Koerpersprache Der Erotik
»sordidus« heißt und gleichzeitig »schmutzig« bedeutet, im Kleiderschrank der Feinsten seinen Platz ergattert. Wer was auf sich hielt, kam seitdem so daher: KARL V, in dessen Reich die Sonne bekanntlich nie unterging, das aufstrebende Bürgertum nach der Französischen Revolution, der gepflegte Dandy Mitte des letzten Jahrhunderts, der Vamp in den zwanziger Jahren - und auch wir! Man braucht sich heutzutage nur umzusehen: in der Oper, im Theater, wenn wir feiern. Und auch dann, wenn uns alles zu bunt wird.
Aber da stimmt doch was nicht! Bloß weil der oben erwähnte Burgunderkönig eine gute Idee hatte, wurde aus der geächteten Farbe flugs die Vorlage für unser kleines Schwarzes, mit dem wir das andere Geschlecht betören?
Da muß doch mehr dahinterstecken! Stimmt auch! Damit etwas einen Sonderstatus erhält, muß es auch besonders schwer zu bekommen sein.
Und richtiges Schwarz galt damals als die Farbe, die am schwersten zu färben war. Solange man mit den herkömmlichen Mitteln wie Ruß, Asche, Eisengerbstoff oder sogar mit gekochtem Heidelbeersaft färbte, sahen die Stoffe tatsächlich eher schmutzig als schwarz aus. Als die Spanier zu Beginn des 16. Jahrhunderts Mexiko eroberten, entdeckten sie j dort den
Blauholzbaum. Und mit dessen Säften ging die Schwarzfärberei erst richtig los. Dummerweise färbte Blauholz
aber noch nicht tiefschwarz, was die Färber vor neue Probleme stellte. Da gab es auf der einen Seite die Schönfärber, die laut Zunftordnung nur edle Stoffe mit Naturfarben behandeln durften, auf der anderen Seite die Schlichtfärber, die nur minderwertige Textilien mit minderwertigen Produkten färbten.
Aber weder Schön- noch Schlichtfärbern gelang ein Schwarz, das dem König gefiel. Aus der Not machten sie einen Kompromiß: Die einen färbten edel vor, die anderen behandelten minderwertig nach. Dann mußten noch bis zu zweiundzwanzig Zu-satzfarben angewandt werden. Und so wurde durch diese Handwerkskunst Schwarz zu einer extrem teuren Farbe. Eigentlich merkwürdig. Da zieht sich Schwarz wie ein roter Faden durch die Geschichte des Luxus und der Moden. Aber sein Stellenwert als Symbol für Bedrückendes wiegt schwerer als die anderen Bedeutungen.
Schön, sicher kann man mit Schwarz auch seine Stimmung ausdrücken: Wenn jemand sein Zimmer in Schwarz streicht, dann vermuten Farbpsychologen, daß hier kein sonniges Gemüt den Pinsel geschwungen hat.
Taucht irgendwo eine Nähnadel mit einem schwarzen Faden auf, glauben manche an ein bevorstehendes Unglück.
Aber davon will ich nicht reden. Erinnern Sie sich noch an die fünfziger Jahre? Da ging man in schwarzen Röhrenhosen, darüber lange schwarze Pullis. JULIETTE GRECO, schwarzhaarig, schwarz gewandet, sang in düsteren Existentialistenkneipen. Später kamen die Rocker in schwarzen Lederjacken. Schwarz und etwas schmuddelig verunsicherten uns dann die Punker. Wer sich in der Sado-Maso-Szene auskennt, der weiß, daß hier schwarzes Leder zur Liebe gehört.
Zu glauben, all diese Gruppen seien aus tiefstem Herzen bitter traurig, wäre ein bißchen simpel. Ihre Vorliebe für Düsteres hat eine andere Tradition, denn Schwarz war schon immer die Farbe schwelender Empörung.
Freibeuter und Piraten segelten unter schwarzer Flagge. Bei Demonstrationen wurde Schwarz getragen. Und aus Provokation gegen Spießer und Langweiler griffen schon die Freigeister der Romantik zur schwarzen statt zur üblichen weißen Krawatte.
Daß Schwarz auch heute im Alltag immer noch etwas leicht Provozierendes an sich hat, weiß jeder, der sich gern von Kopf bis Fuß so kleidet. Man macht damit auf sich aufmerksam und hält doch gleichzeitig Abstand. Schwarz signalisiert Willensstärke und Strenge. Wer Schwarz trägt, sieht bedeutend aus, strahlt aber auch die irritierende Mischung von Eleganz und Gefahr aus: Schwarze Panther sind schön, mörderisch und erotisch. Schwarz umrandete Augen sind geheimnisvoll. Schwarz-
haarige Frauen gelten als rassig, schwarzgelockte und glutäugige Männer als feurig. Und bitte nicht zu vergessen - heute gibt es sogar schon schwarze Präservative. Damit die Verhütung sündhaft schön wird!?
Weil Sexualität und Sünde nach jahrhundertelanger Betrachtungsweise als Zwillingsschwestern daherkamen, wird Schwarz, je näher es der Haut rückt, die ideale Farbe für Frivoles, Kokettes und Verruchtes.
Daß schwarze Schleier und auch kajalumrandete Augen ursprünglich nicht die Männer anziehen, sondern die Geister fernhalten sollten,
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