Kommt ein Löwe geflogen
auf uns aufpassen.«
Dok wurde etwas verlegen. »Die Sache ist die«, sagte er, »daß ich ein ziemlich schlechtes Gewissen habe. Wegen des Krokodils im Löwenkäfig. Wer weiß, wie es ihm geht.«
»Ph«, machte Schipp. »Es wird schon keine Krokodilstränen vergießen.«
»Ja, aber es ist einsam, und wir haben ihm versprochen, daß es zu einer Krokodildame kommt. Das weiß der Wärter nicht. Ich schleiche mich heimlich aus dem Haus und gehe hinten herum, wo mich der Dieb bestimmt nicht sieht, schnell in den Zoo. Ra fliegt inzwischen weg, und in einer halben Stunde treffen wir uns hier wieder — und dann sehen wir weiter.«
»Das ist nett von dir«, meinte Pips. »Das arme Krokodil ist bestimmt sehr traurig.«
»Na gut«, entschied Kim. »Es ist zwar ein bißchen gefährlich, aber ich kann dich verstehen.«
»Versprochen ist versprochen!« sagte Ra, der sich auch ein bißchen für das Krokodil verantwortlich fühlte. Er sprang aufs Fensterbrett, schwang sich in die Luft und war bald verschwunden.
Dok verließ das Haus. Er ging, geduckt unter den Mauern und verborgen hinter den Büschen, zum Zoo und wunderte sich, daß das Tor noch verschlossen war, denn es war doch längst Öffnungszeit. Er klopfte kräftig am Wärterhaus und hörte den Wärter rufen: »Wer ist da? Ein Löwe, ein Kamel, ein Krokodil oder ein Gespenst mit einem Teppich?«
»Ich bin es, Dok!« sagte Dok. »Laß mich rein.«
»Gut, daß du kommst«, sagte der Wärter. »Ich trau mich nämlich nicht raus, weil es im Zoo spukt.«
»Unsinn!« sagte Dok.
»Doch, doch.« Der Wärter beharrte auf seiner Meinung.
»Na, dann wollen wir mal nachsehen«, meinte Dok.
»Aber ich gehe nicht mit.«
»Gib mir die Schlüssel zu den Käfigen.«
Dok nahm die Schlüssel und ging zum Löwenhaus, wo Krodi betrübt hinter den Gittern lag und weinte.
»Warum weinst du denn?« fragte Dok.
»Na hör mal«, schluchzte Krodi. »Ihr versprecht mir eine Frau, und dann sperrt ihr mich hier im Löwenkäfig ein, ganz allein liege ich hier eine ganze Nacht, völlig im Trockenen. Und Hunger habe ich auch. Schließlich habe ich seit Tagen nichts mehr zu essen bekommen.«
»Trockne deine Tränen«, sagte Dok. »Ich bin gerade deshalb wieder zu dir gekommen.«
Er schloß die Tür auf. Krodi trottete naseschniebend hinaus.
»Komm«, sagte Dok.
»Warte mal«, meinte Krodi. »Ich sehe bestimmt nicht schön aus. Würdest du mir mal mit deinem Taschentuch die Nase putzen und die Augen auswischen — oder lieber umgekehrt, erst die Augen auswischen und dann die Nase putzen.«
»Natürlich«, sagte Dok. »Aber ich wollte dir eigentlich vorschlagen, ein Erfrischungsbad in diesem Wassergraben zu nehmen.«
»Sehr guter Gedanke«, brummte Krodi, patschte zum Wasser und ließ sich mit einem mächtigen Platscher von einem Stein hineinplumpsen.
Der Zoowärter hörte das, schlug die Hände vors Gesicht und flüsterte: »Ach du liebe Güte, jetzt hat das Gespenst den guten Doktor ins Wasser geschubst. Da hilf t nichts, ich muß ihn retten und ihn wieder rausziehen.« Er verließ mutig sein Wärterhaus — und sah einen Doktor, der vergnügt über der Mauer des Löwengeheges lehnte und einem Krokodil zusah, das noch vergnügter im Wasser badete.
»Es ist ja doch ein Krokodil!« staunte er. »Ja, aber wo sind denn der Löwe und das Kamel und der Teppich?«
»Ich erklär es dir später«, sagte Dok. »Es geht alles mit rechten Dingen zu, wenigstens so ziemlich.«
Krodi schob sich nun aus dem Wasser, der Wärter und Dok nahmen es in ihre Mitte und führten es zum Krokodilgehege. Dok begrüßte im Vorbeigehen die anderen Tiere, die ihm freudig zuwinkten.
Im Krokodilgehege lag eine schlanke, einsame Krokodildame, die ihnen zurief: »Ist es wahr, daß ich einen Mann bekomme?«
»Aber du bist ja ganz allerliebst!« japste Krodi, der so schnell er konnte — der Wärter hatte kaum Zeit, das Gatter zu öffnen — zu ihr stürzte.
Zärtlich schauten sich die beiden Krokodile an.
»Komm«, sagte Dok zum Wärter. »Lassen wir das junge Glück alleine.«
»Ich werde ein Inserat in der Zeitung aufgeben: Kommt in den Zoo, neues Krokodil soeben eingetroffen!«
»Bitte warte damit noch einen Tag«, sagte Dok. »Jemand soll nämlich nicht wissen, daß das Krokodil hier ist.«
Ras komische Geschichte
Kurze Zeit später war Dok wieder zu Hause. Kim, Pips, Wu, Schipp und — nicht zu vergessen — Löwe erwarteten ihn schon ungeduldig.
Gerade wollte er sich danach erkundigen, ob noch keine
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