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Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes

Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes

Titel: Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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PROLOG
     
     
    Oktober 2204
     
    »Sie sind da reingegangen.« Sherry wies nach vorne.
    Der Nachmittag war ruhig, gefährlich ruhig. Die Sonne hing an einem wolkenlosen Himmel. Natürlich war es keine strahlende Sonne. Die Quiveras-Staubwolke, in der dieses System bereits seit dreitausend Jahren gefangen war, ließ das nicht zu. Randall Nightingale sah sich nach den Bäumen um, dem Fluss und der hinter ihm liegenden Ebene, und ihm kam es in den Sinn, wie selten doch in diesem äquatorialen Gebiet ein richtiger Sommertag war.
    Im Geiste spielte er die Schreie noch einmal ab. Und das Stakkato der Stingerschüsse.
    Sein Pilot Cookie kontrollierte seine Waffe. Tatia schüttelte den Kopf und fragte sich, wie Cappy so dumm hatte sein können, einfach wegzugehen. Sie war ein junger, ruhiger Rotschopf, deren sonst so freundliche Miene momentan recht düster aussah.
    Andi betrachtete die Bäume, als würde sie einen umherschleichenden Tiger beobachten.
    Capanelli und seine beiden Kollegen waren kurz nach der Morgendämmerung aufgebrochen, wie Sherry erneut ausführte. Obwohl ihnen strikt verboten war, sich außer Sichtweite der Landefähre zu begeben, waren sie in den Wald gegangen. Und nicht wieder herausgekommen.
    »Sie müssen doch gehört haben, was passiert ist«, sagte Nightingale. Die drei Mitglieder des Suchtrupps waren in Flickingerfelder gehüllt und unterhielten sich per Funk.
    Sherry zog ein verlegenes Gesicht. »Ich war im Waschraum. Tess hat mich gerufen, als es losging.« Tess war die bordeigene KI. »Als ich draußen war, war schon alles vorbei. Da war gar nichts mehr.« Ihre Lippen zitterten, und sie sah aus, als stünde sie an der Grenze zur Hysterie. Tess hatte einige Sekunden lang Schreie aufgezeichnet. Und das war auch bereits alles, was sie in der Hand hatten.
    Nightingale versuchte die Vermissten zu rufen, aber er hörte nichts weiter als die Trägerwelle. »Okay«, sagte er. »Gehen wir.«
    »Wir alle?«, fragte Andi, eine stämmige Blondine, die normalerweise nie um eine witzige Bemerkung verlegen war. Wie sie alle. Im Augenblick war jedoch auch sie ganz auf ihre Arbeit konzentriert.
    »Je mehr, desto besser«, sagte er.
    Sie verteilten sich über das harte, trockene Gras und sahen einander an, sich gegenseitig wortlos ihre Unterstützung zusichernd, ehe sie Richtung Waldrand losmarschierten. »Da«, wiederholte Sherry. »Sie sind da reingegangen.«
    Nightingale setzte sich an den Kopf der Gruppe, die sich vorsichtig vorantastete und enger zusammenschloss, die Waffen schussbereit im Anschlag. Aber sie waren Forscher, keine kampferprobten Soldaten. Soweit er wusste, hatte keiner von ihnen je im Einsatz eine Stinger abgefeuert. Als er sah, wie nervös sie waren, fragte er sich, ob sie womöglich genauso viel Angst vor sich selbst wie vor der hiesigen Wildnis hatten.
    Unter dem Blätterdach war es dunkler, und die Temperatur einige Grad niedriger. Die Bäume waren groß und kräftig, und ihre oberen Äste gingen beinahe unter in einem Durcheinander aus Kletterpflanzen und großen, spatenförmigen Blättern. Überall gab es dicke, kaktusartige Gewächse, und der Boden versank unter modernden Pflanzenteilen. Über ihnen erklang das Kreischen und Kratzen, Trippeln und Flattern einer ganzen Armee unsichtbarer Kreaturen. Wie in allen Wäldern lebte auch hier der größte Teil der Tiere in den Baumkronen, nicht am Boden.
    Das Flickingerfeld behinderte zwar seinen Geruchssinn, doch seine Vorstellungskraft ließ ihn selbst in diesem fremdartigen Wald den Duft der Pinien und Minzpflanzen seiner Heimat Georgia riechen.
    Biney Coldfield meldete sich, Raumschiffcaptain und Pilotin der dritten Landefähre, um ihm zu sagen, dass sie im Landeanflug war und zu dem Suchtrupp stoßen würde, sobald sie am Boden war.
    Er bestätigte mit verhaltener Wut in der Stimme. Capanelli hatte ihn in eine peinliche Lage gebracht, als er die festgesetzten Richtlinien ignoriert und sich in ein Gebiet mit so geringer Sichtweite vorgewagt hatte. Das ließ sie alle wie blutige Anfänger aussehen. Und ihn selbst hatte es vermutlich umgebracht.
    Nightingale suchte den Boden nach Fußabdrücken oder irgendwelchen anderen Spuren ab, die Cappys Gruppe möglicherweise hinterlassen hatte, aber er konnte nichts entdecken. Schließlich drehte er sich zu seinen Leuten um. »Haben wir vielleicht einen Fährtensucher?«
    Die Forscher wechselten unbehagliche Blicke.
    »Wohin sind sie gegangen?«, wandte er sich an Sherry.
    »Kein bestimmter Ort.

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