KON-TIKI
Sportsekretärin aus den Londoner Kriegstagen, die uns jetzt in Washington half, rasch im Flugzeug hinuntergeschickt. Sie fanden ihn bereits gebessert, nachdem er dreißig Minuten mit dem Kopf in einer Schlinge aufgehängt worden war, so daß die Ärzte den Atlaswirbel wieder hatten einrenken können. Das Röntgenbild zeigte, daß dieser oberste freie Halswirbel gesprungen war und völlig quergestanden hatte.
Hermanns Bärengesundheit hatte ihm das Leben gerettet, und blau und grün, steif und rheumatisch war er bald wieder zurück im Marinearsenal, wo er jetzt endlich die Balsastämme beisammen hatte und die Arbeit begann. Er brauchte weiterhin ärztliche Behandlung durch viele Wochen, und es war zweifelhaft, ob er die Fahrt mitmachen konnte. Selbst zweifelte er nicht einen Augenblick daran, trotz seines Denkzettels beim ersten Zusammenstoß mit dem Pazifik.
Dann kamen Erich im Flugzeug von Panama, Knut und ich von Washington, und damit waren wir alle in der Startgruppe in Lima vereinigt.
Drunten im Marinearsenal lagen die großen Balsastämme aus dem Quevedo-Urwald. Es war geradezu ein rührender Anblick. Roh zugeschlagene Rundstämme, gelber Bambus, Binsen und grüne Bananenblätter lagen zuhauf als Baumaterialien mitten zwischen den Reihen dräuender, grauer U-Boote und Zerstörer. Sechs hellhäutige Nordländer und zwanzig braune Marinesoldaten mit Inkablut in den Adern schwangen Beile und lange Machetenmesser und spannten und knoteten an langen Tauen. Geschniegelte Marineoffiziere in Gelb und Blau schlenderten vorbei und betrachteten verständnislos diese bleichen Fremden und ihre vegetabilischen Materialien, die plötzlich ausgerechnet mitten unter sie ins Arsenal hereingeschlüpft waren.
Zum ersten Mal seit Hunderten von Jahren war ein Balsafloß wieder in der Callao-Bucht im Bau. Dort, wo die Sage erzählt, daß die Küstenindianer zuerst solche Flöße von dem verschwundenen Geschlecht Kon-Tikis bauen lernten, dort weiß die Geschichte zu berichten, daß die Küstenindianer später von unserem Geschlecht davon abgebracht wurden, solche Flöße zu verwenden. Ein primitives und zerbrechliches Floß kann Menschen das Leben kosten. Die Verwandten der Inkas sind mit der Zeit gegangen, sie haben Bügelfalten in den Hosen und tragen steife Kragen. Bambus und Balsa sind Vergangenheit. Auch hier geht es vorwärts zu Panzer und Stahl!
Eine einzigartige Unterstützung bekamen wir durch das hypermoderne Arsenal. Mit Bengt als Dolmetscher und Hermann als Bauleiter verfügten wir über die Tischler- und Segelmacherwerkstätten sowie über das halbe Depot zur Lagerung unserer Ausrüstung und über einen kleinen Schwimmkran, der das Holz bei Baubeginn aufs Wasser hinaus hievte.
Neun der dicksten Stämme bildeten die Grundlage. Tiefe Kerben wurden in das Holz geschlagen, um den Tauen Widerlager zu geben, die sie und damit das ganze Floß zusammenhalten sollten. Nicht eine einzige Spieke, kein Nagel und keine Stahlseilzurrung wurde bei der ganzen Konstruktion benützt. Die neun großen Stämme wurden zuerst lose Seite an Seite ins Wasser gelegt, damit sie sich frei in ihre natürliche Schwimmstellung einspielen konnten, bevor sie endgültig zusammengezurrt wurden. Der größte Stamm, vierzehn Meter lang, wurde in der Mitte eingebaut und stand lang auf beiden Enden heraus. Daneben folgten symmetrisch immer kürzere Stämme, so daß die Seiten des Floßes zehn Meter lang wurden und der Bug wie ein stumpfer Pflug vorstand. Achtern war das Floß quer abgeschnitten, nur daß die drei mittelsten Stämme herausragten und die Unterlage für einen kurzen und dicken Balsaklotz bildeten, der quer lag und die Widerlager für das lange Steuerruder hielt. Als die neun Balsastämme solide mit verschiedenen Rollen von fünfviertelzolligen Hanftauen zusammengebunden waren, wurden die dünneren Balsastämme quer darüber festgebunden mit ungefähr einem Meter Zwischenraum. Damit war das Floß selbst fertig, mühsam zusammengezurrt mit fast dreihundert verschiedenen Taustücken, jedes mit einem soliden Knoten versehen. Ein Deck aus gespaltenem Bambus wurde darübergelegt, in Form von offenen Gittern festgebunden und mit losen Matten aus geflochtenem Bambusstroh belegt. Mitten auf dem Floß, aber naher dem Heck, bauten wir eine kleine offene Hütte aus Bambusrohr mit Wänden aus geflochtenem Bambusstroh und einem Dach aus Bambusstreben, gedeckt mit lederartigen Bananenblättern, die ziegelförmig übereinandergelegt wurden. Vor der Hütte
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