Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
Vom Netzwerk:
kann.
    "Ich weiß nicht, ob du das andere so gern hörst."
    Die Angelika hat sich eine angeraucht: "Und das wäre?"
    "Das wäre: Wieso du mir nichts von den Spielschulden von deinem Vater gesagt hast."
    "Und?"
    "Und wo bist du eigentlich an dem Nachmittag gewesen, wo der Bimbo sich an seiner Goldkette verschluckt hat?"
    Die Angelika hat den Rauch so heftig ausgestoßen, als müßte sie damit eine Gelse erschießen. Da hat es den Brenner nicht gewundert, daß es ihr im Rückstoß den Kopf derart arrogant in den Nacken geschleudert hat. "Daß ich nicht lache", hat sie mit der restlichen Luft ausgestoßen.
    "Wäre nicht das erste Mal, daß ein Vater seinen Schädel für die Tochter hinhält."
    "In dem einen Punkt hast du recht: Mein Vater hat es wirklich nicht getan."
    "Ich glaub auch nicht, daß es dein Vater getan hat. Er ist viel zu schwach, um den Bimbo zu erwürgen."
    "Und mir traust du es zu?" hat sie gelacht.
    "Nicht, daß du es getan hast. Aber daß du was weißt."
    Die Angelika hat die Aschenbecher in den Mistkübel geleert und den Mistkübel in einen riesigen Müllsack. Dann hat sie den Müllsack in den Speisenaufzug gestellt. Im
Golden Heart
gibt es zwar kein Essen, aber früher ist oben ein Restaurant gewesen und herunten im Souterrain die Küche, wo heute das
Golden Heart
ist. Dann zehnmal umgebaut, und heute ist aus dem Speisenaufzug der Mistaufzug geworden.
    "Bis vor zwei Tagen hat mein Vater 800000 Schilling minus auf dem Konto gehabt. Und 700000 hat er dem Bimbo noch geschuldet."
    Die Angelika hat nebenbei den Gläserspüler eingeschaltet und die offenen Weinflaschen mit so einem grausigen Gummistöpsel verschlossen. Dem Brenner ist aufgefallen, daß sie ganz eigene Fingerbewegungen entwickelt hat, damit sie sich ihre fünf Zentimeter langen Nägel nicht abbricht.
    "Seit zwei Tagen ist das Konto ausgeglichen. Und die geschiedene Frau vom Bimbo hat ihre Forderungen zurückgezogen."
    Der Brenner hat heute seinen musikalischen Tag gehabt, weil er hat jetzt fast gesungen: "Wer wird das bezahlen? Wer hat das bestellt? Wer hat so viel Pinkepinke? Wer hat so viel Geld?"
    "Das frag ich mich auch", hat die Angelika auf einmal ganz düster gesagt. Aber ich weiß jetzt nicht: düster wegen der Angelegenheit, oder düster, weil er wie das depperte Lied geredet hat.
    "Das heißt", hat der Brenner wieder wie ein normaler Mensch gesagt, "dein Vater kriegt jetzt acht Jahre, vier davon nur bedingt, weil ihn der Bimbo tyrannisiert und provoziert hat. Und nach zwei Jahren ist er wegen guter Führung wieder heraußen und seine Schulden los."
    Die Angelika hat die Eiswürfelbox ausgewaschen, mit frischem Wasser gefüllt und sie ins Gefrierfach zurückgestellt.
    "Eineinhalb Millionen in zwei Jahren. So viel hat dein Vater noch nie verdient."
    "Ich auch nicht."
    "Und wer ihm das zahlt, weißt du nicht zufällig?"
    "Woher soll ich das wissen?"
    "Du wohnst bei uns, und du arbeitest für den Rettungsbund.
    Du müßtest doch einiges hören." "Wahrscheinlich zahlt es derjenige, der den Bimbo wirklich auf dem Gewissen hat."
    Da gibt es diese Menschen, bei denen du nicht weißt, ob sie sich blöd stellen oder ob sie wirklich so naiv sind. Sollst du ihnen ein bißchen auf die Zehen steigen, oder sollst du dich mit ihnen friedlich weiter unterhalten?
    "Hast du schon einmal was von der Rupprechterin gehört?" hat der Brenner es ein bißchen hintenherum probiert, sprich Themenwechsel.
    "Solang ich mich erinnern kann, hat mein Vater über sie geflucht."
    "Das kann ich verstehen." Der Brenner hat sich einfach eine von den Zigaretten der Angelika genommen, obwohl er keine einzige mehr geraucht hat, seit er bei der Rettung angefangen hat. "Die Irmi ist die Hauskrankenpflegerin von der Rupprechterin gewesen."
    "Weiß ich", hat die Angelika gesagt und ihm Feuer gegeben.
    "Du weißt auch alles."
    "Ich wohne bei euch, ich arbeite hier. Da hört man so einiges."
    "Wieso hast du es mir nicht gesagt?"
    "Daß die Irmi Hauskrankenpflegerin bei der Rupprechterin war? Was soll daran wichtig sein?"
    Der Brenner hat seine Zigarette nach zwei Zügen wieder ausgedämpft.
    "Die war doch bestimmt bei noch zwanzig anderen Schreckschrauben Hauskrankenpflegerin", hat die Angelika mit den Schultern gezuckt.
    Die Angelika hat ein paar leere Bierflaschen in eine Bierkiste gestellt, dann die Bierkiste auf eine zweite Bierkiste, und dann hat sie mit dem Fuß die beiden Kisten so über den Steinboden geschoben, daß dieses furchtbare Schultafelgeräusch entstanden

Weitere Kostenlose Bücher