Kopf hoch, Freddie
Abflußrinne an der Scheune macht Mätzchen. Kälber von Weaner auf der Flußweide. Fleisch und Milch im Kühlschrank. Wünsche viel Glück. Andy. P. S. Morgen um elf zapple ich an der Angel. Wenn es nur schon vorbei wäre.«
Beide lachten.
»Hast du dir auch gewünscht, es wäre vorüber?« fragte Angela.
»Und ob! Das ist bei den meisten Männern so. Dieser Tag gehört den Frauen.«
»Jetzt redest du wie Mutter. >Mein schönster Tag.<«
»Das verbotene Thema. Komm und räum die Sachen ein.«
»Wie streng du bist! Läßt mich gleich arbeiten.«
Plötzlich war er ganz ernst. »Du bist müde. Ich werde das Essen machen. Du bleibst hier sitzen.«
»Nein, wir machen es gemeinsam.«
Gemeinsam. Für beide lag in diesem Wort ein Zauber. Die Mahlzeit stammte zwar aus Dosen, aber das merkte keiner. Sie waren allein in ihrem Haus. Sogar Freddie war jetzt vergessen.
Doch am anderen Morgen rief Angela sie an. »Noch immer allein?«
»Ja, aber Mutter hat telegrafiert.«
»Was?«
»Sie kann leider erst in einigen Wochen kommen.«
Angela wollte sagen, daß sie alles sehr klar sehe, daß sie sehe, wie ihre Mutter sich mit neuen Freunden amüsierte, neue Gegenden kennenlernte, die Unannehmlichkeiten der Scheidung vergaß, von ihrem zukünftigen Leben in Irland schwärmte und die Fotos von dem Familiensitz zeigte, auf dem sie leben würde. Doch sie dachte an Stephens Worte: »Streich sie aus deinem Gedächtnis.« Sie würde dazu vielleicht nicht fähig sein, aber sie wollte zumindest nicht mehr darüber sprechen. Daher sagte sie friedlich: »Sehr nett, klingt aber so, als werde sie noch eine Weile ausbleiben. Freddie, warum willst du zwei Wochen warten? Wir möchten, daß du kommst. Wir könnten auf den Ponys wunderbare Ritte unternehmen.«
»Ach, das klingt ja fabelhaft. Aber ich habe gesagt: >Zwei Wochen<, und dabei bleibt es.«
»Dumm von dir, aber wenn du unbedingt willst, dann haben meine Überredungsversuche wohl keinen Sinn. Solltest du aber deine Meinung ändern, dann genügt ein Telegramm, und ich hole dich in Winslow ab. Stephen sagt, ich müßte sofort mit dem Autofahren anfangen.«
Doch als der Tag zu Ende ging, bekam sie langsam das Gefühl, daß Freddies Kommen auch Vorteile bringen würde. Stephen war den ganzen Morgen auf der Farm unterwegs gewesen, hatte sich eilig zum Mittagessen gesetzt und war dann wieder hinaus, um die Mutterschafe auf eine andere Weide zu treiben. »Du bist wahrscheinlich noch mit dem Auspacken beschäftigt?« hatte er gesagt. »Tut mir leid, daß ich dein Pony noch nicht hereingebracht habe, aber ich nehme an, du hast noch im Haus zu tun.«
Sie wollte sich ihre Enttäuschung nicht anmerken lassen, sie wollte keine anspruchsvolle Frau werden. Wäre Stephen Anwalt oder Buchhalter gewesen, hätte sie ihm auch nicht in sein Büro nachlaufen können. Man mußte immer daran denken, daß der Beruf des Farmers ebenso wichtig wie andere Berufe war. Vor ihnen lagen noch so viele Tage, an denen sie zusammen ausreiten konnten, und es war klar, daß das Haus zu den ersten Pflichten einer Frau gehörte.
Ein Pech, daß Angela der Hausarbeit nicht viel abgewinnen konnte. Das ziemlich leere Haus gefiel ihr vorderhand nicht besonders. Sie sagte sich, daß es viel netter aussah, wenn sie es erst frisch gestrichen und mit neuen Tapeten versehen hatte. Inzwischen ordnete sie die Bücher ein und wischte und fegte. Dabei wollte sie sich nicht eingestehen, daß es schon recht merkwürdig war, den ganzen Tag allein zu sein und niemanden zu Gesicht zu bekommen.
Das Abendessen war um halb sieben fertig, doch um sieben war Stephen noch immer nicht erschienen. Sie ging hinaus auf die Veranda und lauschte, ob sich der Hufschlag seines Pferdes hören ließe. Es war fast dunkel, kleine Nebelschwaden erhoben sich in den Senken und krochen hügelwärts auf das Haus zu. Bis auf das gelegentliche Blöken eines Schafes und das schläfrige Zwitschern der Vögel in den Bäumen war es ganz still. Angela überlief plötzlich ein Schauer. Stephen war sehr spät dran. Und wenn er einen Unfall gehabt hatte? Wie sollte sie ihn auf den tausend Morgen dieser hügeligen Farm finden?
Ganz still stand sie da und spitzte die Ohren. Weit unter ihr leuchteten nacheinander die Lichter der anderen Farmhäuser auf und wurden dann von dem sich ausbreitenden Nebel verschluckt. Sie fühlte sich unangenehm allein und sehnte sich einen Augenblick lang nach dem Straßenlärm unter ihrer früheren Wohnung, den vorbeifahrenden Autos,
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