Kopf hoch, Freddie
aber so nett an. Lieber Nick, du bist reizend. Bill, jetzt bist du dran mit dem Sprüchemachen. Du mußt wenigstens mein Kleid bewundern.«
Bill grinste und drückte sie an sich. »Das Kleid ist in Ordnung und die Braut auch. So galant wie Nick bin ich nicht. Für hübsch habe ich dich nie gehalten, aber heute...« Er hielt inne, während ehrliche Bewunderung mit dem brüderlichen Wunsch in ihm kämpfte, seiner kleinen Schwester einen Dämpfer zu geben. »...heute«, beendete sie den Satz, »bin ich gar nicht so Übel. Mutter nennt es meinen >schönsten Tag<, in Großbuchstaben. O Nick, du solltest dich mit ihr treffen. Dich würde sie noch mehr ins Herz schließen als Stephen.«
»Er hat also Anklang gefunden? Gut. Den meisten Müttern ist ja kein Mann gut genug für ihre Töchter.«
»Unsere Mutter ist da anders. Sie hält mich für den Glückspilz und Stephen für einen öffentlichen Wohltäter, der mich nimmt, wie ich bin, wobei das Schlechte an mir überwiegt. Nein, ich bin nicht die hochgeschätzte Tochter, das ist vielmehr Freddie.«
Bill staunte. »Mutter hat sich doch früher nie viel aus Freddie gemacht.«
»Damals war Freddie noch jünger und sehr dick. Jetzt ist sie schlank und schön, und Mutter ist hocherfreut, besonders wenn alle sagen: >Sicher Ihre jüngere Schwester?< Aber hier ist der Kaffee und hier die Toasts. Ist euch klar, daß Vater in einer halben Stunde hier sein wird, mit dem Brautwagen, und mich zur Kirche bringt? Ich muß mit meinem Gesicht noch einiges anstellen, ehe ich entsprechend aussehe.«
In diesem Augenblick wirbelte Freddie als blaue Wolke herein. Sogar Bill war ein wenig platt über ihr strahlendes Aussehen. Nick erhob sich und verbeugte sich übertrieben formvollendet. »Die Schönheit der Stadt tritt ein. Vor hundert Jahren, meine Süße, hätten die Kavaliere um deine Gunst gewetteifert, dazu um die Ehre, dir aus deinem Schuh zuzutrinken.«
»Na, na... Aber mein Kleid ist doch richtig hübsch, nicht? Mutter hat es ausgesucht, und sie hat einen vollkommenen Geschmack. Eigentlich schade, daß sie bei Angelas Hochzeit nicht dabei sein kann.«
»Nein, gar nicht schade. Es wäre verdammt peinlich, wenn sie hier wäre. Kannst du dir vorstellen, wie sie an Vaters Arm die Kirche verläßt und ihn gleichzeitig mit den Blicken erdolcht? Außerdem waren sie und Angela einander nie sehr sympathisch. Und auch jetzt scheint Angela nicht eben Feuer und Flamme für sie.«
»Ich weiß, aber es ist immer so betrüblich, wenn sie von Mutter spricht. Sie spricht sonst über niemand so.«
»Na ja, sie hat es als Kind nicht gerade leicht gehabt. Warum zerbrichst du dir den Kopf?«
»Manchmal glaube ich eben, unser Schicksal ist es, eine unglückliche Familie zu sein.«
Das wurde in einem so tragischen Ton vorgebracht, daß Nick lachte. »Für einen Hochzeitstag bist du schrecklich dramatisch. Kopf hoch, mein Schatz! Es gibt eine Unmenge getrennter Familien und geschiedener Eltern. Ein Jammer — aber was soll’s? Und wenn wir schon von Familie reden — ist Anna schon da?«
Anna Lorimer, die bekannte Romanautorin, war Nicks Tante und hatte an ihm und Stephen Mutterstelle vertreten. Als die beiden herangewachsen waren, hatte sie sich sehr zufrieden nach Tainui zurückgezogen und schrieb dort seither »unbedeutende Geschichten«, die einige Kritiker auf die Palme brachten, sich aber sehr gut bezahlt machten. Sie war eine alte Freundin von Maxwell Standish. Die Mädchen hatten sie im Sommer in Tainui kennen und lieben gelernt.
»Anna ist gestern abend gekommen und hat uns besucht, hat sich aber standhaft geweigert, bei uns zu bleiben. Sie sagte, sie eigne sich nicht zum Logiergast, und ist in ein Hotel gezogen. Vater kam kurz darauf und sagte zu ihr, er wolle im gleichen Hotel absteigen, was sie höchst unpassend fand. Die zwei sind richtig merkwürdig.« Freddie seufzte bedauernd. »Gefällt euch mein Kleid wirklich?« fuhr sie fort. Sie wußte, daß es blendend aussah, wollte es aber auch zu hören bekommen.
»Ganz vorzüglich«, sagte Bill in brüderlicher Zurückhaltung.
Nick erwies sich als der Galantere. »Ein wahrer Traum! Gib bloß acht, daß man dich nicht für die Braut hält. Jonathan ist Trauzeuge?«
Freddie errötete, antwortete aber gekonnt gleichgültig: »Ja, aber eigentlich hättest du es sein sollen. Wenn wir bloß gewußt hätten, daß du kommst! Jetzt läßt sich wohl nichts mehr ändern, weil dann er und Ken sich überflüssig vorkämen.«
»Natürlich läßt
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