Kopernikus 8
Wortspiel so angebracht, daß alle Welt es sehen kann.
„Oh, mein alter Herr!“ schluchzt Chib zwischen Lachsalven. „Oh, mein alter Herr! Wie ich dich liebe!“
Während er sich noch so heftig auf dem Boden wälzt, daß seine Rippen schmerzen, spürt er plötzlich ein Stück Papier in der Hand. Er fängt sich und sieht dem Mann hinterher, der es ihm gegeben hat. Der Mann sagt: „Ich wurde von Ihrem Großvater bezahlt, daß ich es Ihnen bei seiner Beerdigung überreiche.“
Chib liest.
Ich hoffe, daß niemand verletzt wurde, nicht einmal die Leute vom IRB.
Letzter Rat vom Weisen Alten Mann in der Höhle: Brich die Brücken ab. Verlasse LA. Verlaß das Land. Geh nach Ägypten. Soll deine Mutter doch allein die Purpurne Sozialhilfe reiten. Wenn sie Beherrschung und Selbstverleugnung praktiziert, kann sie es schaffen. Wenn sie das nicht kann, nun, das ist nicht deine Schuld.
Du hast Glück, du bist mit Talent, wenn nicht gar mit Genie zur Welt gekommen. Außerdem bist du stark genug, daß du die Nabelschnur zerreißen kannst. Also, tu es! Geh nach Ägypten. Gib dich der uralten Kultur hin. Steh vor der Sphinx. Stelle ihr (eigentlich ist es ein Er) die Frage.
Und dann besuche eines der zoologischen Reservate südlich des Nils. Lebe einige Zeit in einem Faksimile der Natur, wie sie war, ehe der Mensch sie vernichtet und entweiht hat. Dort, wo der Homo sapiens (?) sich aus dem Killeraffen entwickelte, absorbiere den Geist dieses uralten Ortes und längst vergessener Zeiten.
Du hast mit deinem Penis gemalt, den, wie ich befürchte, mehr die Geilheit als die Liebe zum Leben versteift hat. Lerne, mit dem Herzen zu malen. So wirst du ein großer und aufrichtiger Künstler werden.
Male.
Und dann gehe hin, wo immer du hingehen willst. Ich werde bei dir sein, solange du lebst und dich an mich erinnern kannst. Um Runiczu zitieren: „Ich werde das Nordlicht deiner Seele sein.“
Halte fest an dem Glauben, daß es auch andere gibt, die dich ebensosehr lieben, wie ich dich liebte, vielleicht sogar noch mehr. Und was noch bedeutender ist: Du mußt sie ebensosehr lieben wie sie dich.
Kannst du das schaffen?
Nachwort
Der einzige deutsche Autor unter den in dieser Kopernikus- Ausgabe vertretenen Autoren ist Peter W. Bach, der im Science Fiction-Bereich bislang nur mit der Story Gute alte Westfront (Kopernikus 5) in Erscheinung getreten ist. Es liegt in der Natur der Sache, daß der Herausgeber einer Anthologie die Autoren der von ihm ausgesuchten Kurzgeschichten in ein gutes Licht zu stellen bemüht ist, aber ich bin tatsächlich der Meinung, daß Peter W. Bach ein Zugewinn für die deutsche Science Fiction ist und schon diese beiden ersten Erzählungen ihn als originellen und eigenständigen Autor ausweisen.
Die Namen Timothy R. Sullivan und Paul David Novitski haben für den deutschen Leser noch keinen Stellenwert, aber auch in Amerika, wo die beiden zu Hause sind, dürften sie noch als relativ unbeschriebene Blätter gelten. Novitskis Erzählung erschien in Terry Carrs renommierter Anthologienreihe Universe, die Story von Timothy R. Sullivan kam in Twilight Zone, einem noch relativ neuen Magazin heraus, dessen Titel auf der gleichnamigen Fernsehserie (von Rod Serling) basiert. Beide Geschichten gefielen mir sehr, und zumindest im Fall Sullivan scheine ich mit meinem Geschmack nicht allein zu stehen, denn der Autor wird zur Zeit in der Schriftstellervereinigung SFWA von seinen Kollegen mit Nominierungsvorschlägen für den Nebula – die mehreren seiner Stories gelten – gewürdigt.
Rachel Cosgrove Payes, eine der beiden weiblichen Autoren unter den Beiträgern zu dieser Ausgabe, hat bereits eine ganze Reihe von Büchern in Amerika veröffentlicht, darunter vor allem mehrere unter dem Pseudonym E.L. Arch (einem Anagramm für Rachel) veröffentlichte SF-Romane. In jüngerer Zeit publiziert sie auch ihre Science Fiction unter ihrem richtigen Namen. Im deutschen Sprachraum wurde noch nicht allzuviel von ihr veröffentlicht: Zu den Ausnahmen zählen neben der vorliegenden Geschichte die Stories Half Live (Halbleben) und Escape to the Suburbs (Flucht in die Vorstadt), letztere erschienen im Science Fiction Almanach 1981.
Ungleich bekannter, auch bei uns, dürfte hingegen Vonda N. McIntyre sein, eine der großen Nachwuchsautorinnen der siebziger Jahre. Sie gewann den Hugo und den Nebula für den Roman Dreamsnake (Traumschlange), nachdem sie schon mit ihrem Romanerstling The Exile Waiting (Die Asche der Erde)
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