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Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Titel: Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Hayerdhal
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grub seine bloßen Zehen nachdenklich zwischen die Querleisten des niedrigen Bambusdaches.
    »Bengt«, sagte ich und verjagte den grünen Papagei, der es auf mein Logbuch abgesehen hatte, »kannst du mir, zum Teufel, sagen, wie wir auf dies verfallen sind?«
    Goethe versank unter dem rotblonden Bart.
    »Verdammt noch mal, das mußt du ja wohl selbst am besten wissen, das war ja deine blöde Idee. Aber mir gefällt sie ganz ausgezeichnet!«
    Er schob seine Zehen drei Sprossen weiter hinauf und wandte sich wieder Goethe zu. Vor der Hütte arbeiteten drei andere Kerle in der prallen Sonne auf dem Bambusdeck. Sie waren halbnackt, braungebrannt und bärtig, mit Salzkrusten über dem Rücken und mit einer Miene, als
    hätten sie nie etwas anderes getan, als den Pazifik auf einem Floß überquert. Da zwängte sich Erich durch die Türöffnung herein mit seinem Sextanten und einem Bündel Papier in der Hand:
    »Neunundachtzig Grad und sechsundfünfzig Minuten West, acht Grad und zehn Minuten Süd. Gute Fahrt in den letzten Tagen, Jungens!«
    Er packte meinen Bleistift und zeichnete einen winzigen Kreis auf eine Karte, die an der Bambuswand hing, einen winzigen Kreis am Ende einer Kette von neunzehn anderen, die sich von der Hafenstadt Callao an der peruanischen Küste zu unserem Standpunkt herüberschwang. Hermann, Knut und Torstein kamen ebenfalls eifrig hereingekrochen, um den neuen kleinen Kreis zu bewundern, der uns um gute vierzig Meilen näher an die Südseeinseln heranbrachte als der vorige.
    »Jungens, seht her!« rief Hermann stolz, »damit sind wir 1570 Kilometer von der peruanischen Küste weg!«
    »Und haben nur mehr 6430 Kilometer bis zur nächsten Insel vor uns«, setzte Knut vorsichtig hinzu.
    »Und um ganz genau zu sein«, sagte Torstein, »5000 Meter über dem Meeresgrund und etliche Faden unter dem Mond!«
    Damit wußten wir nun alle zur Genüge, wo wir waren, und ich konnte fortfahren, über das Warum nachzudenken.
    Der Papagei war es auch zufrieden und begann wieder an dem Logbuch zu ziehen. Und das Meer war so rund und himmelumkränzt, blau in blau, wie zuvor.
    Vielleicht begann das Ganze im letzen Winter in der Direktion eines New Yorker Museums. Oder vielleicht begann es bereits vor zehn Jahren auf einer kleinen Insel der Marquesas-Gruppe mitten im Stillen Ozean. Vielleicht würden wir auf derselben Insel landen, wenn uns der Nordost nicht weiter nach Süden treiben sollte auf die Tahiti- und Tuamotu-Gruppe zu. Ich konnte die kleine Insel deutlich vor mir sehen mit den rostroten, kahlgefegten Bergspitzen, dem grünen Dschungel, der sich die Hänge herunterzog, und den schlanken Palmen am Strande, die sich ewig im Winde wiegten. Die Insel hieß Fatuhiva, und es lag kein Land zwischen ihr und der Stelle, an der wir jetzt im Meere trieben, aber sie war doch einige Tausende von Seemeilen entfernt. Ich konnte das schmale Oula-Tal vor mir sehen, wie es sich gegen das Meer öffnete, und weiß noch, wie wir an dem einsamen Strand saßen und Ausschau hielten über das endlose Meer, Abend für Abend. Ich war damals auf Hochzeitsreise, nicht unter bärtigen Seeräubern wie jetzt. Wir sammelten allerlei Tiere und Götterbilder und sonstige Erinnerungen einer ausgestorbenen Kultur. Ich erinnere mich so gut an einen bestimmten Abend. Die zivilisierte Welt war unendlich fern und unwirklich. Wir hatten als einzige Weiße fast ein Jahr auf der Insel gelebt und hatten die
    Errungenschaften der Zivilisation mit all ihren Segnungen und Übeln gleich gern über Bord geworfen. Wir wohnten in einer Art Pfahlbau, den wir uns unter den Palmen an der Küste errichtet hatten, und aßen, was der Tropenwald und der Ozean uns boten.
    Wir gingen in eine harte, aber praktische Schule und bekamen Einblick in die vielen merkwürdigen Probleme des Pazifik. Ich glaube, daß wir sowohl seelisch als auch körperlich oft auf den Spuren der ersten primitiven Menschen wandelten, die diese Inseln von einer unbekannten Heimat her erreichten und deren polynesische Nachkommen frei über ihr Inselreich herrschten, bis unsere eigene Rasse kam, die Bibel in der einen Hand, Gewehr und Schnapsflasche in der anderen.
    An jenem Abend nun saßen wir, wie schon so oft vorher, im Mondschein unten am Strand, das Meer zu unseren Füßen. Hellwach und erfüllt von unserer abenteuerlichen Umwelt, ließen wir uns keinen Eindruck entgehen. Wir sogen den starken Brodem des Dschungels ein, gemischt mit der würzigen Salzluft des Meeres. Wir horchten auf den Wind,

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