Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
al­ten Film im Nacht­pro­gramm an, und es war ihm fast ge­lun­gen, das Gan­ze zu ver­ges­sen. Er er­starr­te und fühl­te ei­ne Wo­ge des Grau­ens (und er fühl­te noch et­was an­de­res, das er nicht in Wor­te fas­sen konn­te), und selbst die­je­ni­ge Hälf­te sei­nes We­sens, die ge­hofft hat­te, daß es käme, schrie jetzt vor Ent­set­zen an­ge­sichts des Un­be­kann­ten, da das Un­mög­li­che tat­säch­lich ge­sche­hen war. Er kämpf­te das Grau­en nie­der und at­me­te keu­chend. So et­was konn­te nicht ge­sche­hen. Viel­leicht war er ver­rückt. Ei­ne ab­grund­tie­fe Angst fla­cker­te auf. Auf sei­ner Stirn, un­ter den Ach­seln und zwi­schen den Bei­nen brach ihm der Schweiß aus.
    Und wie­der die­ses Krat­zen: Fun­keln­de Ge­füh­le scho­ben sich tas­tend in sei­nen Kopf, sie fan­den kei­nen Halt, glit­ten ab und ka­men zu­rück; es war wie das Scharf stel­len ei­ner Spie­gel­re­flex­ka­me­ra. Er lehn­te sich in sei­nem Ses­sel zu­rück. Die al­ten Sprung­fe­dern ächz­ten, und durch den Stoff sei­nes T-Shirts hin­durch spür­te er das ris­si­ge Le­der heiß und kleb­rig an sei­nem Rücken. Er drück­te die lee­re Bier­do­se zu­sam­men, zer­knüll­te sie und schob sie au­to­ma­tisch in den Sech­ser­pack ne­ben sei­nem Ses­sel. Dann nahm er ei­ne neue Büch­se her­aus und ließ sie in den Schoß sin­ken, oh­ne sie zu öff­nen. Das glei­ten­de Ge­fühl in sei­nem Kopf ver­ur­sach­te ihm Schwin­del und ei­ne leich­te Übel­keit. Un­ru­hig rutsch­te er hin und her und ver­such­te ei­ne Po­si­ti­on zu fin­den, bei der das Schwin­del­ge­fühl nach­las­sen wür­de. Das Pols­ter gab ein nas­ses, sau­gen­des Ge­räusch von sich, als er sich vor­beug­te. Äch­zend und stöh­nend be­gann die Druck­stel­le, die sein Rücken im Le­der hin­ter­las­sen hat­te, sich wie­der vor­zu­wöl­ben, bis er sein Ge­wicht er­neut da­ge­gen­sin­ken ließ. Durch die Er­schüt­te­rung die­ser Be­we­gung ge­riet der Aschen­be­cher, den er auf dem Knie ba­lan­ciert hat­te, ins Rut­schen und fiel mit der Ober­sei­te nach un­ten in ei­ner Ex­plo­si­on von Asche auf den Tep­pich.
    Ma­son beug­te sich nach vorn, um ihn auf­zu­he­ben. Dann hielt er in­ne; der Fern­se­her hat­te plötz­lich wie­der sei­ne Auf­merk­sam­keit er­regt und ge­fan­gen­ge­nom­men. Blin­zelnd starr­te er auf die kör­ni­gen, fla­ckern­den Schwarz­weiß­bil­der, und wie­der spür­te er et­was, das er nicht zu be­schrei­ben wuß­te, so stark dies­mal, daß er das glei­ten­de Ge­fühl in sei­nem Kopf für den Au­gen­blick ver­gaß.
    Es war ei­ner je­ner Fil­me, die man in den zwan­zi­ger und drei­ßi­ger Jah­ren ge­dreht hat­te, als al­les noch voll­kom­men in Ord­nung war. Der Held war gut­aus­se­hend, ge­wandt und ma­kel­los ge­klei­det. Er hat­te Mut, er hat­te Stil, er paß­te über­all­hin, er konn­te je­des Pro­blem lö­sen – er wank­te nie und trat sich nie­mals sel­ber auf den Schwanz. Er war die Qua­li­tät in Per­son. Die Hel­din paß­te zu ihm: Sie war kul­ti­viert, vor­nehm und ge­las­sen – ei­ne schlan­ke, ari­sto­kra­ti­sche Skulp­tur aus Eis und Mond­licht. Sie war un­sag­bar at­trak­tiv. Bei­de wa­ren Leu­te von For­mat, fei­ne Leu­te: die Sor­te, die das Sa­gen hat­te, die et­was be­deu­te­te. Sie wa­ren in den rich­ti­gen Fa­mi­li­en auf der rich­ti­gen Sei­te der Stadt ge­bo­ren, sie wa­ren auf die rich­ti­gen Schu­len ge­gan­gen und hat­ten die rich­ti­gen Leu­te ge­kannt – sie hat­ten die rich­ti­gen Jobs ge­kriegt. Un­an­greif­ba­re Über­le­gen­heit lag in der Art, wie sie sich be­weg­ten, wie sie gin­gen, wie sie die Fü­ße setz­ten und die Köp­fe dreh­ten. Al­les wirk­te kühl, ge­plant und wohl­aus­ge­gli­chen, wie bei ei­nem Tän­zer. Sie wuß­ten, daß sie die Bes­ten wa­ren. Sie wuß­ten es, oh­ne dar­über nach­zu­den­ken und oh­ne auch nur zu wis­sen, daß sie es wuß­ten. Es war et­was, das man in die Wie­ge ge­legt be­kam. Es war et­was, das man nicht nach­ah­men oder vor­täu­schen konn­te: Ir­gend et­was wür­de einen im­mer ent­lar­ven, und die an­de­ren an der Spit­ze wür­den einen durch­schau­en, sie wür­den se­hen, was man in

Weitere Kostenlose Bücher