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KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

Titel: KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Scholz
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Augen spürt sie, wie der Mitläufer die Arme zurückzieht, um den Stoß auszuführen. Sekundenbruchteile bevor seine Hände die beiden vorher fixierten Stellen treffen sollen, steppt Annabelle elegant zur Seite. Eine Fähigkeit, die wir der menschlichen Rasse bislang nie vorgeführt haben, man muss sich ja nicht ganz nackig machen. So geht der Stoß des Mitläufers ins Leere. Sein Schwung reißt ihn nach vorne und mit einem überrascht keuchenden Laut kommt er ins Straucheln und folgt der Schwerkraft nach unten. Wo ihn fünf perfekt platzierte Kuhfladen erwarten...
    Was kann ich noch berichten?
    Dass unsere ungebetenen Besucher erst einmal nicht fassen konnten, wie ihnen geschah. Dass wir anderen uns ihnen so nähern konnten und einen Kreis um sie bildeten. Den sie nicht durchbrechen konnten. Dass ihr zuerst vorgetragenes Geschrei den Tonfall von Überraschung zu Wut und schlussendlich zu nackter Angst nahm. Dass unser daraufhin präsentiertes Gemuhe so laut und durchdringend noch im Nachbardorf rund vier Kilometer weiter zu hören war (davon erfuhren wir Wochen später, als Koo während des Erntedankfestes als beste Milchkuh prämiert die Schwestern vom Nachbarhof traf, die dies ihr erzählten). Dass unser daraufhin erschienener Bauer zuerst beängstigt, dann überrascht, dann verärgert und zu guter Letzt — besonders als er den Mitläufer sah — sehr amüsiert schien. Dass wir seitdem Ruhe vor ungebetenen Gästen der Kategorie Menschenkinder haben.
    All dies kann ich berichten, habe es somit getan und wende mich damit wichtigeren Dingen zu.
    So wie Sie, lieber Leser oder auch Zuhörer dieser Zeilen, es jetzt auch tun sollten. Denn so leid es mir tut — das war's!

Die Eintrittskarte
     
    Es muss gewesen sein, als ich etwa fünf Jahre alt war.
    Wir, meine Eltern und ich, wohnten damals in einer dieser Bergarbeitersiedlungen mitten im tiefsten Ruhrgebiet. Jedes Haus hatte dasselbe Aussehen, sprich Farbe (gelblich mit einem Stich ins kohlenstaubgrau) und Baustil glichen sich wie ein Ei dem anderen.
    Nichts anderes galt für die Bewohner dieser Häuser: die Mütter kochten, wuschen, tratschten und schimpften; die Väter gingen sauber zur Arbeit und kamen dreckig wie die Schweine zurück und wir Kinder lärmten wie die Verrückten, sprangen Seil, spie lten Fangen oder Fußball.
    Das heißt: die Jungen spielten Fußball und w ir Mädchen mit den auseinander gefransten Puppen im Arm sahen zu und feuerten unsere Fußballhelden, ob sie nun Fritz, Martin oder Steffen hießen, nach Leibeskräften an. Gern hätte ich auch mitgespielt, doch die Jungs ließen einen nicht und kickten die alten Blechdosen hin und her, denn einen richtigen Fußball konnte sich zu jener Zeit kaum einer leisten.
    Es war kurz vor meinem Geburtstag, als Vater mich beiseite nahm und mich fragte, was ich mir denn wünschte?
    „Einen Fußball!"
    Ich strahlte ihn mit meinem Ruinengebiss (die beiden Schneidezähne waren ausgefallen und die neuen li eßen sich noch Zeit) an. Er war ziemlich erstaunt, doch als Einzelkind bekommt man meist seinen Willen, daran hat sich bis heute nicht viel geändert.
    Ich bekam ihn also und stürzte stolz wie eine Schne ekönigin zu den Jungs auf die Straße, die sich, wie immer, mit einer Blechdose die Zeit vertrieben.
    „Die Evi hat 'nen Ball!"
    Für einen Augenblick war ich in das Interesse gerückt. Sie drängten sich um mich, bestürmten mich, ihnen den Ball zu geben. Am Ende stand ich da, in der Hand 30 Pfennig „Ausleihgebühr" für den Ball; ich durfte nicht mitspielen („Du könntest dir weh tun, Kleine.") und heulte vor Wut und Enttäuschung.
    Am nächsten Tag tauschte mein Vater de n Ball gegen eine neue Puppe um.

Applaus
     
    Der Künstler war am Ende angekommen.
    Die letzte Show vor den hohen Feiertagen.
    Die allerletzte Show überhaupt.
    Hiernach würde es keine Shows mehr geben.
    Und auch kein Theater.
    Mit diesem Wissen waren alle hier. Künstler und Gäste. Besitzer von Theaterabos und Einzeltäter des kultivierten Geschmacks.
    Ein letztes Fest vor dem Ende.
    Denn alles hat irgendwann einmal ein selbiges.
    Und trotz dieses Hintergrundes war es noch einmal schön geworden.
    Es hatte Pointen geregnet. Weisheiten waren scharfzüngig serviert und das Lachen aus den unmöglichsten Situationen gewonnen worden. Sogar Tränen hatte das Publikum ihm gewährt.
    So etwas erreichte nur die Königsklasse der Vortr agenden.
    Und dies manchmal auch im Zusammenspiel mit der Umg ebung.
    Kurzum: die Zuhörerschaft war

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