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Kopernikus 9

Kopernikus 9

Titel: Kopernikus 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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inszenieren, mit meinem Tagebuch als Regieplan – noch mal Chavez, mit der Südseenacht; noch mal Grand Canyon, zum Teufel mit dem Finale; noch mal die Little Rockies, ab in den Sonnenuntergang, Liebe am See und zum Teufel mit Montag!
    Und ich nehme Bergers Abfindung an. Nur für ein Stück Leben mit Helen. Ein Stück Leben, dem keine Illuvisions-Show das Wasser reichen kann. Und nach uns die Sintflut!
    Aber ich habe Angst. Angst, daß es schon zu spät sein könnte, daß ich sie schon an irgendeinen anderen verloren habe. Obwohl es nicht sein kann. Nicht nach so kurzer Zeit.
     
    30. Mai
     
    Heute früh kurzes Gespräch mit Berger. Es ist alles geregelt, meine Kündigung ist nur noch Formsache. Die Abfindung liegt auf einem besonderen Nummernkonto für mich bereit. Außerdem wird mein Bild nicht in den Medien auftauchen. Unterm Strich bin ich ganz gut weggekommen.
    Habe Helen zu Hause nicht erreicht. Sie scheint noch nicht zurück zu sein von ihren Verwandten. Kann es nicht erwarten, sie endlich wiederzusehen und ihr meinen Vorschlag zu unterbreiten. Sie auch noch zu verlieren – nicht auszudenken! Aber diesmal kämpfe ich um sie, wenn es sein muß!
     
    31. Mai
     
    Immer noch kein Zeichen von Helen. Werde heute mittag in der Universität Erkundigungen anstellen.
     
    1. Juni
     
    Helen ist tot.
    Elf Buchstaben auf einem Blatt Papier, und alles ist gesagt.
    Sie fanden sie am Fuße einer Paßstraße in den Rockies. Die Leichen waren völlig verkohlt, aber fest steht, daß es die Überreste ihres Autos waren – und daß sie einen Begleiter bei sich hatte.
    Also ist es doch wahr. Er ist mit ihr in den Sonnenuntergang gebraust, einfach so, zügellos … der Wahnsinnige.
    Warum war ich nie wahnsinnig?
    Dabei wäre alles ganz anders geworden. Warum hatte sie so wenig Geduld mit mir? Jetzt stehe ich da mit meinem Batzen Geld – und wofür habe ich gelebt?
    Habe ich überhaupt gelebt?
     
    September
     
    Habe lange kein Tagebuch mehr geführt. Wozu auch! Ein Tag ist wie der andere. Wenn ich weiter so dahinvegetiere, reicht das Geld noch leicht ein volles Jahr lang. Es ist mehr als genug, meinen Körper notdürftig am Funktionieren zu halten. Dafür braucht es nicht viel.
     
    Berger-Schlesinger’s neue Illuvisions-Technik erobert die Welt. Habe es selbst ausprobiert. Ein Wunder! Du legst dich in eine Kabine, klemmst dir zwei Elektroden an und bist plötzlich woanders, jedenfalls würdest du’s schwören. Habe das Safari-Programm gewählt. Es stimmt alles, von der tropischen Hitze bis zum beißenden Raubtiergeruch.
    Mußte an Helen denken, als die Löwen-Schlucht vorbeizog – wie sie damals neben mir lag, bei dieser altmodischen Grand Canyon-Projektion. „Damals“ – dabei ist es kaum ein halbes Jahr her. Oder sind es doch schon Jahrzehnte?
     
    War wieder auf einem Illu-Trip – Bergers Tausendundeine Nacht. Eine dieser Bauchtänzerinnen hatte entfernt Ähnlichkeit mit Helen.
     
    Oktober
     
    Habe inzwischen neun weitere Illu-Trips hinter mir – und gewöhne mich daran wie an das tägliche Brot. Immer häufiger entdecke ich Sachen, die mich an Helen erinnern. Es wird nur jedesmal scheußlicher, wenn es vorbei ist und einen der nächste schon buchstäblich vom Sofa schmeißt.
     
    Helen hatte recht mit dem, was sie in ihrer Arbeit über die Gefahren der Illu-Trips schrieb. Könnte beinahe nach meiner eigenen Erfahrung verfaßt worden sein. Es ist wirklich wie eine Droge. Man kann nicht mehr aufhören, und das Leben drum herum interessiert einen immer weniger. Bin gespannt, wie lange Bergers Schmiergeldreserven noch reichen, bevor es zu ernsthaften Gesetzesregelungen kommt.
    Sehe mit Schrecken, daß jetzt mein ganzes Geld für die Trips draufgeht. Was soll bloß werden, wenn ich mir keine mehr leisten kann?
    Gehe heute abend wieder ins Fernost. Die Tänzerin wird Helen von Mal zu Mal ähnlicher.
     
    November
     
    Wollte heute das Wildwest- Programm versuchen, wurde aber davon abgehalten. Vor dem Illu-Theater lungerte so ein verrückter Sektenprediger herum, einer von diesen Jüngern Mephistos, dachte wohl, er findet an der Stelle besonders viele Interessenten für seine Philosophiererei. Na ja, vielleicht hat er sogar recht damit. Quatschte lauter komisches Zeug („Alles, was entsteht, ist wert, daß es zugrunde geht“ – an sich gar nicht so falsch!). Als er merkte, daß ich ihm zuhörte, nahm er mich gleich auf die Seite, bot mir einen „ganz besonderen“ Trip an, wollte mir aber nichts Näheres darüber

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