Das Wing 4 Syndrom
1
Humanoiden Selbstlenkende Roboter, mit dem Zweck entwickelt, der Menschheit zu dienen und sie zu behüten
Keth liebte die Sonnenzeiten. Dreißig Tage des Lichts und der Freiheit, in denen die freundliche Sonne aufstieg, innehielt und sank. Er mochte den sauberen Geruch und das kühle Streicheln des Windes, das flammende Wunder des Himmels. In den ersten kalten Tagen vor dem Tauen gab es Eis und Schnee für die Schlitten. Aber er schätzte mehr die wärmeren Tage, das Erregende, wenn die grünen Dinge in die Höhe schössen, wenn die Sonnenknospen zu duftender Blüte explodierten und die goldenen süßen Melonen endlich reif waren. Noch mehr jedoch liebte er das Fest des Sonnenuntergangs, wenn die Blätter in rotem Feuer brannten, wenn Geschenke und Gaben verteilt wurden und er soviel essen durfte, wie er wollte.
Die Mondzeiten waren weniger freundlich, weil die Eisstürme nach dem Sonnenuntergang alle wieder unter die Erde trieben. Dreißig Tage in engen Tunnelplätzen, wo er stets fror und ein wenig hungrig war, seine Lektion lernen mußte und außer dem Turnen keinen Spaß hatte. Er haßte die Dunkelheit, die Kälte und die schwarzen Humanoiden.
„Dämonenmaschinen!“
Pflegeschwester Vesh benutzte sie dazu, um ihn zu ängstigen, wenn er ihr nur widerwillig gehorchte. Sie war eine große, hagere Frau mit einem Gesicht, das immer finster blickte, und kalten, knochigen Händen. Ihr Mann war auf Malili gestorben, wo Keth zur Welt gekommen war. Und sie gab die Schuld dafür den Humanoiden.
„Glänzende schwarze Maschinen mit der Gestalt von Menschen.“
Wenn sie über die Humanoiden sprach, klang ihre Stimme heiser und häßlich.
„Manchmal geben sie sich als Menschen aus. Sie können im Dunkeln sehen, und sie schlafen nie. Wenn du es wagst, ungehorsam zu sein, holen sie dich, Keth. “
Sie flößte ihm die Angst vor den Mondzeiten ein, wenn Malili entweder allein oder neben dem rotflammenden Drachen stand, der sich an dem kalten schwarzen Himmel nie bewegte. Er konnte spüren, wie der grausame Geist der Humanoiden sich auf ihn fixierte, selbst durch das Felsgestein und den Schnee über den Tunnels hindurch. Manchmal erwachte er im Bett, schwitzend und krank, von einem Traum, in dem sie heruntergekommen waren, um ihn zu bestrafen.
Manchmal lag er wach und wünschte sich einen sicheren Ort, wo er sich verstecken konnte, oder etwas, das ihm helfen würde, sie aufzuhalten. Menschen mußten sie gemacht haben, wenn sie Maschinen waren, obwohl er sich nicht vorstellen konnte, weshalb jemand so etwas tun würde. Vielleicht würde er, wenn er einmal alt genug war, Maschinen bauen, die stark genug waren, um sie zu bekämpfen.
„Mich kriegen sie nie“, prahlte er einmal. „Ich finde einen Weg, sie zu schlagen.“
Ihre blassen Augen verspotteten ihn. „Niemand hält die Humanoiden auf. Zehn Trillionen Maschinen, die überall hinausschwärmen, nur hier nicht. Sie wissen alles. Sie können alles tun. “ Ihr bitteres, dünnlippiges Lächeln war wie Eis. „Sie werden dich holen, Keth, wenn du nicht auf mich hörst, genauso wie sie deine arme, liebe Mutter geholt haben. “
Er konnte sich weder an seine Mutter noch an Malili oder sonst etwas erinnern, ehe Schwester Veth mit seinem Vater von Malili zurückgekommen war, um ihn sauberzuhalten, ihm seine Quoten zuzuteilen und ihn zum Gehorsam zu erziehen.
„Was haben sie denn getan …“ Ihr Blick ließ sein Flüstern verstummen, und er mußte Atem holen. „Was haben sie meiner Mutter angetan? “
„Sie suchte einen Hirnbaum.“ Schwester Vesh sagte nicht, was ein Hirnbaum war. „Außerhalb der Grenze. In Dschungeln, die voller Humanoiden und Drachenfledermäusen und heidnischer Nomaden waren. Sie ist nie zurückgekehrt. Du könntest …“ – ihre Stimme wurde brüchig und hoch – „… deinen Vater fragen! “
Er hatte Angst, seinen Vater irgend etwas zu fragen.
„Auf Malili? “ Er schüttelte den Kopf und wünschte, er würde es wagen. „Woher wir kamen? “
„Und wo mein Jendre gestorben ist. “ Ihr Jendre war mit seinem Vater auf Malili gewesen. Sie trug ein dünnes silbernes Armband, auf dem sein Name eingraviert war. Keth hatte sich immer gefragt, wie die Humanoiden Jendre getötet hatten, aber er konnte sie nicht fragen, weil sie jedesmal weinte, wenn sie sich seiner erinnerte. „Frag deinen Vater, wie es war.“ Ihr weißes Gesicht zuckte. „Frag ihn, wo er diese Narbe her hat!“
Er wollte fragen, weshalb überhaupt jemand
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