Kopernikus 8
mußt!“ protestierte ich. „Willst du sie nicht mit uns teilen? Uns damit helfen?“
Zeke beugte sich vor und zeigte damit zwei stecknadelkopfgroße Öffnungen an der Spitze seines schneeweißen Schädels, die ich für seine Ohren hielt. Die Kreide kreischte in dem stillen Raum, während er schrieb: „Mein technologisches Wissen ist begrenzt, aber falls dem nicht so wäre, bestünden andere Schwierigkeiten.“
„Schwierigkeiten?“
„So viele Ebenen des fortgeschrittenen technologischen Intellektualismus zu überwinden.“
„Ich verstehe.“ Ich hatte den dritten Grad geschafft. Sich dem Leben im vierten Grad anzupassen, bedeutete die Hölle, intellektuell wie emotionell. Aber wenigstens die Kinder in meinem Alter hatten sich an „Whitey“ gewöhnt, wie ich genannt wurde. Die größeren Kinder drehten mich dafür durch den Fleischwolf, und außerdem hatte ich auch Schwierigkeiten mit Mathematik. Deshalb könnte man sagen, daß ich es als schwierig empfunden hatte, nur eine Ebene des Intellektualismus zu überwinden.
Zeke wischte die Schiefertafel mit einem kreidestaubigen Schwamm ab und schrieb dann: „Wie gut versteht ein menschliches Wesen das Prinzip einer Maschine, die er oder sie jeden Tag bedient?“
„Wie beispielsweise das Fernsehen?“ Ich war amüsiert, als ich an Rayette Nickersons voraussichtlichen Beitrag zu unserer Diskussion dachte.
„Ja, das Fernsehen“, schrieb Zeke, „oder nur ein Automobil? Unsere Maschinen waren autonom. Sie erbauten sich selbst und hielten sich selbst instand, waren aber dennoch Sklaven, die unseren Anordnungen gehorchen mußten. Ich könnte nicht einmal anfangen, Ihnen zu zeigen, wie man auch nur die einfachste davon herstellt.“
Soviel also zu Erlösern von anderen Sternen. Doch auch ohne richtige Wunder gab es hier viel zu bestaunen. „Aber wie bist du auf die Erde gelangt?“ fragte ich. „Woher kommst du?“
Statt mir zu antworten, deutete mir Zeke an, ihm durch die Küche zu folgen. Mit beiden Händen drückte er die quietschende Tür mit dem Fliegengitter auf und ging nach draußen. Die Sterne schimmerten wie Eis, die Nachtbrise war kühl und trocknete den Schweiß auf meiner Stirn rasch. Es dauerte einen Augenblick, bis ich einen stechenden Geruch über dem des Jasmins als den von Zeke identifizieren konnte. Ich hatte seine exotische Ausdünstung wegen der anderen Tiere im Haus nicht bemerkt, deren Geruch sogar bis ins Wohnzimmer reichte. Sein Aroma überraschte mich, weil ich ihn bereits als menschlich betrachtete, mir selbst vielleicht ähnlicher als alle, die ich jemals kennengelernt habe. Es war nicht unangenehm, es war nur … anders.
Zeke deutete ein wenig geziert zum Himmel. Über uns waren Venus und Mars, und im Westen stand der leuchtende Jupiter. Die Pleiaden waren ebenfalls sichtbar, aber kaum zu erkennen, wenn ich sie direkt anstarrte. Genau im Norden befanden sich Perseus und Kassiopeia, in einem ewigen, endlosen Ehedilemma erstarrt, genau wie Joannie und ich. Glückseligkeit schien genauso unerreichbar wie Zekes Planet.
„Er hat nie erzählt, wie er hierherkam“, sagte Levon, „oder warum. Und Sie können ihn fragen, bis Sie schwarz werden. Wenn er über was Ausgefallenes nich’ reden will, dann tut er’s auch nich’.“
Wir standen im Mondenschein bei zwei kränklichen Palmen. Zekes unerklärlicherweise grazile Gestalt war so unbeweglich, wie seine karmesinroten Augen gelassen waren. War mein anfänglicher Eindruck von Qual nichts weiter als eine verzerrte Projektion meines eigenen Schmerzes gewesen?
Dann sprang Zekes Mund hervor und öffnete sich wieder zu diesem schrecklichen stillen Schrei. Wie in
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