Verrückte Lust
HENRY MILLER
Verrückte Lust
ROMAN
Mit einem Nachwort
von Mary Dearborn
Aus dem Amerikanischen
von Dirk van Gunsteren
GOLDMANN VERLAG
Ungekürzte Ausgabe
Titel der Originalausgabe: Cracy Cock
Originalverlag: Grove Weidenfeld, New York
Der Goldmann Verlag ist ein Unternehmen der
Verlagsgruppe Bertelsmann
Ungekürzte Taschenbuchausgabe März 1995
Copyright © 1991 der Originalausgabe
beim Estate of Henry Miller
Copyright © 1993 der deutschsprachigen Ausgabe
beim Wilhelm Goldmann Verlag, München
Umschlagentwurf: Design Team München
Umschlagfoto: Bruce Weber
Druck: Elsnerdruck, Berlin
Verlagsnummer: 42818
MV • Herstellung: Sebastian Strohmaier
Made in Germany
ISBN 3-442-42818-1
Buch
Stille Tage in Greenwich Village: Tony Bring lebt
zurückgezogen in einem möblierten Zimmer, während seine Frau Hildred in dem Szenerestaurant »Caravan« bedient. Es ist das Village der »Roaring Twenties«: das Viertel der
verkannten Dichter, der Boheme und der Börsenmakler, der Bars und Bordelle, der Liebe und der Laster, der
Ausgelassenheit und Verdorbenheit.
Hier treffen sich Ganoven, Gaukler und Gorillas, Koksnäschen und Künstler, Dandys und Dirnen. Und hier lernt Hildred eines Tages die zwielichtige, zwitterhafte Vanya kennen – eine Femme fatale, halb Venus, halb Kali. Sehr schnell gerät Hildred in den fiebrigen, zerstörerischen Sog von Vanya.
Zwischen beiden beginnt eine rauschhafte Affäre, in der für Tony kein Platz mehr ist. Dann ist Vanya eines Tages spurlos verschwunden, und Tony glaubt aufatmen zu können. Bis
Hildred ihre Freundin in einer psychiatrischen Anstalt wiederfindet und sie zu sich in die gemeinsame Wohnung mit Tony holt. Eine höllische Menage à trois nimmt ihren Lauf.
Nur wenig verschlüsselt erzählt »Verrückte Lust«, der Roman aus dem Jahre 1927, den er zu Lebzeiten nie veröffentlichte, die Geschichte von Henry Millers Ehe mit June Smith, ihrer Liebe zu Jean Kronski und der tiefen Erniedrigung des
Dichters durch diesen »Verrat«. Aber »Verrückte Lust« ist auch eine brillante Beschwörung des Greenwich Village der goldenen zwanziger Jahre. Und es ist ein faszinierender Roman, in dem bereits das Thema von Millers späteren
Werken im Mittelpunkt steht: die offene und tabulose
Beschwörung der tausend Facetten von Liebe und Eros, von Lust und Sex, von Leidenschaft und Obsession.
Autor
Henry Miller wurde am 26. Dezember 1891 als Sohn eines deutschstämmigen Schneiders in Yorkville, N. Y. geboren.
Anfang der zwanziger Jahre begann er zu schreiben, und mit nicht nur in den USA lange als Pornographie verbotenen Büchern wie »Wendekreis des Krebses«, »Stille Tage in
Clichy«, »Sexus«, »Plexus« und »Nexus« wurde er zu einem der meistgelesenen amerikanischen Autoren der Moderne. Er starb am 7. Juni 1980 in Pacific Palisades, Kalifornien.
Henry Millers Liebesbriefe an Brenda Venus liegen unter dem Titel »Brenda, Liebste…« als Goldmann-Taschenbuch 9417
vor.
Vorbemerkung des Herausgebers
Die Veröffentlichung eines postumen Werkes stellt den
Herausgeber naturgemäß vor besondere Probleme, und der Leser hat ein Recht zu erfahren, ob, und wenn ja, welche Änderungen vorgenommen worden sind. Wir haben uns
gewissenhaft bemüht, den vorliegenden Roman so unverändert wie möglich zu präsentieren. Korrekturen erfolgten lediglich bei orthographischen Fehlern, offenbaren Widersprüchen und sprachlichen Unstimmigkeiten, die ohne Hinzufügungen
bereinigt werden konnten. Von diesen kleinen Ausnahmen abgesehen, folgt die Erstveröffentlichung von Henry Millers drittem Roman genau seinem Manuskript.
Vorbemerkung des Autors
Ich entschuldige mich bei Michael Fraenkel.
Vorwort
Adieu Roman,
Adieu geistige und körperliche Gesundheit.
Willkommen, ihr Engel!
ERSTER TEIL
1
Ein entlegener, verlassener Winkel Amerikas. Endlose
Schlammflächen, auf denen keine Blume, keine Pflanze
wächst. Risse ziehen sich in alle Richtungen und verlieren sich in der gewaltigen Weite des Raums.
In ihren schweren rindledernen Stiefeln und mit einem dicken, messingbeschlagenen Gürtel um die Hüften steht sie auf dem Bahnsteig und zieht nervös an ihrer Zigarette. Das lange, schwarze Haar liegt wie ein Gewicht auf ihren
Schultern. Der Pfiff gellt, die Räder nehmen ihr glattes, schicksalhaftes Rollen wieder auf. Die Erde gleitet auf einem endlosen Förderband davon.
Unter ihr eine graue Ödnis, erstickt von Staub und Beifuß.
Riesig, gewaltig, eine
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