Kopf hoch, Freddie
nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe auf und halten Ernte.«
»Ist Maurice wirklich so versessen aufs Trinken, wie er tut?«
Sofort machte Stephen ein zugeknöpftes Gesicht. »Natürlich hat er das nötige Kleingeld. Er schadet ja niemand, wenn er etwas trinkt. Heutzutage ist ein rasches Schlückchen nun mal üblich, sei es in der Stadt oder auf dem Land.«
»Ich nehme an, die Dinge sehen dann lustiger aus, aber mir erscheint es unnötig... Stephen, deine Rede war ausgezeichnet. Außerdem finde ich es wunderbar, daß wir diesmal keinen Kuchen mitbringen mußten.«
Freddie unterhielt sich königlich. Wenn Maurice es gestattete, tanzte sie mit jedem unbekannten jungen Mann, der sie aufforderte. Sie sahen sie bewundernd an, tanzten sehr gut, sprachen aber kaum ein Wort und ließen sie stehen, sobald die Musik aufgehört hatte. Pat erklärte ihr später, man halte es hier für unpassend, sich mit der Partnerin zu unterhalten, wenn ein Tanz zu Ende war.
Nun gab es eine Pause, und alle sahen Stephen und Angela erwartungsvoll an. Er stand auf und flüsterte ihr ins Ohr: »Es ist bald vorbei, und kein Mensch erwartet, daß du dir alle Namen merkst. Immer nur lächeln und irgendwas murmeln.«
Er führte sie rasch von einem zum anderen und stellte ihr alle vor, die sie noch nicht kennengelernt hatte, während aller Augen unverwandt auf ihnen ruhten. Noch nie war sie mit so vielen Menschen bekanntgemacht worden, und noch nie hatte sie so viele alberne Sachen gesagt, dachte Angela bei sich.
Als sie zu der Stelle kamen, wo Freddie und die Greshams standen, wollte Stephen an ihnen vorbei. Da sprang Maurice auf und sagte laut: »Nichts dergleichen, mein Guter! Auf diesen Augenblick habe ich lange gewartet. Ja, ich weiß, ich muß nicht erst vorgestellt werden, doch ich habe die Absicht, die Braut nach guter alter englischer Sitte zu begrüßen«, und zu Freddies blankem Entsetzen küßte er Angela mit größtem Eifer, wobei er die Bemerkung machte: »Wäre doch dumm, sich eine solche Chance entgehen zu lassen! Mit einer solchen Braut nur einen Händedruck zu wechseln wäre geradezu eine Sünde!«
Angela nahm seine Worte und den Kuß mit Fassung auf, flüsterte aber wütend: »Am liebsten möchte ich dir eins hinter die Ohren geben, du Idiot«, was Maurice nur bewog, sich mit der Bemerkung an Stephen zu wenden: »Und so sanft und liebenswert! Stephen, du Glückspilz!«
Als er sich wieder setzte, erhob sich Gelächter, und Freddie sagte: »Du bist ein richtiger Exhibitionist, Maurice. Möchtest um jeden Preis anders sein und alle schockieren.«
»Mitnichten, meine Süße. Ich möchte bloß, daß alle Grund zum Lachen haben, damit das Eis gebrochen wird. Angelas Lächeln war nämlich schon richtig eingefroren. Und jetzt läuft auf einmal alles wie geschmiert.«
Damit hatte er recht, denn von nun an wurde mehr gelacht, und ihr Rundgang verlor an Steifheit. Angela war dennoch froh, als schließlich alles vorbei war und Mr. Gresham sie in das Speisezimmer führte. Nach dem Essen und nach einer angemessenen Pause murmelte Stephen entschuldigend: »Fühlst du dich wohl, Angela? Auf dich wartet eine Reihe von Tänzern, und ich möchte mich mit dem alten Fred über die zweijährigen Schafe unterhalten.«
Der »alte Fred« stand mit etwa einem Dutzend anderer Männer an der Tür, wo er den Großteil des Abends verbracht hatte. Als Stephen sich verlegen von ihrer Seite stahl, fragte Angela Maurice: »Warum kommen die überhaupt zu Tanzabenden? Sie wollen doch nichts anderes als herumstehen und fachsimpeln.«
»Da muß ich dich in eine weitere unserer gesellschaftlichen Sitten einweihen. Dort an der Tür ist der geheiligte Ort, wo sich die ernsten Geister versammeln, um die wirklich wichtigen Dinge zu besprechen. Und darauf wollen sie um keinen Preis verzichten. Wie sollten sie sonst herausbekommen, ob sich die Mutterschafe machen und wie sich die schwarzen Jungkühe entwickeln?«
Sie lachte und stand auf, um mit einem der vielen Herren zu tanzen, mit denen sie bekanntgemacht worden war. Stephen sollte sehen, daß sie keine anspruchsvolle Frau war und nur nach seiner Gesellschaft schmachtete. Eine halbe Stunde lang kam er nicht wieder, und immer, wenn sie an der Gruppe an der Tür vorübertanzte, amüsierte sie der Ernst und die Konzentration auf den Gesichtern der Männer.
Sie merkte gar nicht, daß Stephen ebenso aufmerksam wie sie war und daß er sehr oft in ihre Richtung sah. Ihm fiel auf, daß sie immer mehr in Stimmung
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