ich die Finger in den Koffer und berühre Markierstifte und ein Heftgerät. Utensilien zum Verpacken von Beweisstücken. Also habe ich den richtigen erwischt. Ich greife nach dem Stahlgriff einer kleinen Schere und hole sie heraus. Während ich anfange, das Netz aufzuschneiden, wird der SUV plötzlich langsamer. Ich sehe hohe Straßenlaternen, zerbrochene Fensterscheiben und Wellblechwände, die oben an den abgedunkelten Scheiben vorbeigleiten. Einige der Gebäude, die wir passieren, sind mit Brettern vernagelt.
    Ich bewege mich so vorsichtig wie möglich, als ich Arme und Kopf aus dem Netz befreie. Dann sind auch die Füße frei. Sie

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