Kohärenz 02 - Hide*Out
niemals etwas von Hideout erzählt! Nicht ein Wort. Weil er versprochen hatte, über diesen Ort zu schweigen. Und dieses Versprechen hat er gehalten.«
George tauschte einen Blick mit Christopher, dann sagte er: »Aber jetzt sind wir hier.«
»Das schon«, erwiderte Jeremiah. »Aber nicht weil Brian sein Versprechen gebrochen hat. Als wir aus dem letzten Camp geflüchtet sind, hat er mir nur erklärt, dass er vielleicht einen Unterschlupf für uns wisse, aber erst nachsehen müsse, ob es den noch gäbe. Mehr nicht. Dann ist er gegangen. In Wirklichkeit wusste er sehr wohl, dass Hideout noch existierte und dass die Anlage noch bewohnt war; er ist hierhergekommen, um die Bewohner zu fragen, ob sie uns aufnehmen würden. Und dann erst ist er zurückgekommen und hat mich eingeweiht!«
Irgendwie beeindruckend, fand Christopher.
Jones öffnete eine der vielen schweren Bohlentüren, die in dieser Anlage die Zugänge zu bewohnten Räumen verschlossen. Hinter dieser Tür lag eine riesige, mit allen nur erdenklichen Maschinen ausgestattete Werkstatt und da saß er: Brian Dombrow, der bärtige Riese, der immer ausgeblichene Wollpullover trug und selten etwas sagte. Er war nicht allein, sondern saß im Kreis seiner alten Hideout -Freunde, die ihm in Sachen Outfit und Bartwuchs so ähnlich sahen wie Geschwister.
»Hi«, begrüßte er Christopher und George. »Hab gehört, ihr habt den Mädchen aus der Patsche geholfen. Gut.«
Für seine Verhältnisse war das schon geradezu eine Festansprache.
»Ich stell euch mal die verrückten alten Kerle vor, mit denen ich früher hier gehaust habe«, fuhr er fort und rasselte ein paar Namen herunter, von denen sich Christopher nur einen merkte: Clive Tucker. Das war der schrillste Typ von allen. Er trug einen verschmierten bonbonlila Overall und hatte seinen langen Bart zu zwei Zöpfen geflochten, die im Nacken miteinander verknotet waren.
»Klar, man muss schon einen ziemlichen Sprung in der Schüssel haben, dauernd hier drinnen zu leben«, erklärte Clive knurrig. »Aber mir gefällt’s.«
Die anderen grinsten breit.
Später kehrten sie in den großen Aufenthaltsraum zurück, der zugleich Küche und Speisesaal war. Hier hatte die Decke eine ringsum laufende Vertiefung, in der Leuchtstoffröhren so angebracht waren, dass ihr Licht auf wild wuchernde Kräuterbeete herabrieselte und man dadurch beinahe glauben konnte, mitten in einem Garten zu sitzen. Einige Frauen und ein paar Männer, darunter Dylan Farrell, waren dabei, das Abendessen vorzubereiten.
Jeremiah Jones zog zwei Blatt Papier aus einer Schublade und reichte sie Christopher. »Lies das mal und sag mir, ob ich alles richtig wiedergebe.«
Es war der Ausdruck eines Textes, der zusammenfasste, was es über die Kohärenz zu sagen gab. Und er war ziemlich treffend formuliert – besser, als Christopher es je gekonnt hätte.
»Gut«, sagte er. »Ist das der Artikel?«
»Ja. Geplant ist, dass er am 1. Juli erscheint. In knapp fünf Wochen also.« Jones strich sich über den kahlen Schädel. »Anfangs hat es so ausgesehen, als würden wir ihn nirgends veröffentlicht kriegen. Doch dann sind Kyle und Serenity mit diesem Musikproduzenten hier aufgetaucht, Zack van Horn, der Madonna unter Vertrag genommen hat. Und wie das Leben so spielt, hat sich herausgestellt, dass Zack seit Jahren mit einem Netzwerk unabhängiger Medienleute zusammenarbeitet. Er hat es organisiert, dass der Artikel nun in über tausend verschiedenen kleinen Zeitschriften, Magazinen und lokalen Zeitungen erscheinen wird und dass die Radiostationen des Netzwerks eine Dokumentation senden. Die müssen wir allerdings noch produzieren.«
»Und du glaubst immer noch, dass das irgendwas bewirken wird?«, rief Serenitys Mutter, die hinter der Küchentheke stand und irgendetwas klein schnitt.
»Nun, die Menschen werden sicher nicht am nächsten Tag Richtung Washington marschieren«, räumte Jeremiah Jones ein, »aber es wird der Heimlichtuerei der Kohärenz ein Ende setzen. Wir zerren sie damit ans Licht – das wird es bewirken.«
»Ach, Jerry. Du bist und bleibst ein Träumer.«
»Jedenfalls«, meinte Jones, ohne auf diesen Einwand einzugehen, »kommst du an diesem Punkt wieder ins Spiel, Christopher. Dein Part ist die E-Mail-Kampagne, über die wir gesprochen haben. Wäre schön, wenn die genauso viel auslösen würde wie die, mit der du Madonna berühmt gemacht hast.«
»Kein Problem«, sagte Christopher. Ihn beschäftigte etwas ganz anderes. »Und Madonna
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