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Der Schaedelschmied

Der Schaedelschmied

Titel: Der Schaedelschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Prolog
     
     
    »Heil Hindrych! Öffnet die Tür, Minister! Ich komme, um die Bilanz des letzten Zenits abzuholen.« Die Faust des Zwergs, runzlig und hart wie eine Walnuss, donnerte gegen das mit Stahlbändern verstärkte Holz der Tür. Dumpf hallten die Schläge zwischen den steinernen Wänden des Flurs wider.
    Aus dem Innern erfolgte keinerlei Reaktion.
    »Sie müssen lauter klopfen, Herr Ullrych. Der Minister hört Sie offenbar nicht.«
    Der Angesprochene drehte unwillig den Kopf. »Das ist dreihundert Jahre alte Pesteiche, Inspektor Sygmundt. Wollen Sie, dass ich mir die Knöchel breche?«
    Der Zwerg an seiner Seite zuckte die Achseln. »Ehrlich gesagt ist mir das egal. Solange ich nur endlich in mein Bett komme. Haben Sie eine Ahnung, wie spät es ist?«
    Ullrych ignorierte die Frage und ließ eine neue Salve ungeduldiger Schläge auf das nachtschwarze Holz los. »Minister? Minister Borkudd? Ullrych hier. Ich bin gekommen, um die fälligen Bilanzen …«
    »Das haben Sie bereits gesagt«, belehrte ihn sein Begleiter und gähnte demonstrativ. »Ich würde behaupten, der Minister ist nicht mehr hier. An seiner Stelle hätte ich jedenfalls schon längst Feierabend gemacht, wie der Rest der Belegschaft. Läge oben in meinen Privatgemächern auf einem samtenen Diwan und würde mir ein paar Gläser Drollych hinter die Binde kippen.« Unglücklich blickte der Zwerg mit Namen Sygmundt den leeren Flur entlang. Im flackernden Licht der Wandlaternen, die sie auf ihrem Weg durch das verwaiste Ministerium entzündet hatten, war keine Zwergenseele zu sehen. Kein Wunder: Bald schon würde es zur elften Abendstunde schlagen.
    »Aber er muss noch da sein!« Erneut malträtierte Ullrych das Holz. »Am Nachmittag erst hat er Vizeminister Frietrych eine Notiz zukommen lassen, dass er mit der Errechnung der Zahlen länger brauchen werde. Ich müsste nicht vor der zehnten Abendstunde kommen, sie zu holen.« Er bedachte den neben ihm Stehenden mit einem überheblichen Blick. »Allem Anschein nach kennen Sie Minister Borkudd nicht, Inspektor Sygmundt: Er würde niemals einen Schritt aus seinem Büro tun, wenn nicht die nebensächlichste Kleinigkeit seines Tagwerks zu seiner vollen Zufriedenheit erledigt wäre.« Er klopfte weiter.
    Sygmundt ließ sich gegen die Wand des Korridors sinken und stieß einen Seufzer aus. Sein Tag war lang und anstrengend gewesen, er sehnte sich nach den weichen Laken seines Bettes und den nicht minder weichen Armen von Brutta, seinem geliebten Weib. Nicht zum ersten Mal wurde ihm schmerzlich bewusst, dass der Posten als Sicherheitsinspektor viel zu schlecht bezahlt war, zumindest in Anbetracht der Überstunden, die man ständig schieben musste. Nicht genug damit, dass der Dienst unverschämt früh begann, in Sygmundts kleinem Büro droben in der Achten ging es bereits ab der sechsten Morgenstunde zu wie in einem Taubenschlag. Viel zu selten blieb Zeit zum Verschnaufen. Jedes Mal, wenn er sich für einen kurzen Augenblick niederlassen und einen Schluck Tee zu sich nehmen wollte, platzte irgendjemand, der von seiner eigenen Wichtigkeit höchst überzeugt war, mit irgendeiner »unaufschiebbaren« Aufgabe von »höchster Dringlichkeit« herein, und aus wars mit dem erholsamen Pauschen.
    Sygmundt wusste sehr gut, dass rund zwei Drittel der Personen, die er als Sicherheitsbeauftragter durch die endlosen unterirdischen Labyrinthe Barlyns eskortierte, zu unbedeutend waren, um im gewaltigen bürokratischen Apparat der Zwergenstadt mit mehr als einem marginalen Vermerk geführt zu werden. Die meisten waren Boten, Grubenarbeiter mit Sonderaufträgen oder schlicht zu später Abendstunde heimkehrende Staatsbeamte, die sich für den oftmals viele Meilen langen Weg zu ihrem Quartier etwas Gesellschaft wünschten. Dabei brauchte kein einsamer Wanderer in Barlyn um seine Sicherheit zu fürchten, auch nicht spät in der Nacht. Die wenigen fragwürdigen Sektoren waren bekannt und lagen weit außerhalb, und Lordprotektor Hindrych brüstete sich zu Recht damit, dass die Kriminalitätsrate in seinem Staat um ein Vielfaches unter der seiner Nachbarländer lag, vor allem unter der Sdooms, des Königreichs, welches Barlyn oberirdisch nach allen Richtungen umgab. In dieser Beziehung zeigte sich, dass den Menschen schlicht Zucht und Ordnung fehlten, Werte, die allein durch eine strenge Hand und eiserne Regeln aufrechtzuerhalten waren, wie jeder Zwerg wusste.
    Sygmundt seufzte erneut, lauter diesmal.
    Als eine gute halbe Stunde

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