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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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be­schmier­ten Fassa­den des Kaf­fee-Au­to­ma­ten, des Li­mo-Au­to­ma­ten, des Sand­wich-Au­to­ma­ten, des Eis­creme-Au­to­ma­ten (au­ßer Be­trieb) und des Scho­ko­la­den-Au­to­ma­ten – spiel­te er mit dem Ge­dan­ken, Rus­so von sei­nem Traum zu er­zäh­len, ganz leicht­hin, und viel­leicht wür­de man so­gar dar­über la­chen kön­nen. Aber er emp­fand die­se Idee als ver­blüf­fend un­an­ge­nehm. Es wi­der­streb­te ihm, je­man­dem von dem Traum zu er­zäh­len. Zu sei­nem Er­stau­nen merk­te er, daß der Ge­dan­ke ihn wü­tend mach­te. Rus­so war so­wie­so ein Schwei­ne­hund. Sie wa­ren al­le­samt Schwei­ne­hun­de. Er fauch­te Rus­so an, als der Ita­lie­ner ver­such­te, ihn in ein Ge­spräch über Au­tos hin­ein­zu­zie­hen, das er mit Kaplan führ­te. Rus­so sah ver­letzt aus.
    Ma­son knurr­te ent­schul­di­gend et­was von ei­nem Ka­ter und stürz­te die Hälf­te sei­nes damp­fen­den Kaf­fees hin­un­ter, oh­ne et­was da­von zu spü­ren. Sein Thun­fisch-Sand­wich schmeck­te wie Sä­ge­mehl und rutsch­te wie Blei in den Ma­gen. Ein trost­lo­ses, un­er­klär­li­ches Ver­lust­ge­fühl war im Lau­fe des Vor­mit­tags in ihm ge­wach­sen, je mehr er sich mit sei­nem Traum be­schäf­tig­te. Es konn­te doch nicht sein, daß ein Traum ei­ne sol­che Wir­kung auf ihn hat­te; das war ver­rückt – es muß­te mehr da­hin­ter­ste­cken, mehr als nur ein Traum, und er war nicht ver­rückt. Al­so konn­te es sich nicht um einen blo­ßen Traum han­deln. Er ver­miß­te das Mäd­chen aus dem Traum. Wie konn­te er je­man­den ver­mis­sen, der nicht exis­tier­te? Das war ver­rückt. Aber er ver­miß­te es. Al­so war das Mäd­chen viel­leicht ir­gend­wie mehr als nur ein Traum ge­we­sen, denn sonst wür­de er es doch nicht so ver­mis­sen, oder? Das war auch ver­rückt. Er wand­te sein Ge­sicht ab und spiel­te geis­tes­ab­we­send mit Brot­kru­men auf der kunst­stoff­be­schich­te­ten Tisch­plat­te her­um. Ge­nug da­von: Es war schlei­mig, und es mach­te ihm Kopf­schmer­zen, wenn er dar­über nach­dach­te. Er woll­te nicht mehr dar­über nach­den­ken.
    An die­sem Nach­mit­tag be­gann er zu lau­schen, wäh­rend er ar­bei­te­te. Er er­tapp­te sich meh­re­re Ma­le da­bei. Er lausch­te an­ge­strengt … nach nichts. Nein, das stimm­te nicht. Er­lausch­te nach ihr.
     
    Im Bus, auf dem Heim­weg. Ma­son ist un­ru­hig, als wer­de er in ir­gend­ei­ne un­be­kann­te Ge­fahr ge­tra­gen, auf ein frem­des Schlacht­feld. Sei­ne Au­gen glit­zern matt in der Dun­kel­heit. Das grel­le Licht von den Schein­wer­fern ent­ge­gen­kom­men­der Au­tos über­flu­tet ihn in os­zil­lie­ren­den Wo­gen. Hal­te­schlau­fen schwin­gen wie Sen­sen hin und her. Die an­de­ren Fahr­gäs­te rings­um­her sit­zen schwei­gend da, sie be­we­gen sich nicht und ver­mei­den es sorg­fäl­tig, ih­ren Ne­ben­mann zu be­rüh­ren oder an­zu­sto­ßen. Je­der von ih­nen hat sei­nen ei­ge­nen Raum: halb­sicht­ba­re Klum­pen aus Fleisch und Schat­ten. Ih­re Köp­fe ni­cken sanft mit den Be­we­gun­gen des Bus­ses, wie bei ei­nem Mas­kott­chen am Ar­ma­tu­ren­brett.
    Zu Hau­se aß Ma­son wie­der ei­ne tief­ge­kühl­te Piz­za, ob­wohl er sich ei­gent­lich ein Ome­lett hat­te ma­chen wol­len. Da­nach aß er noch ein­mal ein paar von den Fei­gen. Es war, als ver­su­che er halb­be­wußt, den ver­gan­ge­nen Abend zu re­pro­du­zie­ren, in­dem er mit aber­gläu­bi­scher Sorg­falt al­le De­tails die­ses Abends wie­der­hol­te, in der Hoff­nung, da­mit das glei­che Re­sul­tat her­vor­brin­gen zu kön­nen. So ver­zehr­te er sei­ne Piz­za, schüt­tel­te den Kopf über sei­ne Dumm­heit und fluch­te bit­ter vor sich hin. Aber er aß sie. Und wäh­rend er aß, lausch­te er auf das Krat­zen – er ver­fluch­te sich da­für, aber er lausch­te den­noch; er glaub­te nur zum Teil dar­an, daß so et­was wie das Krat­zen exis­tier­te oder je­mals exis­tiert hat­te, aber er lausch­te. Halb fürch­te­te er, es wür­de nicht wie­der­kom­men, und halb fürch­te­te er, es könn­te doch kom­men. Aber nichts ge­sch­ah.
    Als das Krat­zen in sei­nem Kopf dann kam, wa­ren Stun­den ver­gan­gen. Er sah sich ge­ra­de einen

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