Kopernikus 5

Titel: Kopernikus 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers

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habe.
    Die beiden Kinder von Scott hießen Curt und Cathy – nicht Curtis und Catherine, warnte er mich; sogar auf ihren Geburtsurkunden stände Curt und Cathy –, und sie schienen ungefähr sechs und vier zu sein. Das Foto zeigte sie, wie sie auf der Haube eines ’57er Ford saßen, und sie waren so zerzaust, als wären sie soeben aus einem Heuhaufen gekrochen. Mary – Scotts Frau – stand seitlich neben dem Auto; sie trug einen Pullover mit den Buchstaben für Wichita darauf, der zu groß für ihre Hausfrauenschultern war. Aber sie war hübsch.
    DU HAST EINE NETTE FAMILIE.
    JA, sagte Scott. SIE SIND DAS KAPITAL MEINER KARRIERE.

    Etwa eine Woche danach fuhr ich mit Scott und Q zum Essen nach Adana. Das einzige vernünftige Lokal, in das man dort gehen kann, ist das Dachgarten-Restaurant im Hotel Erciyas Palas . Reiche Türken, ausländische Geschäftsleute und amerikanische Offiziere aus Incirlik – die manchmal Uniform tragen statt Straßenkleidung wie wir „Zivilisten“ von der CIA – essen hier. An den Tischen des Restaurants hört man den Lärm von der Straße, während man sein kirkassisches Hühnchen auseinanderpflückt oder das Fleisch und die Tomaten an einem Şiş Kebabi-Spieß –aber gewöhnlich ist es abends kühl dort oben, und das Ganze ist mit einem Gitterwerk bedeckt, an dem zwischen Ranken bunte Laternen hängen. (G hat mich einmal gleich nach meiner Ankunft dorthin mitgenommen, und als ich wieder auf dem Stützpunkt war, wurde ich ziemlich krank. Es lag aber nicht am Essen, sagte G, es lag an mir – man muß sich einfach akklimatisieren.)
    Jedenfalls – an dem Abend, als wir zusammen zum Erciyas Palas gingen – bestellte Q für uns alle. Als Vorspeise Gurkensalat, danach Mittelmeer-Schwertfisch, in Scheiben geschnitten und am Spieß serviert, und dazu Weißwein aus Anatolien. Das war ungefähr drei Tage, nachdem Außenminister Dulles die Russen vor den Konsequenzen eines Angriffs auf die Türkei gewarnt hatte. Außerdem standen die Wahlen vor der Tür. Beim Essen warfen Scott und Q mit Namen um sich: Menderes, Ismet Inonu und Kasim Gulek. (Gulek ist ein Republikaner, der verhaftet wurde, weil er gegen das gesetzliche Verbot von politischen Versammlungen verstoßen hatte, indem er auf einem Dorf markt einigen seiner bäuerlichen Anhänger die Hand schüttelte.) Niemand vom Stützpunkt ging jemals zusammen mit Scott und Q in die Stadt – das erfuhr ich später, als es mir nichts nützte –, weil sie immer mit lauter Stimme über die türkische Politik diskutierten, ohne Rücksicht auf die Leute, die um sie herum waren. Ich aß meinen Schwertfisch und trank meinen Wein, während Scott und Q stritten.
    MENDERES IST EIN ARSCH, sagte Q laut, aber ruhig. WENN ER EIN DEMOKRAT IST, DANN WAR PRETTY BOY FLOYD EIN PREDIGER DES EVANGELIUMS.
    DU REDEST VOM GEISTIGEN ERBEN ATATÜRKS, entgegnete Scott, MENDERES BRINGT DIESES LAND INS 20. JAHRHUNDERT.
    AM ARSCH! ER FÜHRT ES GERADEWEGS IN DEN BANKROTT.
    NEIN, DAS TUT ER NICHT. ER IST EIN BAUMEISTER, EIN PHARAO.
    DER PHARAO KRIEGT JA NICHT MAL EINEN KREDIT VON SEINER EIGENEN NATIONALBANK. ER IST EIN VERLIERER. WIDERSPRICH DEM SCHWEIN, UND DU SITZT IM TIGERKÄFIG.
    (Ja, Malcolm, ich weiß, das ist eine ziemlich häßliche Sprache hier – aber Du hast schon Schlimmeres gehört, sogar von mir. Ich glaube, daß Du sehr schnell erwachsen wirst. Das ist gut so, denn ich habe noch niemanden gesehen, der so jung ist wie Du und sich so schnell auf Veränderungen einstellen kann.)
    Die Leute schauten zu uns herüber, aber Q und Scott stritten immer weiter. Scott war der Lautere von beiden, weil – gewöhnlich – jeder, der sich mit ihm stritt, aufgab, wenn er laut wurde. Q gab aber nicht auf – er gab vulgäre Erwiderungen und beobachtete, wie Scotts rosige Wangen immer röter wurden, als der Streit weiterging. Q machte es Spaß, Scott zu ködern, und Scott merkte nie, daß er geködert wurde. Ich war nur dankbar, daß der Laute an unserem Tisch für das Menderes-Regime argumentierte, obgleich seine Lautstärke implizierte, daß Q oder ich dagegen sprachen. Mein Kilic Şiş schmeckte mir nicht besonders gut.
    REPRESSIV! schrie Scott. WENN ER REPRESSIV IST, DANN DESHALB, WEIL DIE FÜHRUNG DER ARMEE IN SYRIEN KOMMUNISTISCH IST. WEIL ER WEISS, DASS DIE RUSSEN VON KARS BIS IZMIR ÜBER DIE LEICHEN ALL DIESER LIBERALEN MARSCHIEREN KÖNNTEN, DIE IM ANGESICHT DIESER BEDROHUNG NACH REFORMEN SCHREIEN! GOTT SEI GEDANKT FÜR ADNAN MENDERES, SAGE ICH. SONST WÜRDEN