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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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wie er annahm) – denn darin befanden sich die Hintereingänge mehrerer Geschäfte und Büros, eines Dampfbades, eines italienischen Restaurants und zumindest einer entsetzlicheren Geschäftsstelle. Er hatte sich jedoch darüber nie viel den Kopf zerbrochen. Warum auch? Jeder, der nur für zwanzig Sekunden zum Fenster hinausblickte, bemerkte so ziemlich dasselbe, was er in den letzten zwanzig Jahren gesehen hatte. Was beweist, wie wenig selbst die drastischsten politischen Ereignisse unser unbedeutendes Alltagsleben beeinflussen. Tony hatte einen Krieg und mehrere Regierungswechsel erlebt, und doch hatte sich der Anblick dort draußen lediglich in bezug auf die Mode der Kleider und der Autos verändert. Heutzutage war es noch immer so ziemlich dasselbe wie früher.
    Zur fraglichen Mittagsstunde stand wegen der Hitze die Tür offen, und der Kleiderständer am Ende der Reihe hölzerner Sessel war aus dem gleichen Grunde schwer behängt. Alle drei Frisiersessel waren besetzt, doch war Tony nur mit dem Mann im mittleren Sessel beschäftigt, der in einer Zeitschrift las, während er sich das Haar schneiden ließ. Der Mann im ersten Sessel beim Fenster hatte sich das lange Tuch, das während der Rasur seinen Körper bedeckt hatte – Tony hatte den gegenwärtigen Kunden gegenüber bemerkt, er habe den Mann gerade fertig rasiert, als sie zur Tür hereinkamen – übers Gesicht gezogen, wodurch seine braunen Schuhe, Socken und die ebenfalls braune Hose sichtbar wurden, und schlief vermutlich. „Vermutlich“, denn soweit man durch bloßes Hinsehen feststellen konnte, mochte er genausogut tot sein. Der unter dem Tuch herausragende Arm mit der schlaffen, sich nicht wehrenden Hand und den herunterhängenden Fingern hätte jeden Beobachter unfehlbar auf den Gedanken gebracht, Tony habe dem Manne zufällig die Kehle durchgeschnitten, und, nachdem er sich im leeren Laden voller Schuldgefühle umgesehen hatte, ihm das Tuch über das Gesicht gezogen, um den Beweis seiner Fahrlässigkeit zu verbergen. Diese scheinbare Leblosigkeit weckte auch in Tony selbst eine beunruhigende Erinnerung. Vor zwanzig Jahren, als er sein Geschäft gerade eröffnet hatte, war sein Lokal ganz unschuldig zum Schauplatz eines brutalen Mordes geworden. Einer seiner Stammkunden, ein liebenswürdiger Herr aus Sizilien, wurde, als er sich in eben diesem Sessel rasieren ließ, als Opfer markiert (wie sich die Zeitungen ausdrückten) und vor dem Fenster auf dem Gehsteig von einem Mafia-Killer über den Haufen geschossen. Tony, der das alles mit angesehen hatte und nie vergessen konnte, verdrängte das grausame Bild eilends und fuhr mit seiner Arbeit fort. Glücklicherweise passierte dergleichen nicht mehr.
    Der Kunde im dritten Sessel, ein schwarzer Mann mit weißem Hemd und roter Krawatte, wartete einfach darauf, daß Tony mit dem Kunden vor ihm fertig würde. In seinem Gesicht zeigte sich keinerlei Ungeduld. In ihm drückte sich vielmehr Belustigung aus – aber diese Miene schien ihm zur Gewohnheit geworden zu sein; vielleicht war sie ihm sogar „eingebaut“. Tony, der ihn nie zuvor gesehen hatte und nun schon ein paarmal verwundert zu ihm hingeblickt hatte, hätte beinahe wetten mögen, daß dies der Fall war: Denn diese Augenbrauen schienen sehr früh zur Höhe belustigter Verachtung emporgezogen worden und dann in der Position unter Mißachtung jeder Schwerkraft steckengeblieben zu sein. Im Laden befand sich auch noch ein vierter Kunde. Er saß auf einem der hölzernen Sessel an der Wand und wartete wie der dritte darauf, daß Tony fertig würde; und wie beim ersten war nichts vom Gesicht zu sehen, denn er hatte eine Zeitung ergriffen und hielt sie beim Lesen vor sich hin. ( EISENHOWER SCHLIESST SICH DER F ORDERUNG DES PAPSTES NACH RECHT UND O RDNUNG AN verkündete eine sichtbare Schlagzeile). Sein Hut lag neben ihm auf einem anderen Sessel; ertrug eine graue Hose, blaue Socken und braune Schuhe.
    Der Kerl im mittleren Sessel kicherte. Er war ein Mittdreißiger mit blondem Haar und blauen Augen und kräftiger Statur: Riesenbrustkorb, dicke Arme und Beine. Die gutmütige Ruhe seines Gesichtsausdrucks – und vielleicht die bloße Tatsache, daß er las – trugen viel zur Abschwächung dieser Merkmale bei, die sonst bei soviel Masse grob und erdrückend gewirkt hätten.
    Der Mann im dritten Sessel wandte ihm die Augenbrauen zu, als wollte erfragen: „Was gibt es so Lustiges?“
    „Diese Geschichte“, erwiderte der blonde Riese, als sei die Frage laut

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