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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Gestalten, die in den dicken Plastikhandschuhen lange Rohre trugen, verharrten, wobei die Folie der Anzüge knisterte. Gedämpft drangen Stimmen aus den Anzügen.
    „Notierst du?“ fragte der eine Anzug.
    „Warte“, antwortete der andere, „ich muß erst eine neue Karte finden, ich habe kaum noch welche.“
    „Es sind zu viele noch hier unten.“
    „Ist sowieso Quatsch, die aufzunehmen.“
    Der eine Anzug bückte sich und zog aus einer Tasche, die sich auf dem Oberschenkel befand, eine Karte mit der Nummer 3968, auf der stand:
    Verletztenbegleitkarte.
    Bei den Spalten „Name“, „Straße“ und „Wohnort“ machte er mit der Spitze des rechten Zeigefingers, an der sich ein Schreibgerät befand, einen Strich.
    Darunter war ein menschlicher Körper auf der Karte abgebildet, wobei nur die Umrisse sowie einige Innenlinien aufgedruckt waren.
    Er machte über den unteren Teil des Kopfes der Figur einen groben Strich. Dann notierte er hinter dem Wort „Zeit“ 19.42, darunter hinter „im“ einen Strich, ebenso bei der Abkürzung „iv“, unter der sich die stilisierte Abbildung einer medizinischen Spritze befand.
    Chick und die Frau hielten sich umschlungen und erschufen aus der Wärme ihrer Körper eine erträglichere Welt. Eine Welt, in der es viel Zärtlichkeit gab.
    Unter der Spalte mit der Abbildung der medizinischen Spritze folgten auf der Karte drei weitere Spalten, wobei in der Mitte der Wörter, die diese Spalten ausfüllten, die Zahlen 1 bis 3 vorgedruckt waren.
    Das sah so aus:
     
    Behandlungs  1  priorität
    Transport  2  priorität
    spätere  3  Versorgung
     
    Der Anzug machte durch diese drei Spalten mit dem Schreibgerät an seinem Finger einen Strich.
    „Was ist mit dem anderen?“ fragte er und zog mühsam eine zweite Karte aus einer Tasche, nachdem er die erste Karte weggesteckt hatte.
    Bei der zweiten Karte kreuzte er die Stelle an, wo sich beim Menschen die Augen befinden, und verfuhr im übrigen genauso wie bei der ersten Karte. Dann steckte er auch diese Karte weg. „Wir können nun“, sagte er.
    Indem sahen die sechs bleiverglasten runden Öffnungen, die sich oben an den Anzügen befanden, die Folien knisterten bei jeder Bewegung, sich an.
    Sie hoben beide ihre dicken Rohre und richteten sie auf Chick und seine Begleiterin.
    Nachdem die Flammenwerfer ihr Werk der Zerstörung vollbracht hatten, schleppten die beiden Anzüge die verkohlten Leichen in einen Tunnel, der schon bis obenhin mit Leichen angefüllt war.
    Dann verschwanden die beiden mattglänzenden Anzüge in der Dunkelheit.
     
    „ Was liegt an mir. Ich gehe gerne ein.
    Die Mutter weint. Man muß aus Eisen sein.
     
    Die Sonne fällt zum Horizont hinab.
    Bald wirft man mich ins milde Massengrab. “
     
    (aus: Abschied, kurz vor der Abfahrt zum Kriegsschauplatz, für Peter Scher)
     
    Alfred Lichtenstein

 
Arthur Jean Cox Eine Passage in Kursivbuchstaben
A PASSAGE IN ITALICS
     
    Diese Geschichte handelt von der Vergangenheit.
    Es war im Jahre 1952. Schauplatz war ein Friseursalon mitten in Manhattan, auf der ehemaligen Sechsten Avenue. Das Geschäft sah eigentlich ganz gewöhnlich aus. Vor der Tür befand sich wie üblich eine sich drehende gestreifte Stange und über dem großen Schaufenster eine ziemlich armselige, verblichene Sonnenplane zur Abhaltung der Morgensonne. Der Laden selbst – um hineinzukommen, mußte man die Glastür aufmachen, auf der in goldener Schrift mit großen Kursivbuchstaben Tonys Frisierladen aufgemalt war, und ging dann unter einer anschlagenden Glocke drei Betonstufen hinunter – erwies sich sodann als klein, aber sauber. Es gab dort drei Stühle (das heißt, mechanisch verstellbare Frisierstühle: an der Wand links standen noch mehrere hölzerne Sessel für die wartenden Kunden). Das Ganze war offensichtlich einmal ein Seiteneingang in dem Gebäude gewesen, in dem das Geschäft untergebracht war. Ein in einem der drei Sessel Sitzender sah direkt über die belebte Straße in eine Seitengasse hinein, die so eng war und sich so zwischen die hohen Gebäude preßte, daß es selbst mittags finster war. Beim Hinausblicken aus dem Fenster, denn das tat er häufig, hatte Tony mehr als einmal eine kleine, bleiche Gestalt erblickt, die quer über jene dunkle Schlucht huschte. Dennoch war diese Gasse nicht völlig menschenleer. In größeren Zeitabständen sah er, wie jemand aus der offenen Straße in das Gäßchen hineinging und von der Dunkelheit verschluckt wurde (wenngleich nicht für ewig,

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