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Komm, suesser Tod

Komm, suesser Tod

Titel: Komm, suesser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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man sagt, man hätte ihn lieber sterben lassen sollen. Er kann nicht einmal mehr richtig reden, kriegt überhaupt nichts mehr mit."
    Dem Brenner ist die Geschichte so eingefahren, daß er eine Zeitlang gar nichts mehr gesagt hat.
    Aber dann hat er es doch wissen wollen. "Wer ist der andere gewesen?"
    Die Lanz-Tochter hat die Likörflaschen vor sich aufgereiht: Erdbeer. Himbeer. Kiwi. Schokolade.
    "Der Bimbo."
    Scheiße, hat der Brenner gedacht.
    Die Angelika hat mit einem Bund von Holzlinealen den Pegelstand in den Schnapsflaschen abgemessen und das Resultat in ein kariertes Schulheft eingetragen.
    Mit voller Wucht mitten ins Hirn.
    Dem Brenner hat der Gedanke so weh getan, daß er am liebsten aufgeschrien hätte. Der Gedanke, der ihm mit voller Wucht mitten ins Hirn gedonnert ist: Daß die Kugel von vornherein der Irmi gegolten hat. Daß der Mörder nur durch den Stenzl durchgeschossen hat, um seine Absicht zu verschleiern.
    "Was pfeifst du da?" hat die Angelika gefragt, während sie in ihr Heft geschrieben hat.
    "Keine Ahnung", hat der Brenner gesagt.
    Obwohl er schon lange nicht so eine fürchterliche Ahnung gehabt hat wie in diesem Moment.
     

11
    Wie der Brenner die Angelika stumm bei ihren letzten Handgriffen im
Golden Heart
beobachtet hat, hat er eine interessante Entdeckung gemacht: Wenn du heute als Detektiv zuviel an den Tod denkst, kann es leicht passieren, daß der Tod zur Abwechslung auch einmal an dich denkt.
    Obwohl man ja sagt, daß der Tod eine kalte Hand hat. Und die Hand, die dem Brenner jetzt von hinten den Hals zugedrückt hat, ist eine warme Hand gewesen. Und die Hand, die ihm den Arm auf den Rücken gedreht hat, hat sich auch ganz normal angefühlt. Ich möchte nicht sagen menschlich, weil wenn dir jemand halb die Schulter auskegelt, sagt man nicht gern menschlich, Temperatur hin oder her. Und an der fremden Kniescheibe ist ihm auch nicht ihre Kälte aufgefallen, sondern ihre Härte, unter der seine Rippe sofort abgeknickt ist wie der reinste Zahnstocher.
    Aber interessant! Bei den Rippen hat er es zuerst gar nicht gespürt. Beim Atmen hat er es zuerst gespürt. Besser gesagt: Atemversuch, sprich Erstickungsanfall.
    Deshalb hat der Brenner jetzt kurz die beiden Watzek-Betonfahrer mit dem Tod verwechselt. Obwohl ihn die Betonfahrer gar nicht erschlagen haben. Sie haben ihn nur so in den winzigen Speisenaufzug gestopft, daß der Brenner geglaubt hat, Höllenfahrt, wie sie ihn in den Keller hinuntergelassen haben.
    Dabei war es unten viel schöner als oben, so ein bißchen Pokersalon in Las Vegas, mußt du dir vorstellen. Plüsch und Spiegel und alles. Ich persönlich war zwar nie in Las Vegas, aber Fernsehen. In Salzburg war ich einmal in einer Las-Vegas-Bar, und ob du es glaubst oder nicht: Um vier Uhr früh habe ich dort eine blinde Frau kennengelernt.
    Das wäre vielleicht eine interessantere Geschichte, aber leider nicht jugendfrei. Jedenfalls, wo bin ich stehengeblieben. Der Las-Vegas-Salon unter dem
Golden Heart
. Er war ungefähr so groß wie das Kreuzrettungskellerstüberl, aber schon wesentlich eleganter. Mit einem riesigen Billardtisch, wie ihn die Engländer haben. Links fahren, zu große Billardtische und Prinzen mit abstehenden Ohren, das ist ein Volk. Aber bitte. Auf dem Billardtisch im
Golden-Heart-Keller
hat momentan sowieso keiner gespielt.
    Die Männer sind um einen Spieltisch gesessen und haben den Würfelbecher kreisen lassen: der Watzek-Chef persönlich. Der Chef vom Rettungsbund persönlich. Und der Berti persönlich.
    "Gut, daß Sie endlich kommen", hat der Rettungsbündler gesagt und den Würfelbecher geschüttelt. "Uns fehlt eh noch ein Mann."
    Weil der Berti hat nicht gewürfelt. Mit beiden Händen hinterrücks an den Billardtisch gefesselt ist schwer würfeln.
    Aber interessant! Im Verhältnis zum kleinen Berti mit seinen zwei Metern war der englische Billardtisch von den Proportionen her wieder in Ordnung.
    Wie sich der Brenner aus dem Speisenaufzug gezwängt hat, hat er gefürchtet, die gebrochene Rippe kommt ihm vorn bei der Brust heraus, und der Watzek-Chef verwechselt womöglich die Rippe mit einem Pistolenlauf und erschießt ihn, praktisch Notwehr. Aber Gott sei Dank, die Rippe ist nicht herausgekommen. Es war nur so eine subjektive Täuschung, rein vom Schmerz aus betrachtet.
    Und im nächsten Moment hat sich der alte Watzek schon persönlich überzeugt, ob der Brenner bewaffnet ist. Obwohl die Arbeiter ihm im
Golden Heart
oben natürlich schon

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