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Kommissar Pascha

Kommissar Pascha

Titel: Kommissar Pascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Su Turhan
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wie von ihm erwartet wurde: »Natürlich verstehe ich dich, Furat, mein Freund. Die Ehre meiner Familie ist mir genau so heilig wie dir.«
    »Gut, dann sind wir uns einig. Um den Rest brauchst du dich nicht zu kümmern. Die Auslagen für den Mann verrechnen wir in unseren Bilanzen«, entgegnete Furat, froh über das schnelle Einverständnis. Dann stand er auf und nahm im Sessel neben seinem müden Freund Platz.
    »Wen willst du schicken?«, fragte Güzeloğlu nebenbei und bot ihm eine frische Feige an.
    Furat lehnte dankend ab, trank dafür aber einen Schluck von seinem Gin Tonic.
    »Was nützt es dir, wenn du weißt, wer er ist? Ich setze den Mann bei allen großen und wichtigen Geschäften ein. Er hat mich bisher nie enttäuscht. Das Komische ist, ich habe ihn selbst noch nie getroffen«, erklärte er und lachte vergnügt auf. »Er wird
Alman
genannt. Wegen seiner Tugenden. Seine Dienste verrichtet er ordentlich und gründlich. Das passt zu Deutschland, meinst du nicht auch?«
    Güzeloğlu zuckte zusammen. In Furats Worten lag eine gewisse Drohung. Er nahm alle Kraft zusammen und antwortete unbekümmert: »Dein geheimnisvoller Mann wird dir nichts anderes berichten können, als dass Gül noch Jungfrau ist. Darum geht es dir doch, nicht wahr?«
    »Du hast recht, Süleyman, genau darum geht es mir«, machte Furat deutlich. »Das Fundament meines Geschäfts ist die Tradition. Mein Sohn Uğur heiratet ein unversehrtes Mädchen oder gar nicht.«
    »Aber natürlich, dein Sohn wird meine Tochter als Jungfrau zum Imam führen«, erwiderte Güzeloğlu voller Überzeugung und entschuldigte sich abrupt, um die Toilette aufzusuchen. Dort übergab er sich. Lautlos, um keinen Verdacht aufkommen zu lassen. Das Morphin, das ihm sein Leibarzt Dr. Bower für die Reise mitgegeben hatte, vertrug er immer schlechter.

[home]
    2
    D ampfschwaden strömten aus den Öffnungsschächten. Weißes, grelles Licht vermischte sich mit roten Spotlights, die wie Finger über den Körper der Frau auf der Bühne wanderten.
    Das Speed in der Maximilianstraße – Prachtmeile und Luxusoase für Besserverdienende – übertraf den Ruf des legendären P 1 am Haus der Kunst seit einigen Monaten. Wer dort hereinkam, war mehr als angesagt in der High Society Münchens. Ein knallharter Türsteher, der nach Gutdünken selektierte, gehörte der Vergangenheit an. Ein im Unterarm implantierter Minichip war die Eintrittskarte für den elitären Club.
    Gül Güzeloğlu, die vierundzwanzigjährige Tochter des Dönerunternehmers Süleyman Güzeloğlu, hatte den Chip mit der Codenummer 003 . Von Anfang an sorgte sie mit Auftritten und Skandalen aktiv für den guten schlechten Ruf des Clubs. Sie verlangte kein Geld dafür. Davon hatte sie genug. Nur die horrende Rechnung über die Unmengen Wasser, die sie in sich hineinschüttete, war sie nicht gewillt zu zahlen. Die normalen Gäste erledigten das leidige Begleichen der Rechnung durch einfaches Hochhalten des Chip-Arms. Der Scanner erledigte den Rest. PayPal oder Kreditkarte. Dem System war das egal.
    Es war Donnerstag. Karaoke-Night. Güls Vater war auf Geschäftsreise in Istanbul. Sie nutzte die letzten Tage Freiheit vor ihrer Verheiratung und hatte sich von Metin Burak, dem alten Freund ihres Vaters und seit fünf Jahren ihr Chauffeur, in den Club fahren lassen. Für ihren Auftritt hatte sie sich
Paparazzi
von Lady Gaga ausgesucht. Der Popsong dröhnte über die versteckte Lautsprecheranlage durch den vollbesetzten Club. Fotografieren war verboten. Handys und sonstiger elektronischer Schnickschnack mussten an der Garderobe abgegeben werden. Wer sich nicht daran hielt und erwischt wurde, flog raus. Den Chip unter der Haut entfernte eine Ärztin im Krankenschwester-Look mit einer Saugpistole. Ein Pieks – und man war verbannt aus dem Szenelokal. Trotzdem drangen heimlich geschossene Fotos und Filmchen aus dem Club an die Öffentlichkeit. In der Regel zahlten Online-Portale ordentlich für Exklusivrechte an blanken Brüsten, besoffenen Stars oder vermeintlich kopulierenden Paaren in den blitzblank gereinigten Toilettenfluchten.
    Gül Güzeloğlus Ruhepuls lag morgens um die achtzig Schläge pro Minute. Wenn sie wie jetzt mit dem fast durchsichtigen, weiß fluoreszierenden Ganzkörperanzug auf der Bühne tanzte, bewegte sich der Puls bei neunzig. Sie genoss es, im Mittelpunkt zu stehen. Sie genoss es, als Frau wahrgenommen zu werden. Ihre Reize auszuspielen. Empfand es als Privileg, als Frau auf die Welt gekommen

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