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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Wirk­lich­keit war, und dann ei­ne Li­nie zie­hen, die einen aus­schloß (oh­ne je­mals tat­säch­lich et­was zu sa­gen, und das wür­de es nur noch schlim­mer ma­chen), und man wür­de da­ste­hen mit her­aus­hän­gen­dem Schwanz, scham­rot und schwit­zend – zu grob, zu tei­gig und zu un­ge­ho­belt –, und sei­nen Hut ner­vös in sei­nen klo­bi­gen, un­be­hol­fe­nen Hän­den dre­hen. Aber dem Mann und der Frau im Fern­se­hen wür­de so et­was nie pas­sie­ren.
    Ma­son merk­te, daß er in blin­der Wut beb­te; er zit­ter­te, als woll­te er sich in Stücke rei­ßen, aus­ein­an­der­bre­chen, oh­ne zu wis­sen, warum. Sei­ne Wut flö­ßte ihm Stau­nen und Schre­cken ein, sei­ne Ein­ge­wei­de zo­gen sich zu­sam­men, sei­ne großen, schwie­li­gen Fäus­te öff­ne­ten und schlos­sen sich an­ge­sichts der Un­ge­rech­tig­keit, der Mons­tro­si­tät, des Schleims, der Mil­lio­nen ver­piß­ter Le­ben, und er wälz­te sei­nen Zorn in sich her­um, ver­rühr­te ihn wie ei­ne trü­be Flüs­sig­keit, schlug ihn zu Schaum.
    Sie muß­ten nie für et­was be­zah­len. Sie schwitz­ten nie, und sie schis­sen nie. Sie ro­chen nie schlecht und wur­den nie­mals schmut­zig. Sie hat­ten nie­mals Dreck un­ter den Fin­ger­nä­geln, nie­mals Bla­sen an den Hän­den und nie­mals blut­ver­schmier­te Un­ter­ar­me. Der Mann hat­te nie Fünf-Uhr-Stop­peln im Ge­sicht, die Frau trug nie Lo­cken­wick­ler wie Em­my, ihr Atem roch nicht sau­er, und sie be­fahl ih­rem Ge­lieb­ten nie­mals, den Ab­fall­ei­mer hin­aus­zu­tra­gen. Sie furz­ten nicht, und sie rülps­ten nicht. Sie trie­ben kei­nen Sex – sie mach­ten Lie­be, und das war nichts als tran­szen­den­ta­le Won­ne: oh­ne die Wür­de­lo­sig­keit von zu­cken­den Lei­bern und un­ge­schickt in­ein­an­der ver­schlun­ge­nen Glie­dern, oh­ne müh­sa­mes Fum­meln, un­zu­sam­men­hän­gen­de Wor­te und hei­se­re, tie­ri­sche Lau­te, und da­nach at­me­te er ru­hig, und ihr Haar war wohl­ge­ord­net, es gab kei­ner­lei Kör­per­flüs­sig­kei­ten, und das Bett­zeug war nicht be­fleckt oder zer­knüllt. Und die Welt, in der sie sich ihr Le­ben lang be­weg­ten, war ein Spie­gel­bild ih­rer ei­ge­nen Voll­kom­men­heit: Sie war schön, sau­ber und or­dent­lich. Vil­len. Rie­si­ge Ra­sen­flä­chen. Baum­ge­säum­te Stra­ßen mit sau­ber ge­stri­che­nen Häu­sern. Und ihr Stil brach­te ih­nen auch noch Glück. Die Göt­ter lä­chel­ten für sie, und ein wohl­wol­len­des Schick­sal gab ih­nen nur die bes­ten Kar­ten in die Hand. Sie glit­ten durch das Le­ben, oh­ne die Fü­ße be­we­gen zu müs­sen, lä­chelnd, un­an­ge­tas­tet und präch­tig: wie ei­ne ge­schmück­te Bark bei der Flot­ten­pa­ra­de – im Schlepp­tau an­de­rer. Sie spreng­ten die Bank bei je­dem Spiel in der Stadt. Al­les ver­lief ge­nau nach ih­ren Wün­schen. Der Zu­fall wur­de zu ei­nem Ver­ren­kungs­künst­ler, da­mit im­mer al­les zu ih­ren Guns­ten en­de­te.
    Weil sie Klas­se hat­ten. Weil sie oben wa­ren.
    Ma­son rich­te­te sich keu­chend auf. Er hat­te den Aschen­be­cher auf dem Bo­den lie­gen­ge­las­sen. Wie be­täubt stell­te er die Bier­do­se da­ne­ben. Sei­ne Hand zit­ter­te. Er fühl­te sich, als hät­te man ihm einen Tritt in den Ma­gen ver­setzt. Sie hat­ten Qua­li­tät. Er hat­te nichts. Mit ei­nem Mal sah er al­les ganz deut­lich: al­les das, wo­vor er sein Le­ben lang da­von­ge­lau­fen war. Er war ein Stück Schei­ße. Es war nicht zu leug­nen. Er leb­te in ei­nem Scheiß­haus, er ar­bei­te­te in ei­nem Scheiß­haus. Sei­ne gan­ze Welt war ein gi­gan­ti­sches Scheiß­haus: ei­ne di­cke, schwar­ze, ur­zeit­lich blub­bern­de Flüs­sig­keit, der schwe­re, dump­fe Ge­ruch der Ver­we­sung. Er war um­ge­ben von Schei­ße, er wälz­te sich dar­in. Er war Schei­ße. Schon jetzt, er­kann­te er, war es völ­lig oh­ne Be­deu­tung, daß er je ge­lebt hat­te. Du bist nichts, sag­te er zu sich, du bist Schei­ße. Du warst noch nie et­was an­de­res als Schei­ße. Du wirst nie et­was an­de­res sein als Schei­ße. Dein gan­zes Le­ben war nichts als Schei­ße.
    Nein.
    Blind schüt­tel­te er den Kopf.
    Nein.
    Es gab nur ei­ne ein­zi­ge au­ßer­ge­wöhn­li­che

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