Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopernikus 3

Kopernikus 3

Titel: Kopernikus 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
selbst. Er formte ihre Gefühle, er übertrieb und überzog ihre Fähigkeiten. Es wurden alles Bilder einer Ausstellung, Selbstporträts. Aber er achtete sorgsam darauf, ihre physische Erscheinung zu variieren.
    Der Computerraum wurde immer enger, als er sich so mit den Geistern längst Verstorbener, mit bunten Clowns und alten Bekannten füllte. Mary saß die ganze Zeit über schweigend an seinem Ellenbogen, machte ab und zu ein Kompliment, wenn er eine gute Idee hatte, und schüttelte den Kopf, wenn etwas mißriet. Ein kleiner Zwerg äffte fröhlich alles, was er tat, nach. Er stand direkt hinter Fleitman, aber immer außerhalb seines Blickfeldes; doch Fleitman spürte seine Anwesenheit. Der Raum war allmählich überfüllt. All die jungen Männer aus seinem ersten Job reihten sich jetzt an der Wand auf. Ein alter Zimmerkollege aus seiner Studentenzeit kauerte auf dem Fußboden. Der Jongleur hatte alle seine Keulen und Teller in der Mitte des Raums aufgestapelt, wo Fleitman arbeiten mußte. Die Assistentin des Gauklers schlief mit dem Muskelmann: Es regte Fleitman nicht auf. Fleitman schaute nicht einmal auf, als die Tür mit einem zischenden Geräusch aufglitt. Es war wahrscheinlich der Schmied mit seinem Blasebalg, der das Geräusch verursachte.
    „Wir haben Sie lange nicht gesehen, Mr. Fleitman“, sagte Tostier und nahm seinen Strohhut ab. Fleitman schaute an ihm herauf und machte ein finsteres Gesicht. „Ich habe schon begonnen, mich für den Zirkus anzuziehen.“ Tostier lächelte immer, wenn er sprach.
    Der Raum hatte sich geleert. Der Zwerg war verschwunden; Fleitman konnte es fühlen. Mit einemmal fühlte er sich erschöpft und unbehaglich. Er spürte einen kalten Schauer; die Temperatur schien zu fallen.
    „Ich hoffe, Sie sind für morgen gerüstet“, sagte Tostier. „Sartorsky ist schon ganz aufgeregt. Er findet den Entwurf großartig.“
    Fleitman konnte sich nicht daran erinnern, Sartorsky irgend etwas gezeigt zu haben.
    „… und Ihr Freund Jake ist tot …“
    Tostiers Gummiüberschuhe sind blau, dachte Fleitman.
    „Sie können ihm noch immer Lebewohl sagen, wenn Sie wollen. Sartorsky, Taylor und Toomis halten ihm zu Ehren eine kleine Party ab. Sie haben ihn an einen Gefühlsapparat angeschlossen.“
    Fleitman fühlte sich hundeelend; er mußte würgen, um sich nicht zu übergeben. Ihm fiel der tote Ronson ein, wie er ihn anflehte, endlich aufzuhören. Künstliche Menschen sind bessere Freunde, dachte er. Der Raum war ihm inzwischen zu wichtig geworden. „Ich dachte, nach Ronson hätten wir beschlossen …“
    „Es gibt immer Ausnahmen. Jüngeren Leuten scheint es nichts auszumachen; mich hat es nie gestört, mich an irgend jemanden anschließen zu lassen.“
    Das wird noch kommen, dachte Fleitman und erbrach sich über die Requisiten des Jongleurs. Er hörte nicht, wie die Tür zuglitt, aber Mary lachte ihn aus. Er befahl ihr, ruhig zu sein, sagte ihr, daß es ihm nicht gutginge; aber sie hörte nicht auf zu lachen. Und dann stimmte der tiefe Baß des Gewichthebers mit ein in ihr Lachen, und all die anderen schlossen sich an, als sie wieder erschienen: die Cowboys, die Clowns, die Seiltänzer, der Zwerg, die rotgesichtige Frau mit ihren Marionetten, die fette Monsterfrau, der Mann mit den zwei Köpfen, die Schlangenfrau, der Popcornverkäufer und Tostier.
    Fleitman kehrte früh in sein Apartment zurück und legte sich schlafen. Er würde bei der Premiere ausgeruht und wachsam sein müssen. Er würde morgen essen.
     
    Fleitman traf früh ein. Er setzte sich in den obersten Rang und wartete auf die Zuschauer. Er hatte alles bis ins kleinste geplant, sogar den Geruch des Pferdedungs in den Ställen. Im mittleren Ring machte ein Seiltänzer Kniebeugen, während fünf Männer in Overalls ein Netz unterhalb des Hochseils spannten. In einer Ecke der Manege sprangen drei Akrobaten auf einem Trampolin, wobei ihr Maskottchen, ein Hund, jedesmal laut wimmerte, wenn sie „Hepp“ schrien.
    Alles wirkt so echt, dachte Fleitman. Er konnte nicht völlig daran glauben, daß es nur ein Trugbild war. Der Popcornverkäufer schrie etwas zu ihm herüber und warf ihm eine Schachtel Popcorn zu. Die Schachtel war aus durchsichtigem Kunststoff und fühlte sich warm an. Dies kam ihm merkwürdig vor, aber nach den Computern war es tatsächlich korrekt. Fleitman sog den Geruch des Mannes ein. Er war perfekt nachempfunden.
    In der Seitenmanege fingen der Jongleur und der Clown, der auf einem einzelnen kleinen Rad

Weitere Kostenlose Bücher