Kopf hoch, Freddie
interessiert hast. Wo ist er übrigens?«
Wo? Einen Augenblick verspürte Freddie ein Gefühl der Einsamkeit, dann aber sagte sie wahrheitsgemäß, daß er noch in der Stadt sei und daß sie ihn angerufen, aber nicht erreicht habe.
14
Der Abend wurde ein voller Erfolg, wenigstens vom Standpunkt der jungen Leute aus. Mr. Besants Meinung hätte Freddie allerdings sehr interessiert. Er war ein hagerer, grauhaariger Mann mit humorvollem Gesicht und, was Frauen betraf, seiner selbst sehr sicher.
»Keine Angst um die beiden«, sage Maurice, als er mit Freddie zur Tanzfläche ging und sie die Älteren am Tisch zurückließen. »Unter seinem zurückhaltenden Gehabe ist der alte Besant ein richtiger Schelm. Seit zehn Jahren ist er zwar Witwer, aber das hat seinem Elan nichts anhaben können. Er wird die Gesellschaft deiner Mutter genießen.«
Zunächst beäugte Alicia ihren Begleiter mißtrauisch, da er Maxwell Standish beunruhigend ähnlich war, doch nach einigen schmeichelhaften Bemerkungen seinerseits stieg ihre Stimmung, und sie ließ sofort ihre unglückliche Lebensgeschichte vom Stapel. Mr. Besant war Anwalt und ähnliche Tiraden von seinen Klientinnen gewohnt. Er war imstande, Alicia anzusehen und dabei in einen angenehmen, durch das köstliche Essen geförderten Tiefschlaf zu verfallen, aus dem er in gewissen Abständen nur auftauchte, um mitfühlende Bemerkungen von sich zu geben.
Eigentlich war Mr. Besant enttäuscht, wenn er an den ganzen langen Abend dachte, der mit Alicias Geschwätz ausgefüllt sein würde. Dabei mußte er zusehen, wie Freddie und ihr Begleiter sich amüsierten. Russell Gresham gehörte zwar zu seinen ältesten und geschätztesten Klienten, aber was dessen Sohn betraf, so hatte er da immer seine Zweifel gehegt. Nach seiner Ansicht hatte Maurice für einen Farmer zu viel Geld und ein zu gutes Aussehen. Der Anwalt war daher sehr erleichtert, als er entdeckte, daß Alicia dem Tanzen nicht abgeneigt war und dies ebenso gut konnte wie ihre Tochter. Maurice machte bei dem von ihm vorgeschlagenen Spiel mit und bestand darauf, mit Alicia zu tanzen, während Besant es mit Freddie wagte und sie dabei fest an sich drückte.
Trotzdem war der Anwalt entschlossen, sich nie wieder mitschleppen zu lassen. Maurice gegenüber war er, als sich die Gelegenheit zu ein paar Worten unter vier Augen bot, ganz aufrichtig. »Nein, mein lieber Junge, nicht mit mir! Such dir einen anderen Freund deines Vaters. Ich gebe ja zu, daß sie verdammt hübsch ist, aber warum werden manche Frauen nicht stumm geboren?«
»Das frage ich mich manchmal auch. Trotzdem ist sie sehr nett.«
»Zweifellos, zweifellos. Aber sag mir eines — wie ist denn dieser Miles?«
»Keine Ahnung. Nach den Fotos zu schließen sieht er gut aus, soll aber dumm sein.«
»Dann werden die beiden gewiß eine sehr kraftvolle Mischung ergeben... Ah, da sind Sie ja, Mrs. Standish! Ein bezaubernder Abend. Ich wehre mich vergeblich gegen die Verpflichtungen, die mich an einer Wiederholung dieses Vergnügens hindern, aber ich hoffe doch, daß wir uns mal wieder sehen werden.«
Als Maurice Freddie für sich allein hatte, war er so unklug, einige von Besants Bemerkungen zu wiederholen. Sie war wütend. »Ein gräßlicher Mensch — und du auch, Maurice! Warum hast du dich über Mutter lustig gemacht? Sie kann doch nichts dafür, daß sie nicht klug ist. Überdies ist er ein widerlicher alter Kerl. Beim Tanzen hat er mich an sich gedrückt und unter dem Tisch mein Knie gesucht. Ich mag deine Freunde nicht!«
Er entschuldigte sich sogleich und schwor, daß er in Zukunft eine sorgfältigere Auslese treffen wolle. »Ich habe eine lange Liste von mittleren Jahrgängen, auf die ich zurückgreifen kann. Bekannte von Vater, die mich sicher nicht im Stich lassen werden. Ich bringe keine dreckigen alten Männer mehr an, das verspreche ich.«
Am nächsten Morgen war Alicia Standish müde und blieb lange im Bett. Als Maurice ankam, ging Freddie zu ihr und erklärte entschuldigend: »Wir möchten einen kleinen Ausflug machen, wenn es dir recht ist. Aber du möchtest dich sicher ausruhen, nicht wahr?«
»Fahrt los und amüsiert euch. Ich bin zufrieden, wenn ich hier liegen und lesen kann.«
Freddie lief zu dem wartenden Wagen hinunter, sprang rasch hinein und rückte sich in dem Sitz zurecht, der jetzt schon ganz ihr zu gehören schien. Dabei aber tauchte die Erinnerung an Jonathans Wagen auf und an ihre Gefühle am Morgen ihres Abschieds von Tainui.
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